Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 28

28
FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
ZINSPOLITIK
über eine halbe Milliarde Euro mit dies­
mal achtjähriger Laufzeit emittiert, muss
sie den Investoren einen jährlichen Zins­
kupon von 0,75 Prozent gewähren.
Etliche börsennotierte Immobilien
unternehmen drängen deshalb mit An­
leihen an den Kapitalmarkt, um sich
möglichst lange die noch immer nied­
rigen Zinskonditionen zu sichern – und
müssen dabei dennoch bereits höhere
Fremdfinanzierungskosten tragen als im
Vorjahr. Deutlich zeigt dies ein Vergleich
zweier Anleihen der im MDax gelisteten
Aroundtown. Im November 2017 kann
das Unternehmen eine achtjährige An­
leihe über 700 Millionen Euro zu einem
Zinskupon von einem Prozent begeben.
Für einen imApril 2018 emittierten Bond
gleicher Laufzeit über 500 Millionen Euro
muss die Gesellschaft bereits einen Zins­
kupon von zwei Prozent gewähren.
Der ImmobilienkonzernVonovia wie­
derum finanziert seine Expansionsgelüste
per Kapitalerhöhung. Die Gesellschaft hat
sich 2017 für rund 2,7Milliarden Euro die
österreichische Conwert mit 24.500Woh­
nungen einverleibt und dieses Frühjahr
dieWiener Buwogmit 49.000Wohnungen
für 5,2 Milliarden Euro geschluckt.
Expansionsgelüste
werden finanziert durch
Kapitalerhöhung
Jetzt hat sich der Bochumer Konzern
imMai über die Ausgabe von 26Millionen
neuen Aktien im Rahmen einer Privat­
platzierung bei institutionellen Investoren
weitere 995,8 Millionen Euro besorgt, um
damit den schwedischen Branchenkolle­
gen Victoria Park mit 13.700 Wohnungen
zu übernehmen. Vonovia spiele nun in der
europäischen Immobilienbranche „ganz
oben mit“, sagt Vonovia-Vorstandschef
Rolf Buch. „In der Champions League.“
Amwenigsten von der Zinswende be­
troffen sind die Immobilienfondsanbieter.
Sie erhalten ohnehin besonders attraktive
Kreditkonditionen. „Immobilienfonds
zählen zu den Lieblingskunden der
Banken, da sie stark regulierte Produkte
mit gesetzlich begrenztem Fremdkapi­
taleinsatz sind“, sagt Michael Schneider,
Geschäftsführer der Hamburger Service-
Kapitalverwaltungsgesellschaft Intreal.
Die Obergrenze für den Kreditanteil bei
Offenen Immobilien-Publikumsfonds
liegt bei 30 Prozent und bei Immobilien­
Spezialfonds bei 50 Prozent. „Diese vor­
sichtigen Limits bringen automatisch
einen gewissen Schutz vor zukünftigen
Zinsanstiegen“, sagt Schneider.
Die strengen Fremdkapital-Auflagen
sind Teil der Regulierung, mit der die Bun­
desregierung die Offenen Fonds an die
Kandare genommen hat. Zuvor mussten
18 Vehikel mit einem verwalteten Immo­
bilienvermögen von 26 Milliarden Euro
nach Ausbruch der Finanzkrise zwangs­
abgewickelt werden, weil Investoren in
PanikMilliardenbeträge abziehenwollten.
Der Betongoldboom der vergange­
nen Jahre hat dazu geführt, dass sowohl
Expertenstimmen
„Projektentwickler reagie-
ren bei Wohnbauvorhaben
vorsichtiger. Kaum ein
Marktteilnehmer kalkuliert
mit einer Fortsetzung der
bisherigen Miet- und Preis-
steigerungen. Dies ist auch
eine präventive Anpassung
für steigende Zinsen.“
Francesco Fedele,
CEO bei
BF.direkt
„In trockenen Tüchern ist
die Zinswende in der Euro-
zone noch nicht. Die sofor-
tige Reaktion auf weniger
gute ökonomische Daten
der vergangenen Wochen
zeigt, dass die Konjunktur
euphorie schnell wieder in
Skepsis umschlagen kann.“
Karsten Junius,
Chefvolkswirt
der Bank J. Safra Sarasin
„Immobilienfonds zählen
zu den Lieblingskunden
der Banken, da sie stark
regulierte Produkte mit
gesetzlich begrenztem
Fremdkapitaleinsatz sind.
Die vorsichtigen Limits
bringen automatisch einen
gewissen Schutz vor zu-
künftigen Zinsanstiegen.“
Michael Schneider,
Geschäftsführer der Intreal
„Die Finanzierungsquote
liegt bei den Fonds am
höchsten, die überwie-
gend außerhalb des Euro-
raumes investieren.“
Reinhard Kutscher,
Vorsitzender
der Geschäftsführung der Union
Investment Real Estate
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,...76
Powered by FlippingBook