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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
ROUND TABLE
Schulmann:
Ich hatte anfangs die Be-
fürchtung: Agiert die börsennotierte Hy-
poport nicht wie alle Finanzinvestoren?
Denn die wollen häufig bloß mit dem
halben Personal die doppelte Leistung er-
zielen. Doch für denjenigen, der investie-
ren und wachsen will, ist das eine kontra-
produktive Strategie. Deshalb finde ich es
sehr erfrischend, wie sich Hypoport ver-
hält. Wie wir will sie möglichst viele gute
Talente akquirieren. Das finde ich für ein
börsennotiertes Unternehmen einmalig.
Eigentlich, Herr Schulmann, haben Sie
es ja nun geschafft: Wie lange bleiben
Sie noch Vorstand der FIO Systems AG?
Schulmann:
Ich?! Ich habe es noch nicht
geschafft! Mein Ziel war ja nicht, meinUn-
ternehmen zu verkaufen. Jetzt geht’s erst
richtig los!
Bleibt das weiterhin die Zusammen
arbeitsform der Wahl? Was ist etwa mit
den Urheberrechten an der Software?
Dr. Thies:
Die Urheberrechte liegen bei
FIO Systems. Wir haben miteinander
einen Vertriebsvertrag, der FIO Systems
bestimmte Rechte zumEigenvertrieb lässt.
Diese Rahmenbedingungen gelten auch
weiterhin. Jetzt geht es vor allem erst ein-
mal umdie operativenThemen in Produkt
und Prozessen, Vertrieb und Consulting,
um am Markt erfolgreich zu sein.
Was sind konkret die nächsten Schritte
in Ihrer Kooperation?
Dr. Thies:
Kurzfristig geht es um Pro-
duktentwicklung, Anforderungsprozesse
und On-Boarding. Wir üben jetzt viel ein,
bauen Ressourcen auf und vervollständi-
gen das Produkt. Die Übernahme durch
Hypoport ändert die Agenda nicht. Wir
integrieren nun natürlich ihre Erfahrung
und Vertriebspower.
Herr Trampe, um wie viel wird das Ent-
wicklungsbudget für das webbasierte
ERP-Produkt axera nun aufgestockt?
Trampe:
Wir setzen da kein Limit. Sollten
sich auf drei Stellenausschreibungen sechs
gute Programmierer bewerben, dann neh-
men wir diese.
Sie können sich ein solches Vorgehen
wohl finanziell locker leisten?!
Trampe:
Es ist die grundsätzliche Philo-
sophie unseres Unternehmens! Wir sind
zwar ein börsennotiertes Unternehmen,
aber wir schauen nicht bloß auf unsere
Quartalszahlen! Im abgelaufenen Ge-
schäftsjahr etwa habenwir einUmsatzplus
von 25 Prozent erreicht. Doch das EBIT-
Plus liegt bei null Prozent. Wir nutzen
gerade jetzt die Phase, um zu investieren.
Und wir haben das Glück, dass Hypo-
port als sehr attraktiver Arbeitgeber im
IT-Umfeld gilt. Zudem hilft uns auch die
bulgarische Schwesterfirma von FIO Sys-
temsmit einemgünstigerenArbeitsmarkt.
Insofern gibt es jetzt keine Beschränkun-
gen auf irgendeine Summe. Wir werden
noch weiter aufstocken, das ist klar.
Schulmann:
Dazu gehören ja zwei!
Sie hätten dann nicht verkauft?
Schulmann:
Nein, an die Aareal Bank hät-
ten wir nicht verkauft!
O.k. Die Frage aber galt Herrn Dr. Thies.
Dr. Thies:
Gegen eine Übernahme durch
einen Käufer, der nicht zu Haufe gepasst
hätte, sind wir mit einer Change-of-Con-
trol-Klausel in unseremKooperationsver-
trag abgesichert. Haufe hat FIO Systems
nicht gekauft, weil die strategische Über-
deckung nicht so wie bei Hypoport zum
Wertschöpfungsumfang und zu unserer
Ausrichtung passt. Unser Portfolio um-
fasst die ERP- und Verwaltungssysteme
sowie Content, ergänzt durch Services.
Wir hatten vorab alle Konstellationen ge-
prüft: Doch um schnell zu sein, ist diese
Kooperation die richtige.
«
Jörg Seifert, Freiburg
„Ich finde es sehr erfri-
schend, wie sich Hypo-
port verhält. Wie wir will
sie möglichst viele gute
Talente akquirieren.“
Nicolas Schulmann,
Vorstand FIO Sytems AG
„Es entsteht eine wich-
tige strategische Kons-
tellation. Sie erweitert
unsere Idee vom Öko-
system. Wir haben ein
neues Level erreicht.“
Dr. Carsten Thies,
Vorstand
Haufe-Lexware Real Estate AG