Immobilienwirtschaft 2/2019 - page 38

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
TEILUNGSVERSTEIGERUNG
Ein unbeackertes Feld
J
eder Miteigentümer einer Immobilie
kann im Streitfall formlos und ohne
Begründung die Teilungsversteigerung
beantragen oder später noch demVerfah­
ren beitreten, womit er sich ebenfalls zum
Antragsteller macht. Die Antragsteller ha­
ben es selbst in der Hand, ob die Immo­
bilie überhaupt den Zuschlag erhält; ihre
Einstellung oder Aufhebung des Verfah­
rens führt zur Versagung des Zuschlags.
Die oft zitierten Grenzen sind hier
weit weniger bedeutend als gemeinhin
angenommen. Selten fällt der Erlös viel zu
niedrig aus. Nur wenn ein Antragsteller
seinen Antrag ungeachtet eines schlech­
ten Ergebnisses aufrechterhält, zahlen die
Eigentümer diesen Preis für die Auflösung
der Gemeinschaft, die nach dem Willen
des Gesetzgebers Vorfahrt hat. In der
dieser Situation oft nicht über die wichtige
Dienstleistung eines Maklers im Klaren.
Häufig sollen Rechtsanwälte die Interes­
sen des Antragstellers wahren. Aber sie
haben meist nur die rechtlichen Aspekte
des Verfahrens im Blick und weniger die
hier beschriebenen Aufgaben. Die Eigen­
tümer und auch ihre Rechtsanwälte haben
oft kein Gespür dafür, dass es sich bei der
Teilungsversteigerung in erster Linie um
einen Vermarktungsprozess handelt, der
ungewohnterweise im Gerichtssaal statt­
findet. Der Makler könnte so das ideale
Bindeglied zwischen den Interessen des
Eigentümers und der Prozessführung
durch einen Rechtsanwalt bilden.
Idealerweise werden bei der Teilungs­
versteigerung die gleichen Kaufbedin­
gungen angestrebt, wie sie üblicherweise
auch in einem notariellen Kaufvertrag
verwendet werden und damit für einen
Bieter transparent sind. Dies bedeutet,
dass die im Grundbuch eingetragenen
Finanzierungsgrundschulden im Sinne
eines lastenfreien Erwerbs wegfallen. Das
Gericht wird für die Zulässigkeit von Ge­
boten einen Mindestbetrag festsetzen. Im
Praxis gibt es jedoch eine Fülle von Fehl­
entwicklungen, die eine optimale Verwer­
tung der Immobilien verhindern. So sind
die Veröffentlichungen der Amtsgerichte
im Internet ungeeignet, Bietinteressenten
zu informieren. Oft werden keine Kon­
taktdaten angegeben, sodass Auskünfte
kaum erteilt und Besichtigungen nicht
vermittelt werden können.
Bereits hier zeigt sich das Aufgaben­
gebiet für denMakler. Zur Erzielung eines
optimalen Preises sollten die Eigentümer
(also auch die Antragsgegner) einen spe­
zialisierten und versierten Makler enga­
gieren, um die Immobilie zu bewerben,
Besichtigungen zu ermöglichen und Aus­
künfte zu erteilen, z.B. über zu überneh­
mende Rechte. Dies ist jedoch gegenwärtig
nicht üblich; die Eigentümer sind sich in
Foto: jiris/shutterstock.com
Die Ehefrau wohnt mit den Kindern
im Haus. Der Ehemann beantragt die
Teilungsversteigerung und ist damit
Antragsteller. Die Ehefrau verfügt nicht
über die finanziellen Möglichkeiten einer
Ersteigerung.
Der Ehemann will selbst ersteigern und
ist aus diesem Grund an einem niedrigen
Preis interessiert. Unter den üblichen Be-
dingungen kann dieses Szenario durchaus
eintreten.
Es handelt sich jedoch um einen juris-
tischen Kunstfehler, denn der Ehemann
profitiert von der Einschränkung der
Bietkonkurrenz durch die ungünstigen
Bedingungen, auch wenn sein Interesse
legitim ist. Der Billigerwerb zählt nicht
zu den förderungswürdigen Verfah-
renszielen. Im Gegenteil soll durch die
Bietkonkurrenz ein möglichst hoher Preis
erzielt werden.
Die einzige Chance der Ehefrau liegt da-
rin, einen Makler zu beauftragen, der für
entsprechende Bietkonkurrenz und damit
für einen optimalen Preis sorgt.
Bei der Teilungsversteigerung handelt
es sich um ein Entwicklungsgebiet.
Der Makler muss seine Expertise in das
Verfahren einbringen, und das Verfahren
muss auf erprobte Notarbedingungen
umgestellt werden.
Dies geht natürlich nicht von heute auf
morgen. Eine solche Entwicklung ist nur
möglich, wenn Makler und betroffene
Eigentümer, aber auch Bietinteressenten
die herrschenden Versteigerungsbedin-
gungen kritisieren und die Umstellung
auf die Bedingungen eines notariellen
Kaufvertrags verlangen.
Anderenfalls wird auch die Ehefrau im
gezeigten Beispiel wegen der fehlenden
Bietkonkurrenz die Immobilie zu einem
viel zu niedrigen Preis an den Ehemann
verlieren. Der schlechte Ruf von Teilungs-
versteigerungen wird auf diese Weise
verfestigt.
PRAXISBEISPIEL
Makler kann für mehr Bietkonkurrenz sorgen
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