Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 42

42
VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
TITELTHEMA
Wann diese Anwendungen vorliegen, dürften die Aufsichts-
behörden in den kommenden Monaten klarstellen. In einigen
Immobilienfirmen hat sich die Auffassung durchgesetzt, die vie-
len offenen Fragen in Ruhe abwarten zu wollen, es werde schon
noch nichts passieren. Von dieser Haltung ist dringend abzuraten.
Wie Immobilienfirmen ins Visier
der Aufsichtsbehörden geraten
Die wichtigsten Quellen von Mitteilungen an die Aufsichts-
behörden sind:
Unzufriedene Kunden
Abgelehnte Bewerber für Wohnungen und Immobilien
Ehemalige Mitarbeiter und freie Mitarbeiter, die im Streit
geschieden sind
Empfänger von E-Mail-Mitteilungen, die sich über den Erhalt
der Werbung geärgert haben
Mitbewerber, die wissen wollen, ob die Datenschutzerklärung
auf der Webseite wirklich vollständig ist
Kunden, die von einem verbundenen Unternehmen eine
E-Mail erhalten und mit diesem noch keinen Kontakt hatten
gigemRechtsverständnis dürften diese externenAnsprechpartner
dann nicht unter die Personen fallen, die im Unternehmen mit
der Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind, und
so nicht zählen. Es sind aber Fälle denkbar, in denen ein Zugriff
auf personenbezogene Daten und eine regelmäßige Verarbeitung
besteht. Das kann dann der Fall sein, wenn sich eine Werbe­
agentur mittels Zugang zum IT-Systemder Immobilienfirma den
Bestand an E-Mail-Adressen zur Vorbereitung und Durchfüh-
rung des Versandes eines Newsletters zieht. Auch hier sollten die
Behörden noch aufklären.
Werden Verarbeitungen vorgenommen, für die eine Daten-
schutzfolgeabschätzung erforderlich ist, muss unabhängig von
der Anzahl der Beschäftigten einDatenschutzbeauftragter einge-
setzt werden. Das gilt auch dann, wenn typischerweise die als be-
sonders sensibel geltenden personenbezogenenDaten gem. Art. 9
DSGVO verarbeitet werden. Wann könnte das in Immobilienfir-
men der Fall sein? Z. B. dann, wenn regelmäßig die Videoüberwa-
chung von verschiedenen Immobilienobjekten erfolgt und diese
Daten verarbeitet werden. Auch die regelmäßige Verarbeitung
von Gesundheitsdaten könnte darunterfallen, z. B. dann, wenn
Pflegeimmobilien projektiert oder vertrieben werden, bei denen
oft Gesundheitsdaten als personenbezogene Daten anfallen.
Herr Johns, die Beauftragten für Daten­
schutz in den Bundesländern haben als zu­
ständige Aufsichtsbehörden die Immobili­
enwirtschaft in den Fokus genommen. Was
ist der Anlass?
In verschiedenen Tätigkeits­
berichten der Beauftragten für Datenschutz der
Bundesländer sind Vorgänge beschrieben, die
die Aufsichtsbehörden in den vergangenen Jah-
ren überprüft haben. Dazu zählt vor allem der
Vermietungsprozess und die Abfrage der Daten,
die von Mietinteressenten verlangt werden. Das
Ergebnis aus Sicht der Aufsichtsbehörden ist: Zu
viele Daten werden zu früh von zu vielen Per-
sonen verlangt. Deshalb gibt es Empfehlungen
für die Mietselbstauskunft.
Sind diese verpflichtend für Wohnungs­
unternehmen und Vermieter?
Es mag
Möglichkeiten der vorsichtigen erweiterten
Auslegung dieser Vorgaben geben. Gene-
rell werden die Aufsichtsbehörden sich aber
bei Prüfungen von Wohnungsunternehmen,
Maklerbüros, Verwaltungen und Vermietern
an diese Vorgaben halten und alle anderen
Praktiken rügen. Nach der Rüge kommt das
Bußgeld. Es liegt also im Interesse der Firmen,
diese Empfehlungen einzuhalten. Übrigens sind
diese zuletzt durch die Datenschutzkonferenz im
Januar 2018 aktualisiert worden.
Wie sieht es mit der beliebten Schufa­
Auskunft aus, die Vermieter von Mietern
einholen wollen?
Die Aussage der Daten-
schutzkonferenz lautet, dass sich Vermie-
ter vom Mieter keine Einwilligung geben
lassen dürfen, eine eigene Schufa-Auskunft
einzuholen. Es dürfen Auskünfte eingeholt
werden, „zum Nachweis ihrer Bonität fur
den spezifischen Fall der Eingehung eines
Mietverhältnisses … z.B. bei Auskunfteien …,
die ausschließlich die hierfur erforderlichen
Angaben enthalten.“
Auskünfte, die darüber hinausgehende
Angaben beinhalten, dürfen also nicht
eingeholt werden?
Nein. Passé ist wohl
auch die Zeit, in der eine Schufa-Klausel
unterzeichnet wurde und der Vermieter die
Auskunft selbst eingeholt hat.
Wie sollen Vermieter denn jetzt vorgehen?
Die Aufsichtsbehörden stellen sich das so vor,
dass die Angaben der Mietinteressenten in drei
Stufen eingeholt werden. 1. Angaben von all
den Parteien, die sich für die Wohnung interes-
sieren 2. Mehr Angaben von den Parteien, die
sich nach der Besichtigung für die Wohnung be-
werben 3. Schließlich Gehaltsnachweis und die
genannten Auskünfte von denjenigen, für die
der Mietvertrag ausgefertigt wird. Das erfordert
für viele Firmen eine deutliche Anpassung der
bisherigen Prozesse.
Wann dürfen von Vermietern Gehalts­
bescheinigungen und die Personalaus­
weiskopie verlangt werden?
Eine Perso-
nalausweiskopie dürfen Vermieter gar nicht
anfertigen. Es darf eine Sichtkontrolle des
Personalausweises erfolgen und dies vermerkt
Von Schufa-Auskünften, Videoüberwachung & Co.
REDAKTIONSINTERVIEW
MIT SVEN R. JOHNS
1...,32,33,34,35,36,37,38,39,40,41 43,44,45,46,47,48,49,50,51,52,...76
Powered by FlippingBook