Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 70

70 KOLUMNE
G
eld macht nicht glücklich“ ist eine Redewendung, die
ebenso alt wie pauschal ist. Macht Geld unglücklich?
Vielleicht. Schläft man auf einem guten Finanzpolster
besser? Möglicherweise. Höchstwahrscheinlich jedoch aus der
Perspektive jener alleinerziehenden Mütter, die mit denselben
Sozialhilfesätzen auskommen müssen wie junge Männer, die
ihren Traum vom hippen Großstadtleben mit unter der Hand
bezahlten DJ-Jobs ausleben. Soziale Gleichheit, die zu Gleich-
macherei wird, frisst ihre Kinder. Wer kann, der muss – wer
nicht kann, für den müssen wir sorgen. Wir, die arbeiten gehen
und denen es gut geht. Solidarität ist zwar keine Einbahnstraße,
aber eine Gewissenspflicht gegenüber jenen, die trotz eige-
ner Anstrengungen nicht können. Ist das Gewissen mit dem
Zahlen von Steuern und Abgaben endgültig beruhigt? „Rei-
sen schafft Demut“, sagte mir unlängst die Büroleiterin eines
Bundestagsabgeordneten, die ihre Master-Arbeit in Afrika
geschrieben hat.
Ein Mantra der Kapitalismuskritik lautet, dass nicht nur
Produktivität, sondern auch Geld neues Geld generiert. Das
wissen nicht nur Vertreter linker Parteien, das fühlen oft jene,
deren Geld sich vermehrt – insbesondere, wenn sich dies
unverdient anfühlt. Soziales Engagement – im eigenen Land,
aber auch in den Armutsregionen der Welt – war über lange
Reitzenstein denkt an ...
Zeit befriedigend. Doch mittlerweile haben viele Vermögende
verstanden, dass man Fischern in armen Ländern nicht (nur)
dadurch hilft, internetfähige Computer für die Schulen ihrer
Kinder zu stiften. Vor allem, wenn die Mittel für eine oft sehr
teure Überland-Elektroversorgung nicht mitgestiftet werden.
Die Finanzierung eines Start-ups in Greifswald oder Halle, das
Technologien entwickelt, um Kunststoff-Partikel aus kleinen
Häfen und Buchten zu filtern, ist für diese Fischer ebenfalls
segensreich.
Ja, man kann Gutes tun und damit Geld verdienen. Ja, man
sollte Geld verdienen durch Investitionen in gute Dinge, die
sonst nur schwer Finanzierungen finden. Dieses Bedürfnis
ist nicht nur bei Family Offices, Wealth Managern und ihren
Beratern angekommen – sondern auch beim Markt. Unterneh-
men wie Viva con Agua oder ChariTea machen es leicht, mit
genussvollem Konsum Gutes zu tun.
Doch was bedeutet das für die Immobilienbranche? Immer
mehr Green Building, Passivhäuser und Recycling? Gibt es
alles schon lange und erfährt wachsende Akzeptanz, auch auf
Investorenseite. Nein, es geht um transdisziplinäres Denken.
Ein Beispiel: Im Café zahlen Gäste für fair gehandelten Kaffee
gern etwas mehr. Würden sie auch in einem Hotel mit Umsatz-
miete für eine Versorgung mit Ökostrom einen Euro Aufpreis
... die Gewissen-
Anlagen
Quelle: one line man/shutterstock.com
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