Immobilienwirtschaft 2/2019 - page 42

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
Das Landgericht wies die Klage ab. Die
hiergegen gerichtete Berufung blieb vor
demOLG ohne Erfolg. Nunmehr verfolgt
die Verkäuferin ihren Ersatzanspruch mit
der – vom OLG zugelassenen – Revision
vor dem Bundesgerichtshof weiter.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der BGH stellt
klar, dass derMakler seinemAuftraggeber
imRahmender vertraglichenNebenpflicht
keine steuerlichen Hinweise im Zusam-
menhang mit der Veräußerung einer Im-
mobilie erteilenmuss. Dies gilt auch in Be-
zug auf die zehnjährige Spekulationsfrist.
Anderes gilt aber, wenn eine entspre-
chende Beratung als Gegenstand desMak-
lervertrags vereinbart wurde, oder wenn
der Makler sich hinsichtlich bestimmter
Steuerfragen als Fachmann geriert, wenn
er sich beispielsweise in seiner Werbung
einer langjährigen Tätigkeit und Erfah-
rung berühmt, wenn der Auftraggeber
hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände
erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf
oder wenn der Makler den Auftraggeber
zu einem riskanten Vorgehen veranlasst,
oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften
undüberstürztenVertragsschluss verleitet.
SACHVERHALT:
Die Klägerin kaufte im Jahr
2004 eine Immobilie mit mehreren Woh-
nungen zu einem Preis von 170.000 Euro.
DieWohnungenwurden von der Klägerin
vermietet. Als die Klägerin das Objekt im
Jahr 2013 verkaufen wollte, beauftragte sie
das beklagte Maklerunternehmen. Zwi-
schen dem Kauf und der Beauftragung
zum Verkauf lagen damals weniger als
zehn Jahre. Im Jahr 2014 hätte die Klägerin
das Objekt zehn Jahre gehalten.
Die Beklagte nahm sofort die Verkaufs-
aktivitäten auf und fand sehr kurzfristig
mehrere Interessenten. Die Beklagte teilte
der Klägerin daher mit, dass es dennoch
sinnvoll sei, zeitnah zu veräußern, damit
nicht noch Interessenten abspringen. Die
Klägerin veräußerte das Objekt Anfang
2013 für 295.000 Euro.
Da ein Gewinn erzielt wurde, erhielt
die Klägerin einen Steuerbescheid über
den Veräußerungsgewinn in Höhe von
47.856,62 Euro. Insofern verlangt die
damalige Maklerkundin vom beklagten
Maklerunternehmen Schadensersatz in
gleicher Höhe wegen unterlassener Auf-
klärung über die Spekulationsfrist des § 23
Abs. 1 Nr. 1 EStG.
PRAXISHINWEIS:
Es ist insofern in der
Außenwerbung Vorsicht geboten. Der
Bundesgerichtshof betont, dass Makler
berechtigt, aber nicht verpflichtet sind,
zu steuerlichen Fragen Auskunft zu ge-
ben oder/und zu beraten (siehe § 4 Nr. 5
StBerG).Wenn derMakler steuerrechtlich
berät, müssen die Auskünfte aber richtig
sein; insofern ist bei steuerlichen Aus-
künften äußerste Achtsamkeit geboten.
Eventuell sollte bei der Beauftragung zur
Sicherheit ausdrücklich darauf verwiesen
werden, dass keine steuerliche Beratung
erfolgt.
«
Hat der Immobilienmakler eine Verpflichtung zur Prüfung steuerlicher Fragen?
1. Einen Makler trifft beim Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung grundsätzlich keine vertragliche Nebenpflicht,
steuerrechtliche Fragen zu prüfen, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag stellen, den er vermittelt oder für des-
sen Abschluss er eine Gelegenheit nachweist, und seinen Auftraggeber über die in diesem Zusammenhang relevanten
Umstände aufzuklären.
2. Abweichendes gilt im Einzelfall ausnahmsweise etwa dann, wenn der Makler sich hinsichtlich bestimmter Steuerfra-
gen als Fachmann geriert, wenn er sich beispielsweise in seiner Werbung einer langjährigen Tätigkeit und Erfahrung
berühmt, wenn der Auftraggeber hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf oder
wenn der Makler den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften
und überstürzten Vertragsschluss verleitet.
3. Ein Makler, der einen Grundstückskauf vermittelt, ist nur dann gehalten, auf mögliche steuerrechtliche Folgen des ver-
mittelten Geschäfts hinzuweisen, wenn er aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls Anlass zur Vermutung haben
muss, seinem Kunden drohe ein Schaden, weil er sich der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht wie
etwa gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht bewusst ist.
BGH, Urteil vom 12.07.2018 - I ZR 152/17
Ein Makler ist nicht verpflichtet, steuerliche
Auskünfte zu geben – etwa über Verjäh-
rungsfristen.
Foto: Brian A Jackson/shutterstock.com
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