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0.2018
FAKTEN:
Sanierungsarbeiten des Gemein-
schaftseigentums wegen Feuchtigkeit
waren mangelhaft durchgeführt worden.
Eine Reihe von weiteren Maßnahmen
wurde empfohlen. Wieder sanierte das
Unternehmen nicht fachgerecht. Eine Ei-
gentümerin, derenWohnungmittlerweile
unbewohnbar war, verlangte von der Ge-
meinschaft Ersatz der entgangenen Miete
und der entstandenen Kosten für den Pri-
vatgutachter. Zunächst ist dem Verwalter
der Vorwurf einer Pflichtverletzung zu
machen. Er kam der Aufforderung der
Eigentümer nicht nach, für die Durch-
führung dieses Teils des erteilten Auftrags
Sorge zu tragen.
Urteil des Monats
Änderung der Rechtsprechung: Jeder Eigentümer kann Verwalter zwingen
Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG als Vollzugsorgan verpflichtet, Beschlüsse der Eigentümer
durchzuführen. Insoweit kann jeder Eigentümer vom Verwalter verlangen, dass er seine gesetzliche Pflicht zur
Durchführung von Beschlüssen erfüllt.
BGH, Urteil v. 08.06.2018, V ZR 125/17
FAKTEN:
Die Eigentümer hatten ein generelles Betretungsverbot vonWohnungen ande-
rer Miteigentümer ohne deren Wissen und Zustimmung beschlossen. Ausweislich des
Beschlusstextes und des Protokolls ging es den Eigentümern bei der Beschlussfassung
darum, imVorfeld einer Eigentümerversammlung Kontaktaufnahmen von Eigentümern
zu Mietern anderer Wohnungen ohne deren Wissen zu unterbinden – offenbar unter
anderem, um Feuchtigkeitsmessungen in den Wohnungen zu verhindern. Die gegen
diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage eines Eigentümers war erfolgreich. Für
einen derartigen Beschluss fehlt eine Beschlusskompetenz. Dem einzelnen Eigentümer
können durch Beschluss keine Leistungs- und damit auch keine Unterlassungspflichten
auferlegt werden, die ihm nicht ohnehin nach dem Gesetz, nach der Teilungserklärung
oder den Vereinbarungen der Eigentümer bereits obliegen. Eine entsprechende Verein-
barung der Eigentümer existiert nicht.
FAZIT:
Die Entscheidung entspricht gefestigter Rechtsprechung. Ein entsprechendes
Kontaktverbot ist darüber hinaus in der Teilungserklärung nicht enthalten.
BESCHLUSSKOMPETENZ
„Kontaktsperre“ zu Mietern
kann nicht beschlossen
werden
Es besteht keine Beschlusskompetenz
für einen Beschluss über ein Verbot
der Kontaktaufnahme von Eigentü-
mern zu Mietern anderer Eigentümer
ohne deren Wissen.
LG Frankfurt/Main, Urteil v. 17.05.2018, 2-13 S 31/16
FAZIT:
Mit dieser Entscheidung gibt der
BGH seine bisherige Rechtsprechung
zum Verpflichteten der Beschlussdurch-
führung auf. Bislang entsprach es höchst-
richterlicher Rechtsprechung, dass die
Gemeinschaft zur Beschlussdurchfüh-
rung verpflichtet sei. Dies war bereits vor
dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des §
27 Abs. 1 Nr. 1 WEG nicht nachvollzieh-
bar. Einige Obergerichte versagten so dem
einzelnen Eigentümer einenAnspruch auf
Beschlussdurchführung gegen den Ver-
walter. Doch nunmehr hat sich eine Wen-
dung ergeben: Jeder Eigentümer kann den
Verwalter notfalls mithilfe des Gerichts
zur Beschlussdurchführung zwingen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Verwalter
muss die vollständige Durchführung be-
schlossener und beauftragter Sanierungs-
arbeiten veranlassen, wenn sich ergibt, dass
TeiledesAuftragsunerledigt gebliebensind.
Die Eigentümerin hatte demVerwalter das
Privatgutachten vorgelegt. Eine Pflichtver-
letzung des Verwalters begründet aber
keine Haftung der Gemeinschaft gegen-
über einem geschädigten Eigentümer. Der
Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1WEG
als Vollzugsorgan verpflichtet, Beschlüsse
der Eigentümer durchzuführen. Insoweit
kann jeder Eigentümer vom Verwalter
verlangen, dass er seine gesetzliche Pflicht
zurDurchführung vonBeschlüssen erfüllt.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
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