Immobilienwirtschaft 10/2018 - page 95

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KI wird sich zum Beispiel die Arbeit von Beratern wieder stär-
ker auf beratende Tätigkeiten konzentrieren, und der Anteil von
einfacher, repetitiver Arbeit wird abnehmen. Man könnte es so
formulieren: Früher war es wichtig, schnell und viel zu lesen, mit
Nutzung der KI kann man den Fokus auf die Analyse der Inhalte
legen und echten, beratenden Mehrwert leisten.“
Bei so vielenVorteilen sollteman annehmen, dass die Techno-
logie in der Immobilienwirtschaftmit offenenArmen empfangen
wird. Erstaunlicherweise ist dies aber nicht der Fall. So ergab eine
brandneue Branchenumfrage des BFW Bundesverband Freier
Immobilien- undWohnungsunternehmen, dass zwar 88 Prozent
der Befragten mit dem Begriff vertraut sind, aber lediglich sechs
Prozent entsprechende Technologien in ihren Unternehmen
anwenden. Die Befragten sehen in KI sogar unter allen neuen
Technologien den geringsten künftigen Einfluss auf ihr Unter-
nehmen. Möglicherweise hat dies mit mangelnder Information
zu tun, vielleicht aber auch mit der in der Branche recht ausge-
prägten Vorsicht gegenüber technologischer Innovation. Glaubt
man den Experten, wird sich dies in den nächsten Jahren ändern,
wenn immer mehr positive Erfahrungen mit KI publik werden.
Inzwischen gehen Pioniere eine wesentlich intensivere Nut-
zung von KI an. Die Technologie weitet sich ganzheitlich auf die
Planung und Gestaltung von Gebäuden aus. „Smart Building“
und „Smart Commercial Building“ sind Konzepte, die sich der-
zeit in der Erprobung befinden. Was darunter zu verstehen ist,
erläutert Klaus Dederichs, Associate Partner und Head of ICT
der Drees & Sommer-Gruppe. „Smart Commercial Building be-
schreibt ein intelligentes, mit IoT-Technologien (IoT = Internet of
Things) ausgestattetes Gebäude, das denNutzungsanforderungen
entsprechend für alle Beteiligten sowohl einen ökonomischen als
auch einen ökologischenMehrwert generiert. Eine gewerkeüber-
greifende Kommunikation der Gebäudetechnik wird durch eine
selbstlernende und selbstoptimierende Künstliche Intelligenz und
vernetzte Sensorik realisiert. Durch eine zentrale Steuerungsein-
heit in Form einer Künstlichen Intelligenz, als ‚Brain‘ bezeichnet,
können alle Gebäudeautomationssysteme und eingesetzte Tech-
nologien miteinander vernetzt werden.“ Die gesamte Gebäude-
technik bewirkt damit eine Steuerung der Abläufe unter Opti-
mierung der ökonomischen und ökologischen Anforderungen.
Wie ein solches Konzept umgesetzt wird, lässt sich in Berlin
beobachten, wo auf demWashingtonplatz der „cube berlin“ ent-
steht, ein smartes Bürogebäude, mit dessen Fertigstellung Ende
2019 gerechnet wird. Hier entfaltet KI die Fülle ihrer Möglich-
keiten: Intelligente Gebäudetechnik erkennt die Anforderungen
und Wünsche des Nutzers an jedem Ort, passt sich optimal an
und unterstützt und optimiert die Arbeitsprozesse. Das reicht
vom Buchungssystem bis hin zur individuellen Bedienung des
Arbeitsplatzes und der Behaglichkeit. Das Gebäude verfügt über
eine Art zentrales Gehirn, in demdie Daten aus allen technischen
Anlagen zusammenlaufen. Es lernt aus den Daten des Betriebs,
der Nutzer und der Umwelt, macht Vorschläge, wie das Gebäude
in Zukunft betrieben werden soll, und optimiert es fortwährend.
Beispielsweise können so die Regelungs- und Steuerungsfunkti-
onen der Gebäudetechnik zielgerichtet auf das Verhalten der Nut-
zer eingestellt und dadurch Energie- und Betriebskosten gespart
werden. Das aus dem Nutzerverhalten lernende System erlaubt
es, die Prozesse vorausschauend anzupassen.
Generell können KI-Systeme beispielsweise die Belüftungs-
und Klimaanlagen automatisch den Wünschen der Nutzer an-
passen, Schimmel oder Abnutzungserscheinungen im Gebäude
rechtzeitig erkennen und die Instandhaltung automatisieren.
Sogar die Aufzüge steigern ihren IQ, wie Sönke Mestemacher,
Geschäftsleiter Service & Digital Innovation bei Schindler
Deutschland, anmerkt: „Im Gebäude der Zukunft wird der Auf-
zug nicht nur die Etagen miteinander verbinden, sondern auch
die Menschen. Als interaktives Kommunikationsmedium wird
er ein Interface zum Informationsaustausch zwischen den Ge-
bäudenutzern untereinander und den Betreibern darstellen und
den Zutritt zu den verschiedenen Gebäudebereichen steuern.“
Aus dem ,Internet of Things‘ wird ein
,Internet of Everything’. Smart Buildings
sind in Smart Cities integriert
Blickt man in die fernere Zukunft, so sind die Anwendungs-
möglichkeiten von KI schier unerschöpflich, die Szenarien, die
dabei erörtert werden, reichen bis hin zur sich ohnemenschliches
Eingreifen selbst steuernden Zivilisation. Doch Steffen Szeidl,
Vorstand der Drees & Sommer SE, warnt davor, uns von Treibern
zu Getriebenen der Technologie zu machen: „KI unterstützt die
Vernetzung und Interaktion von Gebäuden, Energieversorgung,
Logistik, Kommunikations- und Verkehrsmitteln und uns Men-
schen. Alles wird mit allem in Zukunft noch stärker in Bezie-
hung treten. Aus dem ,Internet of Things‘ wird ein ,Internet of
Everything‘. Smart Buildings sind in Smart Cities integriert, in
denen es sich nachhaltig und gesund leben lässt. Neue Wohn-,
Arbeits- und Lebensmodelle entstehen – etwa neue Wege der
Nutzung von Gebäuden oder Fahrzeugen jenseits von Kauf oder
Miete. Urban Farming wird Teil der Versorgung unserer Städte
und die Austauschbarkeit von Nutzungsmustern findet zukünf-
tig in zunehmend vertikal statt horizontal orientierten Städten
statt. Ihre gemischt genutzten Gebäude beherbergen Büros, Ho-
tels und Geschäfte genauso wie Wohnraum. Aber bei alldem gilt:
Der Mensch muss die Zügel in der Hand behalten. Smart heißt
nicht in jedem Fall immer mehr Technologie, es kann durchaus
auch vorkommen, dass weniger Technologiemehr Lebensqualität
bedeutet. Die menschliche, nicht die künstliche Intelligenz muss
auch in Zukunft in der Kommandozentrale sitzen.“
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Dr. Hans-Dieter Radecke, Tiefenbach
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