Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 57

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-8.2018
FALL:
Eine dem Mieter bis dahin unbekannte Person teilte ihm schriftlich mit, er habe
das Wohngebäude erworben. Ein Nachweis über den Eigentümerwechsel war nicht
beigefügt. Der Mieter wollte den Mietzins deshalb hinterlegen. Die Hinterlegungsstelle
verweigerte jedoch die Annahme. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Mieters.
Zu Recht. Nach § 372 BGB kann der Mieter die Miete u. a. dann hinterlegen, wenn er
„infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des ...
(Vermieters) seine Verbindlichkeit (also dieMietzahlung) nicht oder nicht mit Sicherheit
erfüllen kann“. Der Mieter hat dargelegt, dass die Wohnung durch eine Hausverwaltung
betreut werde, die sich weigere, ihmAuskünfte über die Eigentumsverhältnisse zu ertei-
len. Weitere Nachweise oder Beweismittel muss der Mieter nicht beibringen.
FAZIT:
Eines sollte aber klar sein: DemMieter ist es grundsätzlich zuzumuten, zunächst
bei seinem bisherigen Vermieter Rückfrage zu halten, wenn sich ein Dritter eines Ver-
tragseintritts berühmt. Unterlässt er dies, so beruht seine Ungewissheit über die Person
des Gläubigers auf Fahrlässigkeit.
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
«
HINTERLEGUNG DER MIETE
Unkenntnis des Mieters
vom Eigentümerwechsel
Für die Hinterlegung der Miete reicht
es nicht aus, dass ein dem Mieter bis
dahin unbekannter Dritter sich als
neuer Vermieter bezeichnet, Nach-
weise dafür aber nicht vorlegt. Anders
ist es, wenn sich die Hausverwaltung
weigert, den Mieter über die Eigen-
tumsverhältnisse zu informieren.
KG Berlin, Beschluss v. 01.03.2018, 1 VA 28/17
FALL:
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über Gewerberäume. Der Ver-
mieter hat das Mietverhältnis gekündigt und den Mieter auf Räumung in Anspruch ge-
nommen. Aus dem rechtskräftigen Räumungsurteil betreibt der Vermieter die Zwangs-
vollstreckung. Beim Räumungstermin erschien ein Dritter, der dem Gerichtsvollzieher
einen zwischen ihm und dem Mieter abgeschlossenen Untermietvertrag vorgelegt hat.
Die Räumung wurde daraufhin eingestellt. Der Vermieter beantragt nunmehr, den
Dritten imWege der einstweiligen Verfügung zur Räumung zu verpflichten. Zu Recht.
Zwar ist § 940a Abs. 2 ZPO auf Gewerberaum-Mietverhältnisse nicht anwendbar. Nach
§ 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen aber generell zulässig, sofern diese Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Auch der Vermieter von Ge-
werberäumen bedarf im vorliegenden Fall eines besonderen Schutzes.
FAZIT:
Die Voraussetzungen des § 940a ZPO sind vom Vermieter glaubhaft zu machen.
Zusätzliche Anforderungen an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, etwa eine Inte-
ressenabwägung, sind nicht zu stellen.
GEWERBEMIETE
Räumungsverfügung gegen
den Untermieter
Die für Wohnraummietverhältnisse
geltende Vorschrift des § 940a Abs. 2
ZPO ist auf Mietverhältnisse über Ge-
werberaum weder unmittelbar noch
entsprechend anwendbar.
OLG München, Beschluss v. 12.12.2017,
32 W 1939/17
FALL:
In einem Gewerbemietvertrag ist vereinbart, dass der Mieter die Bürgschaft einer
großen deutschen Bank beizubringen hat mit der Maßgabe, dass der Bürge „auf die
Einreden der Anfechtbarkeit, Aufrechenbarkeit und Vorausklage … verzichtet“. In der
Folgezeit geriet der Mieter in Zahlungsverzug. Der Vermieter nimmt den Bürgen aus
der Bürgschaftsurkunde in Anspruch. Dieser verweigert die Zahlung. Zu Recht. Die
Bürgschaftsvereinbarung ist unwirksam. Bei derMietbürgschaft hat der Bürge nach § 770
Abs. 2 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn sich der Mieter durch Aufrechnung
gegen eine fällige Forderung des Vermieters befriedigen kann. Nach BGH benachteiligt
der formularmäßige Ausschluss der Aufrechenbarkeit jedoch den Bürgen unangemes-
sen, wenn die Gegenforderung desMieters unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist.
FAZIT:
Das KG Berlin meint, dass im beschriebenen Fall die Bürgschaftsvereinbarung
insgesamt wirksam sei. Nach dieser Ansicht bleibt der Mieter zur Stellung einer Bürg-
schaft mit zulässigem Inhalt verpflichtet. Das OLG Frankfurt teilt diese Ansicht nicht.
MIETBÜRGSCHAFT
Ausschluss der Einrede der
Aufrechenbarkeit
Eine mietvertragliche Vereinbarung,
wonach der Mieter verpflichtet ist,
eine Bürgschaft mit dem Inhalt beizu-
bringen, dass der Bürge auf die Einre-
de der Aufrechenbarkeit verzichtet, ist
unwirksam, wenn der Ausschluss auch
für den Fall gilt, dass die Gegenforde-
rung des Mieters unbestritten ist.
OLG Frankfurt, Urteil v. 14.06.2017, 16 U 58/16
1...,47,48,49,50,51,52,53,54,55,56 58,59,60,61,62,63,64,65,66,67,...76
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