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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
Widerrufsrecht für Verbraucher, nicht
jedoch auf das Musterformular.
Ferner endet die Belehrung mit einer
gesondert zu unterschreibenden Ver-
zichtserklärung, in der es heißt: „Ich bin
einverstanden und verlange ausdrücklich,
dass Sie vor Ende der Widerrufsfrist mit
der Maklertätigkeit beginnen.“ Eine sol-
che Erklärung wurde vom Käufer nicht
abgegeben. Er verweigert die Zahlung, da
er nicht ordnungsgemäß über seinWider-
rufsrecht belehrt worden sei.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Käufer
konnte den Maklervertrag tatsächlich
wirksam widerrufen, da es dem Makler
nicht möglich war, zu beweisen, dass die
SACHVERHALT:
Ein Makler verlangt vom
Käufer die Zahlung einerMaklerprovision
für die Vermittlung von achtWohnungen.
Der Käufer hatte den Makler kontaktiert,
der die Wohnungen auf einem Online-
Internetportal angeboten hatte, und be-
stätigte sein Interesse an denWohnungen.
Die Internetseite enthielt einen Hin-
weis darauf, dass für die Vermittlung der
Wohnungen eine Provision von 6,25 Pro-
zent anfalle. Darauf generierte die Seite
eine automatisierte Mail, die neben den
Daten des Objektes die Kontaktdaten des
Internetportals und eine Widerrufsbeleh-
rung enthielt, diemit denWorten „ImFal-
le eines zustande kommenden Vertrages
haben Verbraucher das folgende Wider-
rufsrecht: …“ eingeleitet wird und unter
anderem auf das Muster-Widerrufsfor-
mular verlinkt.
Das Immobilienportal bietet seinen
Kunden an, in der automatisch gene-
rierten Mail für Interessenten ihrer Ob-
jekte eine Widerrufsbelehrung einzu-
fügen. Der Makler hat diese Option für
seine Objekte ausgewählt. Die automa-
tisierte E-Mail wurde mit dem Betreff
„Anfrage zu Ihrem Objekt …“ an eine
E-Mail-Adresse des Maklers übersandt.
Der Beklagte wandte sich anschließend
zusätzlich telefonisch an den Makler und
bat um Übersendung eines Exposés, das
dem Kunden auch übersandt wurde. Die-
ses enthielt zwar einen Hinweis auf das
automatisch generierte Widerrufsbeleh-
rung beimKunden auch eingegangen war.
Sowohl die vom Makler benannten eige-
nen Mitarbeiter als auch die Mitarbeiter
des Internetportals können allenfalls be-
kunden, dass die Mail vom Internetportal
versandt wurde bzw. dass die Kopie der
Mail beim Makler eingegangen ist. Hie-
raus ergibt sich jedoch nicht, dass dieMail
auch beim Käufer eingegangen ist. Das
Absenden einer Mail stellt keinen Nach-
weis für deren Zugang dar. Es begründet
nicht einmal einen Anscheinsbeweis da-
für. Ein solcher wäre nur dann begründet,
wenn der Absender eine Eingangs- oder
Lesebestätigung erhalten hätte.
PRAXISHINWEIS:
Makler müssen sich
intensiv mit der Thematik Widerrufsbe-
lehrung, Muster-Widerrufsformular und
etwaigemVerzicht auf dasWiderrufsrecht
durch denKunden auseinandersetzen und
dürfen sich aus Sicherheitsgründen nicht
auf ein Internetportal verlassen, sondern
müssen den Kunden eigene Widerrufs-
belehrungen, Musterformulare und Ver-
zichtserklärungen zusenden und sich die-
se auch unterzeichnet zurückleiten lassen.
Wichtig ist auch zu wissen, dass der Wi-
derruf auch telefonisch erklärt werden
kann, sodass auch immer die Telefon-
nummer des Maklers in der Widerrufs-
belehrung etc. anzugeben ist (LGBochum,
Urteil vom 06.08.2014 - 13 O 102/14).
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Widerrufsbelehrung durch Internetportal: Unbedingt überprüfen!
1. Der Kauf einer Immobilie mit acht Wohneinheiten kann ein Vorgang der privaten Vermögensverwaltung sein. Liegen
keine eindeutigen Umstände für ein gewerbliches oder selbstständiges Handeln vor, ist der Käufer ein Verbraucher.
2. Wird der Maklervertrag online geschlossen, handelt es sich um ein Fernabsatzgeschäft, für das ein Widerrufsrecht gilt.
Die Widerrufsfrist beginnt erst nach vollständiger Information des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht. Dazu gehört
auch der ausdrückliche Hinweis auf das Muster-Widerrufsformular.
3. Das Absenden einer E-Mail stellt keinen Nachweis für deren Zugang dar. Ein Anscheinsbeweis ist nur dann begründet,
wenn der Absender eine Eingangs- oder Lesebestätigung erhalten hat.
LG Hamburg, Urteil vom 23.05.2016 - 325 O 22/16
Wenn der Absender eine Lesebestätigung er-
halten hätte, hätte er den Beweis erbringen
können, dass die Mail zugegangen ist.