Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 55

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FALL:
Die Eigentümer hatten die Genehmigung der Jahresabrechnung beschlossen.
Ein Eigentümer hatte diesen Beschluss angefochten. Die Darstellung der Entwicklung
der Instandhaltungsrücklage sei fehlerhaft. Die Klage war erfolgreich, den beklagten
übrigen Eigentümern wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Diese hatten dann
beschlossen, Schadensersatz gegen den Verwalter geltend zu machen. Die Klage war
hier erfolgreich. Der Verwalter hat sich bei Erstellung der Jahresabrechnung an die
höchstrichterliche Rechtsprechung zu halten. Dem Verwalter war im vorliegenden Fall
zum Vorwurf zu machen, dass er die Abrechnung über die Heiz- und Warmwasser-
kosten unter Verstoß gegen die Richtlinien der Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 17.02.2012 (V ZR 251/10) erstellt hat. Gemäß der Entscheidung ist zwischen der
Gesamtabrechnung und den Einzelabrechnungen zu differenzieren.
FAZIT:
In aller Regel wird der Verwalter wegen angefochtener Abrechnungen nur dann
zur Tragung der Verfahrenskosten gemäß § 49Abs. 2WEGverurteilt, wenn er wiederholt
entsprechende Verfahren provoziert. Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht einmal
mehr, dass Verwalter insoweit noch nicht durchatmen können. Die Eigentümer haben
nämlich einenmateriell-rechtlichen Schadensersatzanspruch gegen denVerwalter, wenn
diesem Pflichtverletzungen zum Vorwurf zu machen sind. Dabei haftet er bereits für
einfache Fahrlässigkeit. Hier waren Verfahrenskosten in einer Höhe von 13.000 Euro
entstanden.
JAHRESABRECHNUNG
Verwalter haftet bei Miss-
achtung höchstrichterlicher
Rechtsprechung
Einem gewerblich tätigen Verwalter
obliegt die Verpflichtung, sich zeitnah
über höchstrichterliche Entschei-
dungen zu informieren. Erstellt er Jah-
resabrechnungen unter Missachtung
höchstrichterlicher Rechtsprechung, ist
er den Eigentümern gegenüber zum
Schadensersatz verpflichtet. Der Scha-
densersatzanspruch umfasst insbeson-
dere die Kosten eines Verfahrens, das
die Anfechtung des Beschlusses über
die Genehmigung der Jahresabrech-
nung zum Gegenstand hatte.
AG Wedding, Urteil v. 19.06.2017, 22a C 63/17
AUFZUGSKOSTEN
Abweichende Regelung in
der Gemeinschaftsordnung
Im vorliegenden Fall ging es um noch
an- und einzubauende Lifte. Enthält
die Gemeinschaftsordnung eine
Regelung, wonach die „Betriebs- und
Instandhaltungskosten technischer
Anlagen, die ausschließlich einzelnen
Eigentümern zugutekommen, nur von
diesen Eigentümern zu tragen“ sind,
sind die Eigentümer im Erdgeschoss
an den Kosten der Aufzüge dann nicht
zu beteiligen, wenn diese nur in die
oberen Stockwerke, nicht aber auch
in den Keller führen. Bei anderer Be-
trachtung würde die Regelung in der
Gemeinschaftsordnung letztlich ins
Leere laufen.
LG München I, Urteil v. 11.10.2017, 1 S 18504/16 WEG
BESCHLUSSANFECHTUNG
Vermietung von Gemein-
schaftseigentum
Als Grenze der hinzunehmenden
Beeinträchtigung der anderen Eigen-
tümer ist das unvermeidliche Maß an
Rücksichtnahme anzusetzen. Ist mit
einer langfristigen Vermietung von
Gemeinschaftseigentum auch eine
Umgestaltung des Gemeinschafts-
eigentums für die Vertragslaufzeit
verbunden, ist diese Grenze über-
schritten. Der Eigentümer eines im
Erdgeschoss gelegenen Ladenlokals
wollte dieses unterteilen und zwei
Wohnungen schaffen, die er vermie-
ten wollte. Zum Anlegen zweier Ter-
rassen wollte er zwei entsprechende
Gartenflächen von der Eigentümer
gemeinschaft mieten.
AG Schweinfurt, Urteil v. 26.10.2017, 10 C 444/17 WEG
VERWALTERHAFTUNG
Verzögerte Durchführung von
Instandhaltungsmaßnahmen
Der Verwalter ist gesetzlich verpflich-
tet, Beschlüsse der Eigentümer durch-
zuführen. Es stellt eine zum Schadens-
ersatz führende Pflichtverletzung des
Verwalters dar, wenn er beschlossene
Sanierungsmaßnahmen verzögert.
Hier war beschlossen worden, nach
Vorliegen eines Sachverständigen­
gutachtens eine außerordentliche
Eigentümerversammlung zwecks
Abstimmung der weiteren Vorge-
hensweise einzuberufen. In diesem
Fall darf der Verwalter nicht ein Jahr
warten, um die Angelegenheit in der
jährlichen ordentlichen Eigentümer-
versammlung abzuarbeiten.
LG Hamburg, Urteil v. 08.06.2016, 318 S 18/15
1...,45,46,47,48,49,50,51,52,53,54 56,57,58,59,60,61,62,63,64,65,...76
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