Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 27

27
7
-8.2018
Dollarraumum. Umsich zu refinanzieren,
müssen Pfandbriefbanken in der Euro­
zone den Abnehmern ihrer grundrecht­
lich besicherten Schuldverschreibungen
deshalb höhere Erträge gewähren – und
entsprechende Zinsaufschläge bei ihren
Darlehen vornehmen.
Wie sehr sich die Refinanzierungs­
konditionen für die Banken verändert
haben, zeigt beispielhaft ein Blick auf die
Pfandbriefemissionen der Berlin Hyp. Im
Frühjahr 2016 kann der Finanzierer einen
Pfandbrief über 500 Millionen Euro mit
dreijähriger Laufzeit zu einer negativen
Rendite von 0,162 Prozent begeben. In­
vestoren bezahlen die Bank dafür, dass
sie ihr Geld bei ihr parken konnten. Das
ist heute anders: Als die Berlin Hyp die­
sen Februar erneut einen Pfandbrief
F
rancesco Fedele, CEOdes Immobilien­
finanzierungsberaters BF.direkt, beob­
achtet Strategiewechsel bei Markt­
akteuren: „Bestandshalter schreiben jetzt
die derzeit noch niedrigen Zinsen mög­
lichst langfristig fest.“ Auch Projektent­
wickler agierten bei Wohnbauvorhaben
vorsichtiger. Dies habe nicht nur damit zu
tun, dass „kaum ein Marktteilnehmer mit
einer Fortsetzung der Miet- und Preisstei­
gerungen der Vergangenheit kalkuliert“,
sagt Fedele. „Dies ist auch eine präventive
Anpassung für den Fall, dass die Zinsen
weiter steigen“ – und die höheren Finan­
zierungskosten das Kauf­interesse poten­
zieller Erwerber dämpfen.
Die Ära des spottbilligen Fremdka­
pitals ist vorüber. Die Europäische Zen­
tralbank (EZB) hält zwar den Leitzins
noch bei null Prozent, doch sie hat ihr
Aufkaufprogramm von Staats- und Un­
ternehmensanleihen sowie Pfandbriefen
seit Jahresbeginn von zuvor 60 Milliarden
auf 30Milliarden Euro proMonat halbiert.
Zwar hat EZB-Präsident Mario Draghi
jüngst deutlich gemacht, dass er noch an
der Politik des billigen Geldes festhalten
will. „In trockenen Tüchern ist die Zins­
wende in der Eurozone noch nicht“, sagt
Karsten Junius, Chefvolkswirt der Bank
»
J. Safra Sarasin. „Die sofortige Reaktion
auf weniger gute ökonomische Daten der
vergangenenWochen zeigt, dass die Kon­
junktureuphorie schnell wieder in Skepsis
umschlagen kann.“
Investoren schichten
zunehmend Kapital aus
der Eurozone um in den
Dollarraum
Doch Immobilienfinanzierer und Be­
tongoldinvestoren diesseits des Atlantiks
können sich den höheren Zinsen jenseits
des Großen Teiches nicht entziehen. Die
US-Notenbank hat bereits sechs Mal den
Leitzins angehoben – zuletzt auf die Span­
ne von 1,5 bis 1,75 Prozent. Das hat nicht
nur die Renditen zehnjähriger US-Staats­
anleihen dieses Jahr erstmals wieder über
die Marke von drei Prozent getrieben. Die
Renditen deutscher Bundesanleihen glei­
cher Laufzeit notierten im April bei 0,64
Prozent – und damit 50 Basispunkte höher
als im Vormonat. Weil es in den USA hö­
here Renditen für Staats- und Unterneh­
mensanleihen gibt, schichten Investoren
zunehmend Kapital aus dem Euro- in den
Foto: LaMiaFotografia/shutterstock.com
Die Zinswende ist da
Zwar hält EZB-Präsident Mario Draghi noch an der Politik des billigen Geldes
fest. Doch die Leitzinserhöhungen in den USA treiben auch diesseits des
Atlantiks die Finanzierungskosten für Immobilieninvestoren in die Höhe.
Am geringsten betroffen von allen Akteuren sind dabei die Fondsanbieter.
In der EZB-Zentrale in Frank-
furt am Main werden wichtige
Entscheidungen für den Immobi-
lienmarkt getroffen.
1...,17,18,19,20,21,22,23,24,25,26 28,29,30,31,32,33,34,35,36,37,...76
Powered by FlippingBook