Immobilienwirtschaft 7/2018 - page 19

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Das Rekrutieren von qualifizierten Fach- und Führungskräften im Immobilien- und Bausektor
hat sich weiter erschwert, da es kaum noch Kandidaten auf dem Markt gibt. Eine Koopera-
tion mit spezialisierten Personaldienstleistern kann für Immobilien-Profis sinnvoll sein.
Ralf Haase, Gründer der auf die
Immobilienwirtschaft spezia-
lisierten Ralf Haase Personal-
beratung KG und Initiator des
Networking-Events „Property
Lunch“, über die Rolle des
Personalberaters bei der
Begleitung der Unternehmen
auf ihrem Weg in die digitale
Zukunft.
Herr Haase, was unterscheidet
Ihre Personalberatung von
anderen?
Klassische Headhunter,
die mit einer vertriebsorientierten
Unternehmensphilosophie Fach-
und Führungskräfte suchen und
„vermakeln“, gibt es einige. Wir
verfolgen jedoch die Idee, dass
eine gute Unternehmenskultur die
Basis des Erfolgs auf dem Fachkräf-
temarkt ist, und bieten unseren
Kunden deshalb ganzheitliche
Beratungsleistungen an, die deren
Weg zu einer zukunftsorientierten
Personalstrategie unterstützen.
Wie sehen diese Beratungs-
leistungen genau aus?
Wir
vereinen das Recruitment mit
dem HR-Consulting und Coaching
von Managern. Unsere Themen
sind neben dem Führungskräf-
tetraining für die Förderung von
intrinsischer Motivation der Teams
vor allem auch kompetenzanalyse-
basierte Teamentwicklungsmaß-
nahmen, die Installation von
feedbackorientierten Personal-
managementstrukturen sowie
Mitarbeiterbindungsprogramme
und Onboarding-Prozesse. Damit
rennt unser Team offene Türen
bei den Immobilienfirmen ein.
Denn viele wachsende Unterneh-
men der Branche merken, dass
mit steigender Mitarbeiterzahl
bekannte Führungsstrukturen an
ihre Grenzen stoßen.
Was sind die besonderen He-
rausforderungen der Branche in
Bezug auf Personalstrategien?
Immobilienunternehmen betreiben
mit vergleichsweise wenig Perso-
nal sehr große Wertschöpfungen.
Darum ist es hier besonders
wichtig, eine motivierende,
auf Wertschätzung basierende
Führungskultur zu pflegen, die
das intrinsische Engagement der
Mitarbeiter fördert. Davon sind
viele Unternehmen der Branche
noch weit entfernt – nicht weil
es am Willen dazu fehlt, sondern
weil der Wandel in der Arbeits-
welt gerade erst in den Köpfen
der Unternehmer ankommt und
sinnvolle Personalpolitik der
Zukunft sich deutlich von dem über
Jahrzehnte geltenden Modell der
Vergangenheit unterscheidet. Für
die Beratung in diesem Kontext ist
es sehr hilfreich, wenn der Con-
sultant versteht, wie eine Branche
tickt, wie die Notwendigkeiten des
Immobilien-Lifecycles aussehen
und welche Aufgaben von den
Mitarbeitern der Unternehmen die-
ser Branche zu erfüllen sind.
Haben Sie sich deshalb als Be-
rater auf die Immobilien- und
die Bauwirtschaft konzentriert?
Ja, die Branchenfokussierung ist
eine Frage der Zielgruppendefini-
tion unseres Unternehmens und
des Know-hows, das wir in diesem
Marktsegment zu bieten haben.
So ist bei unseren Mitarbeitern viel
fachliches Immobilienwissen vor-
handen, und ich selbst habe fast
mein ganzes Berufsleben in dieser
Branche verbracht – etliche Jahre
davon als Führungskraft in der
Immobilien-Projektentwicklung.
Eine Spezialisierung bringt viele
Synergieeffekte mit sich, da sich
etliche Vakanzen ähneln und wir
so unseren langfristig begleiteten
Kandidaten oft mehrere Optionen
anbieten sowie den suchenden
Unternehmen schneller mit einem
Kandidatenpool aus vergleichbaren
Suchaufträgen zu neuen Mitarbei-
tern verhelfen können.
Wie machen Sie das?
Unsere
Mitarbeiter nutzen Tools und
Techniken aus der Strategiebera-
tung, Kompetenzanalysen und die
kybernetische Gesprächsführung,
welche im Headhunting nahezu
unbekannt sind, um objektive
Kriterien in der Personalauswahl zu
erheben und Spuren zu verfolgen,
die erfolgreiche Kandidaten in
relevanten Bereichen hinterlassen.
Das hilft uns, die Menschen zu
identifizieren und zu einer Bewer-
bung zu motivieren, die Leistung
nicht nur behaupten, sondern
tatsächlich liefern.
Wie läuft die Zusammenarbeit
mit Immobilienfirmen ab,
wenn Sie mit der Suche beauf-
tragt werden?
Der erste Schritt
ist ein möglichst ausführliches
Briefing unseres Consultants durch
den Auftraggeber. Neben den
fachlichen Anforderungen wollen
wir sowohl das Unternehmen,
dessen Kultur und Philosophie
sowie einen möglichst großen
Teil der zukünftigen Kollegen und
Vorgesetzten des Kandidaten
kennenlernen. Das ermöglicht uns,
einerseits dem potenziellen neuen
Mitarbeiter das Unternehmen und
die Aufgabe kompetent nahezu-
bringen und andererseits auch
dem Auftraggeber eine möglichst
punktgenaue Kandidatenprä-
sentation zu bieten. Wichtig ist,
dass Unternehmen begreifen: Es
herrscht das Prinzip Assessment
Center anders herum. Nicht der
Kandidat ist der Bittsteller. Das
Unternehmen muss sich bei ihm
bewerben und sich beweisen.
Wie gehen Sie bei der Suche
vor?
Zunächst wird Branche und
Sparte darauf analysiert, ob es
latent wechselwillige Mitarbei-
ter gibt. Niemand wird einen
gut geführten Mitarbeiter mit
intrinsischer Motivation und Com-
mitment für seinen Arbeitgeber
dazu bewegen können, diesen
zu verlassen. Es geht darum,
Leistungsträger zum Wechsel zu
Firmen mit besserer Unterneh-
menskultur zu motivieren. Die
meisten unzufriedenen Mitarbeiter
wagen diese Option nicht allein.
Wir begleiten sie dabei. Unsere
Datenbank erweist sich hier als
ein Kommunikationsmittel und
nicht als Tresor für wechselwillige
Kandidaten. Wir rufen Kandidaten
an und erfragen, ob Wechselwille
besteht – wir möchten niemanden
überreden!
„Es herrscht das Prinzip Assessment Center anders herum“
INTERVIEW
MIT RALF HAASE
„Es geht darum,
Leistungsträger zum
Wechsel zu Firmen
mit einer besseren
Unternehmenskultur
zu motivieren.“
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