neue Wege bei der Vermietung beschrit-
ten werdenmüssen, betont auch Paul-Eric
Perchaud, Geschäftsführer Operations
beim Branchenriesen Unibail-Rodamco
Germany: „Um in der Vermietung wei-
terhin erfolgreich zu sein, muss die Po-
sitionierung eines Centers in Bezug auf
Mietermix, Design undMarketing schlüs-
sig und glaubwürdig sein.“ Außerdem sei
eine Erweiterung des Angebotsspektrums
erforderlich, wobei Perchaud nicht nur an
das viel diskutierte Thema Gastronomie
denkt, sondern auch an Leisure, Gesund-
heit und Waren des täglichen Bedarfs.
Shopping-Center müssen
sich neu erfinden,
um Bestand zu haben
Auch Pop-up-Stores sieht Perchaud als
geeignetes Mittel, umdie Vermietungsak-
tivitäten zu beleben. Sie stellten eine „her-
vorragendeMöglichkeit“ dar, „durch häu-
fig wechselnde Angebote aus unterschied-
lichen Sortimentsbereichen dem Kunden
stets neue Erfahrungen und Erlebnisse
zu bieten“. Außerdem könnten Pop-up-
Flächen auch „als Inkubator für neue
Konzepte fungieren, die im Erfolgsfall
denWeg auf reguläre Mietflächen finden“.
Als Beispiel für einen innovativen Ansatz
nennt er die Wilmersdorfer Arcaden in
Berlin. „Sie kooperieren seit Anfang 2018
verstärkt mit lokalen Partnern, die das ur-
bane Zusammenleben fördern“, berichtet
Perchaud. Dazu zählen beispielsweise kos
tenfreie Kurse der Volkshochschule oder
die Präsentation von Kunstprojekten.
Auch die Berater von A.T. Kear-
ney sind im Übrigen nicht der Ansicht,
Shopping-Center würden in großer Zahl
verschwinden. „Entgegen weitläufigen
Unkenrufen werden weder Einzelhändler
noch Einkaufszentren am E-Commerce
zugrunde gehen“, sagt Handelsexperte
Mirko Warschun, „sondern sie werden
sich neu erfinden.“
«
Christian Hunziker, Berlin
Omnichannel-Aktivitäten, Pop-up-
Stores, mehr Gastronomie, besserer
Service: Es gibt eine ganze Reihe von
Möglichkeiten, um Shopping-Center
attraktiv zu halten, sagt Steffen Fried-
lein, Managing Director Leasing bei ECE.
Herr Friedlein, wie schwer fällt es Ih-
nen, für die Flächen in Ihren Shopping-
Centern gute Mieter zu finden?
Um
einen anspruchsvollen Branchen- und Mie-
termix zu erzielen, war schon immer Über-
zeugungsarbeit notwendig. Dabei gilt nach
wie vor: Wenn man ein attraktives Produkt
hat, gelingt die Vermietung. Das ist in
unseren Centern überwiegend bereits der
Fall, und wo noch nachgearbeitet werden
muss, tun wir das. Aber tatsächlich ist die
Situation heute anspruchsvoller geworden,
weil die Veränderungen im Retail-Sektor an
Geschwindigkeit zugenommen haben und
manche Branchen oder Mieter unter Druck
stehen. Wie viele Gespräche wir führen
müssen, um Flächen zu vermarkten, hängt
– wie auch in der Vergangenheit – vom
Standort ab. Dabei gibt es natürlich biswei-
len auch unterschiedliche Vorstellungen
über Miethöhen und Laufzeiten.
Gerade der Modebereich hat es be-
kanntlich derzeit nicht einfach.
Es ist
nicht so, dass der Fashion-Sektor insgesamt
und in gleichem Maße unter Druck ist.
Wir haben durchaus Fashion-Anbieter, die
eine sehr gute Entwicklung aufweisen.
Dabei ist es von allergrößter Bedeutung,
dass die Betreiber ihre Konzepte ständig
weiterentwickeln und den Kundenbedürf-
nissen anpassen. Dazu gehören sicherlich
Omnichannel-Aktivitäten. Der Kunde ist
heute nicht mehr gewillt oder in der Lage,
scharf zu trennen zwischen Online-Angebo-
ten und stationärem Handel.
Kann die Digitalisierung also für
Shopping-Center eine Chance sein?
Unbedingt. Die Haltung „Online ist der
Feind von stationär“ lässt sich heute nicht
mehr aufrechterhalten. Wir wollen das
Center als Plattform für Kunden und Retailer
etablieren. Deshalb haben wir im Alstertal-
Einkaufszentrum in Hamburg das Projekt
„Digital Mall“ gestartet, das wir künftig
auch an anderen Standorten anbieten
werden. Eine solche Plattform bietet die
Möglichkeit, dass der Kunde von überallher
Waren anschauen, sie reservieren und
damit sicher sein kann, das ausgewählte
Produkt dann in der passenden Größe und
der gewünschten Farbe in der Filiale vorzu-
finden. In der nächsten Ausbaustufe könnte
die Ware dann auch vom Center aus sehr
schnell nach Hause geliefert werden.
Ist Food tatsächlich das neue Fashion?
Gastronomie ist kein Allheilmittel für
die Herausforderungen, die ein Teil der
Modebranche zu meistern hat. Aber
unsere Erfahrung ist, dass Gastronomie
eine hervorragende Ergänzung sein kann.
Denn gastronomische Angebote schaffen
zusätzliche Anreize, ein Center aufzusuchen
und die Verweildauer zu erhöhen.
Welche Bedeutung haben für Sie
Flächen für Pop-up-Stores?
Für Retailer
stellen sie eine attraktive Möglichkeit dar,
ein Konzept oder ein Produkt zu testen,
ohne gleich einen langfristigen Mietvertrag
unterzeichnen zu müssen. Und für uns
ist es interessant herauszufinden, ob ein
innovatives Konzept von den Kunden ange-
nommen wird. Im Rahmen der Mallver-
marktung beschäftigen wir uns schon lange
mit Pop-up-Flächen. Und im Bereich der
Shop-Vermietung sind wir gerade dabei,
diesen Ansatz im Rahmen eines größeren
Projekts zu einem Gesamtkonzept zu ent-
wickeln. Dabei sind wir grundsätzlich offen
für unterschiedliche Betreibermodelle.
Eine Studie von A.T. Kearney vertritt die
These, dass das Einkaufszentrum der
Zukunft mit Einkaufen nicht mehr viel
zu tun haben wird. Sehen Sie das auch
so?
Ich teile diese Einschätzung nicht. Der
Schwerpunkt wird weiter auf dem Shopping
liegen. Die Shopping-Center werden sich
aber zukünftig noch sehr viel stärker öffnen
für neue Themenwelten, beispielsweise aus
dem Leisure- und Entertainment-Bereich.
Und wir investieren viel Geld, damit unsere
Center auch im Bereich Service noch attrak-
tiver werden. Das umfasst auch vermeint-
liche Randaspekte – von klarer Wegefüh-
rung bis hin zu attraktiven Kundentoiletten
–, die aber für die Kundenzufriedenheit
ganz entscheidend sind.
Das Center als Plattform
Steffen Eric Friedlein ist seit Anfang dieses Jahres
als Managing Director Leasing für die Vermietungs-
aktivitäten der ECE verantwortlich. Zuvor war er für
die Vermietung der deutschen Center zuständig.
INTERVIEW
MIT STEFFEN FRIEDLEIN
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FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
SHOPPING-CENTER
Foto: ECE