Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 65

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-8.2018
Zum Dritten liegt ein wichtiger
Schwerpunkt auf dem Komfort. Der ist
auch in gewerblich betriebenen Immobi-
lien ein immer wichtigeres Kriterium für
Mieter und Nutzer und ergibt sich quasi
durchdieDigitalisierung allerKomponen-
ten von selbst. Loxone etwa wirbt damit,
dass sie den Nutzern ihrer Smart-Home-
Lösungen 50.000 Handgriffe im Jahr er-
sparen. Übertragen gilt das natürlich auch
für gewerblich genutzte Immobilien. Ein
Hausmeister, der jedes Büro einzeln regu-
liert, ist hier nicht mehr nötig. So wird aus
dem Komfort auch eine Einsparung.
Dabei sind diese drei Funktionsfelder
nur dann smart, wenn sie selbst erkennen,
denken und sich so weiterentwickeln, also
alleMerkmale der Künstlichen Intelligenz
(KI) aufweisen. Lux glaubt zwar, dass die
Zukunft des Smart Home nicht unbedingt
in der KI liegt, weil dies vor allem von den
Bewohnern abgelehnt werde. Dafür setzt
er auf die weitere Vernetzung, etwa von
Smart Homemit Smart Grid und eMobili-
ty. Wolle man etwa Überschuss-Strom aus
Fotovoltaik vermarkten, müssten dafür
nicht nur Gebäude, sondern auch Gebiete
miteinander verknüpft werden.
Öller sieht das ähnlich: „Eine zukünf-
tige Entwicklung wird auch sein, dass sich
Bewohner nochweniger umSchnittstellen
kümmern müssen. Es werden alle Gewer-
ke mehr zusammenwachsen und praxis
taugliche Lösungen entstehen.“
Dem pflichtet Gnauck bei. Man werde
in Zukunft in einer Immobilie leben, die
alles erledigt. Allerdings stünden dem ak-
tuell viele bürokratische Hürden imWege.
Als Beispiel nennt er die Förderungen für
Smart Home. Wenn er schon als Experte
etwamit einemKfW-Kredit seine Schwie-
rigkeiten habe, habe das einKunde aus der
Immobilienverwaltung erst recht. Und:
Gerade bei den Verwaltern fehlt meist
auch eine Vorstellung davon, was man
mit einer smart ausgerüsteten Immobilie
alles erreichen kann. Das ist aber wichtig,
denn die Grundlagen dafür muss man
schon heute schaffen.
«
Frank Urbansky, Leipzig
Welche wesentlichen Trends sind
beim Smart Home in den letzten
zwei Jahren zu beobachten?
Vor allem
die Verbraucher sind informierter. Nicht
jedes als „smart“ vermarktete Gerät ist
auch wirklich intelligent. Somit müssen
Hersteller dem höheren Anspruch ihrer
Zielgruppen gerecht werden. Auch die
Themen IT-Sicherheit und Privatsphäre
werden konkreter aufgegriffen. Hersteller,
die nur unzureichend Wert darauf legen,
tragen dazu bei, dass die allgemeine
Wahrnehmung schlechter werden kann.
Hierzu gehören auch die heterogenen
Entwicklungen im Bereich Smart City.
Unternehmen, die in diesem Bereich
Fuß fassen oder Geschäfte ausbauen
möchten, sollten wesentlich offener und
lösungsorientierter mit ihren potenziellen
Zielgruppen kommunizieren. Smartness
ist kein Verkaufsargument mehr, welches
von Endverbrauchern nicht hinterfragt
wird. Auch hier entwickelt sich notwen-
diges Bewusstsein.
Wer ist der Treiber für smarte Techno-
logien im Immobilienbereich?
Oftmals
sind es die großen Technologieunter-
nehmen, die die Gestaltung prägen.
Sei es durch Hardware-Komponenten,
wie die Heimassistenten von Google,
Apple und Amazon, oder durch die
genutzten Datenverarbeitungsmodelle.
Planern, Architekten und Bauherren
fehlt meistens das notwendige Wissen,
um die volle Komplexität des Themas
„Smart Home“ oder „Smart City“ mit
seinen Konsequenzen zu überblicken.
Es ist eben nicht nur mit dem Verbauen
von einem Bussystem, Sensoren oder
anderen Hardware-Komponenten getan,
die dann über eine App mit einer mehr
oder weniger schönen Benutzerober-
fläche vernetzt werden. Akteure wie
auch Experten sollten vermeiden, immer
nur ihren eigenen Wissenshorizont als
Maßstab zu nutzen, sondern offen für
den konstruktiven Diskurs mit anderen
Wissenschaftsbereichen und Meinungs-
spektren sein. Denn am Ende zählen
Nutzer, nicht Technologieunternehmen,
Politik oder Immobilienbranche.
Warum wird Smart Home eingesetzt?
Für die meisten Unternehmen zählt nur:
Wie steigert die Implementierung von
Technologie X den Verkaufswert, die Mie-
te, eigene Kosteneinsparungen oder lässt
sich im Kontext der Nachhaltigkeit für das
eigene Marketing oder Branding nutzen?
Interessen und Meinungen klaffen zum
Teil noch gewaltig auseinander. Grund
hierfür ist auch die oft fehlende Strategie
für eine Integration in den eigenen
Geschäftsbetrieb oder eine sinnvolle
Neugeschäftsentwicklung.
Bei den Nutzern ist es hingegen Interesse
für Neues, Bequemlichkeit, Einsparungen
und auch die Sicherheit. Ob die Umset-
zung immer gelingt, ist bis dato aber
fraglich. Gerade das Thema Sicherheit im
Kontext von Smart Locks oder IP-Kameras
betrachte ich kritisch. Es gibt keine
absolut sicheren Systeme, viele Kompo-
nenten leiden unter schlechter Hard- und
Software. Auch fehlt den Nutzern das
Bewusstsein dafür. Generell steigt mit
zunehmender Systemkomplexität auch
die Schwierigkeit mit der Eigensicherung.
Braucht es für die Steuerung dieser
Komponenten eine intelligente Ver-
netzung oder reicht eine App?
Für viele Nutzer ist die zentrale App-
steuerung bereits intelligent, manche
wollen eine personalisierte Anpassung
nach ihren Bedürfnissen, manche eine
vollautomatisierte Steuerung.
„Eine Strategie für Smart Home fehlt!“
INTERVIEW
MIT VIKTOR WEBER
Viktor Weber, Gründer des Fu
ture Real Estate Institute. Dieses
fungiert als Thinktank und Be-
rater innerhalb der Immobilien
branche beim Thema digitale
Transformation.
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