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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
ENERGIEVERSORGUNG
ser-Kaskaden installieren, diese ermögli-
chen ebenfalls die Nutzung der Vorteile
der Frischwassertechnik zur Versorgung
des Gebäudes.
Im Sanierungsfall, so Westermaier,
könnten auch Wohnungsstationen instal-
liert werden. Diese übernehmen sowohl
Heizung als auch Warmwasserbereitung.
Das minimiert den Aufwand. Die beste-
hende Infrastruktur im Gebäude müsse
nur geringfügig angepasst werden. Der
energieeffiziente Vorteil dabei: Die Wahl
des Wärmeerzeugers ist egal, die Woh-
nungsstationen können mit relativ gerin-
gen Temperaturen arbeiten.
„Die Installation dezentraler Warm-
wasserbereitung ist teurer als die zentrale,
allerdings egalisiert die dezentrale Woh-
nungsstation die Mehrkosten über die
Jahre durch den geringeren Energiever-
brauch“, soWestermaier. Sie sei imBetrieb
also ressourcenschonender als die zentrale
Erzeugung.
Feuchtigkeit enthält
auch Wärme, die mit-
tels eines Enthalpie-
Wärmetauschers genutzt
werden kann
Die Nutzung von im Gebäude durch
Personen oder Heizsysteme erzeugter
Abwärme ist für große Immobilien längst
Standard. Doch diese Technologie kann
noch effizienter arbeiten. Bei herkömm-
lichen Lüftungssystemen mit Kreuzge-
genstrom-Wärmetauschern wird mit der
Fortluft auch die Luftfeuchtigkeit nach
außen transportiert. Das sorgt dann nicht
nur für trockene Luft. Denn die Feuch-
tigkeit enthält auch Wärme, die mittels
eines Enthalpie-Wärmetauschers genutzt
werden kann. Das Prinzip ist denkbar ein-
fach: Statt der direkten Übertragung der
Wärme via Material des Wärmetauschers
wird eine mit Salz oder einem speziellen
Stoff beschichteteMembran zwischen Zu-
und Fortluft geschaltet. Die Oberfläche
der Membran ist kühler als die Fortluft,
folglich kristallisiert darauf das Wasser.
Durch Osmose wandert dieses durch die
Membran und gibt die Feuchtigkeit wie-
der an die Zuluft ab – und ebenso die darin
enthaltene Wärme.
„Das Verfahren ist hygienisch ein-
wandfrei“, soMichael Schmidt vomVerein
ProPassivhaus. Denn die Membran wirkt
antibakteriell und ist so eng gestrickt, dass
kein mikrobiologisches Wesen hindurch-
schlüpfen kann. Systeme dieser Art sind
seit knapp 15 Jahren auf dem Markt. Ihr
Nachteil ist die unkontrollierte Rückfüh-
rung der Feuchtigkeit, so angenehmsie für
das Raumklima auch ist. Deswegen kann
es zu Schimmelbildung kommen, der
aber mit ausreichend Lüften oder einer
entsprechend ausgelegten Klimaanlage
begegnet werden kann.
Enthalpie-Wärmetauscher sind in der
Lage, 80 Prozent der in der Fortluft gebun-
denenWärme und 60 Prozent der Wärme
des Feuchtigkeitswassers zu nutzen. Damit
haben sie eine um30 bis 60 Prozent besse-
re Effizienz als klassische Wärmetauscher.
Hinzu kommt noch, dass Heizregister an
den Lufteinlässen der Klimaanlage für
kalte Tage nicht nötig sind. Denn dank der
Enthalpie arbeiten diese Geräte bis -12 °C
absolut sicher. Sie sind einfach per Spü-
lung zu warten. Zudem kann der Vorgang
derWärmerückgewinnung unbegrenzt oft
wiederholt werden, da sich die Membran
immer nach Feuchtigkeitsabgabe in ihren
Ausgangszustand zurückbewegt.
Die Vorteile von Deckenheizung
und -kühlungen sind in der Immobili-
enwirtschaft allgemein anerkannt. Bei
Neubauten sind sie häufig das Mittel der
Wahl. Denn die Vorteile sind erheblich:
einfache Installation, sehr guter Zugang
bei Wartungen, gleichmäßige Beheizung
undKühlung von Räumen, sehr gute Steu-
erbarkeit und hohe Energieeffizienz durch
Strahlungs- statt Konvektionswärme.
Diese Vorteile können mit einem
umweltfreundlichen Baustoff kombiniert
und verstärkt werden, nämlich mit Lehm.
Denn solche Decken bringen eine hohe
Kühlleistung und haben, im Gegensatz
zu anderen Baustoffen, keinerlei Probleme
mit entstehendem Tauwasser. Das wird
durch das Material absorbiert und bei
entsprechender Trockenheit wieder ab-
gegeben. Dies sorgt etwa in heißen Som-
mern für eine automatische und komplett
kostenfreie Kühlung. Am Markt gibt es
auch für große Immobilien Trockenbau-
systeme, die sich schnell verarbeiten lassen
und keinerlei Trocknungszeit benötigen.
Diese sind für Bauplaner und Projektent-
wickler sowohl für den Neubau als auch
die Sanierung hochinteressant.
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Frank Urbansky, Leipzig
Fotos: HUF Haus/Viessmann; rkit/pixabay; AgrillaTherm