Immobilienwirtschaft 10/2018 - page 88

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
S
eit Angela Merkel das Buzzwort Künstliche Intelligenz zu
einer Art Schicksalsthema der Nation erkoren hat, ist es
plötzlich in aller Munde. Angesichts eines von ihr festge-
stellten deutschen Rückstands auf diesemTechnologiesek-
tor erklärte sie zumAuftakt der Hannovermesse: „Wir wol-
len auch imWettbewerb bestehen und vorne mit dabei sein.“ Das
klingt, als ob wir es hier mit einer ultramodernen Technologie-
Idee zu tun hätten. Doch weit gefehlt: Der Geburtstag des Begriffs
Künstliche Intelligenz (KI), englisch: Artificial Intelligence (AI),
müsste offiziell jährlich am13. Juli gefeiert werden. An diesemTag
fand 1956 amDartmouth College inHanover imUS-Bundesstaat
New Hampshire ein Workshop statt, der ein Forschungsprojekt
zu diesem damals noch sehr nach Science Fiction klingenden
Technologiefeld begleitete.
Künstliche Intelligenz ahmt menschliche
Denkprozesse nach, um den Menschen
bei komplexen Entscheidungen wirksam
zu unterstützen
Wenn es Forschung und Entwicklung zum Thema KI schon
seit über 60 Jahren gibt, warum dann plötzlich heute ein solcher
Hype um diese Technologie? Ein britischer Radiomoderator hat
dazu seine eigene Sicht. Künstliche Intelligenz sei deswegen so
stark im Kommen, so meint er, weil es mit der natürlichen In-
telligenz auf Erden nicht mehr so weit her sei. Erhellender ist
jedoch eine andere Erklärung: Erst in den letzten Jahren haben
sich die technologischen Werkzeuge, die helfen, fortschrittliche
Anwendungsfelder für Künstliche Intelligenz zu erschließen, zu
ausreichender Reife entwickelt.
Doch was ist das eigentlich: Künstliche Intelligenz? Auf
welchem technologischen Fundament ruht sie und was kann
sie der Immobilienwirtschaft nützen? Unter Intelligenz verste-
hen wir landläufig – abseits von detaillierten philosophischen
Unterscheidungen – typisch menschliche kognitive Leistungen
wie analytisches Denken, Lernfähigkeit und Urteilskraft, die zu
zielgerichtetem Handeln befähigen. Und in der Tat kann man
sagen, dass KI in gewissem Ausmaß menschliche Denk- und
Entscheidungsprozesse nachahmt, um den Menschen bei kom-
plexen Aufgaben und Entscheidungen wirksam zu unterstüt-
zen – beispielsweise indem sie in automatisierten Prozessen die
Auswertung und Analyse großer Mengen an Daten übernimmt,
aus dem Einbeziehen früherer Erfahrungen Schlüsse zieht und
daraus Handlungsoptionen entwickelt, Prognosen erstellt oder
gar selbstständig Handlungen einleitet.
Generell ist KI ein Sammelbegriff für eine ganze Reihe von
technologischen Instrumenten, deren Fundament die enormen
Möglichkeiten bilden, die die Datenanalyse mittels Big-Data-
Software und fortschrittlichenAlgorithmen bietet. Die wichtigste
Fähigkeit, die dadurch ermöglicht wird, ist das selbstständige
maschinelle Lernen (Machine Learning), also beispielsweise be-
stehende Einschätzungen einer Situation schrittweise („iterativ“)
an neue Gegebenheiten anzupassen. Vertiefte Fähigkeiten der KI
ermöglicht das so genannte Deep Learning auf Grundlage von
Der Status quo
Neue technologische Instrumente der Datenanalyse mittels Big-Data-Software
und fortschrittlichen Algorithmen bieten enorme Möglichkeiten. Was das
selbstständige maschinelle Lernen auf Grundlage von künstlichen neuronalen
Netzen für die Immobilienwirtschaft bedeutet. Eine Zustandsbestimmung.
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Foto: Vladystock/shutterstock.com
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
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