Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 53

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7
-8.2018
FALL:
Die Stellplätze der Wohnanlage
wurden entgegen den Vorgaben der
Baugenehmigung errichtet. Zugunsten
des Erdgeschoss-Eigentümers wurde an
der vor seiner Wohnung liegenden Gar-
ten- und Terrassenfläche ein Sonder-
nutzungsrecht begründet. Die entspre-
chende Fläche hatte er umzäunt. Nach
der Baugenehmigung sollten jedoch
gerade in diesem Bereich Stellplätze ge-
schaffen werden.
Die Stadt verlangt die Errichtung gemäß
den Vorgaben der Baugenehmigung. Die
Eigentümergemeinschaft verlangt vom
Erdgeschoss-Eigentümer die Duldung,
dass auf der Fläche zwei Stellplätze er-
richtet werden.
Urteil des Monats:
Ausnahmsweise möglich – Aufhebung oder Änderung eines Sondernutzungsrechts
Aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kann sich ein Anspruch auf ersatzlose Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ergeben,
allerdings nur als Ultima Ratio, etwa wenn die Sondernutzungsfläche zwingend benötigt wird, um unabwendbaren
behördlichen Auflagen nachzukommen, und regelmäßig nur gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung.
BGH, Urteil v. 23.03.2018, V ZR 65/17
FALL:
Einer der Eigentümer vermietete seine Wohnung jeweils für kurze Zeit an „Me-
dizintouristen“. In der Gemeinschaftsordnung ist eine Regelung vorhanden, wonach die
Vermietung von Sondereigentumseinheiten der Zustimmung des Verwalters bedarf. In
einer Eigentümerversammlung wurde ein Beschluss gefasst, wonach bei Verstößen gegen
die Vermietungsbeschränkung einAusgleichsbetrag inHöhe von 500 Euro zu zahlen sei.
Der Eigentümer setzte die Kurzzeitvermietung fort. Die Gemeinschaft begehrt Zahlung
in Höhe von 12.000 Euro wegen der ungenehmigten Kurzzeitvermietungen. Die Klage
war erfolglos. Für die Begründung eines Zahlungsanspruchs gegen den vermietenden
Eigentümer fehlte den Eigentümern die erforderliche Beschlusskompetenz. Gemäß § 21
Abs. 7WEGkönnen die Eigentümer zwar Regelungen zur Art undWeise von Zahlungen
beschließen. Die vorliegende „Ausgleichs-“ oder „Strafzahlung“ fällt aber nach Ansicht
des Gerichts in keine der in § 21 Abs. 7 genannten Kategorien.
FAZIT:
Es ist unzulässig, die Vorschrift des § 21 Abs. 7 WEG als Generalklausel zur
Sanktionierung gemeinschaftswidrigen Verhaltens einzusetzen.
VERSTOSS GEGEN VERMIETUNGS-
BESCHRÄNKUNG
Keine Ahndung mit
„Strafzahlung“
Den Eigentümern fehlt die Kompe-
tenz, Ausgleichszahlungen bei
Verstößen gegen eine vereinbarte
Vermietungsbeschränkung in der
Gemeinschaftsordnung durch Be-
schluss festzulegen.
LG Köln, Urteil v. 26.04.2018, 29 S 239/17
Klage gegen die Stellplatzauflage erhoben
wurde, und zu der Frage, ob die Stellplätze
an anderer Stelle auf dem gemeinschaft-
lichen oder einem anderen Grundstück
errichtet werden könnten, sind bislang
ungeklärt. Sie sind aber erforderlich.
FAZIT:
Der geltend gemachte Duldungs-
anspruch bestand nach allem also nicht.
Der klagenden Eigentümergemeinschaft
musste auch nicht Gelegenheit gegeben
werden, den bisher nicht geltend gemach-
ten Anspruch aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG
auf Zustimmung zur Änderung der Ge-
meinschaftsordnung geltend zu machen.
Dieser Anspruch ist nämlich ein Indivi-
dualanspruch des einzelnen Eigentümers.
ENTSCHEIDUNG:
Die Klage war allerdings
nicht erfolgreich. Nach § 10 Abs. 2 Satz 3
WEGkann jeder Eigentümer eine vomGe-
setz abweichende Vereinbarung oder die
Anpassung einer Vereinbarung verlangen,
soweit ein Festhalten an der geltenden Re-
gelung aus schwerwiegenden Gründen als
unbillig erscheint. Diese Voraussetzungen
waren vorliegend aber nicht festgestellt.
Das Vorgehen der Stadt allein rechtfertigt
es nicht, dem Eigentümer das Sondernut-
zungsrecht nahezu vollständig zu entzie-
hen. Eine derart weitgehende Maßnahme
setzt vielmehr voraus, dass andere Mög-
lichkeiten nicht bestehen oder fehlgeschla-
gen sind. Feststellungen hierzu, insbeson-
dere ob etwa eine verwaltungsgerichtliche
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
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