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20 JAHRE SPEZIAL
I
20 ZIELGRUPPEN
Die früher kleinteilige Bauwei-
se etwa in Büros, von Glatte
liebevoll als „unsere Höhlen“
bezeichnet, gilt es aufzubre-
chen und auch fit zu machen
für die GenerationY. „Die wol-
len es eher loungig, also mit
Sitzecken und Räumen, die
die Kommunikation fördern“,
so Glatte. Vergessen dürfe
man dabei aber nicht die Ge-
neration 50 plus. Die sei eben
anderes gewohnt. Beide – und
natürlich die dazwischenlie-
gende Mitte – unter einenHut
zu bringen, sei derzeit eine der
größten Herausforderungen
für seine Abteilung.
„Wir wollen mit der Opti-
mierung von Immobilienres-
sourcen die Arbeitsprodukti-
vität steigern“, bringt es Frank
Feldmann, Geschäftsführer
der Hochtief-Tochter Deut-
sche Bau- und Siedlungsge-
sellschaft, auf den Punkt.
GERADE SOLCHE HERAUSFOR-
DERUNGEN
verändern das Bild
des Corporate Real Estate
Managers zum Positiven, fin-
det Björn Christmann. „Frü-
her haben wir in einer Nische
gearbeitet, die kaum bekannt
war“, so der Bayer-Manager
und Präsident des Branchen-
verbandes CoreNet Global in
Central Europe. „Heute freuen
wir uns, dass wir immer mehr
junge talentierte Leute finden,
die genau dieses Berufsbild
mit seinem Abwechslungs-
reichtum wollen.“ Inzwischen
gebe es dafür auch entspre-
chend mehr Studienangebote.
Die gute und fundamen-
tierte Ausbildung ist auch
nötig. Denn Corporate Real
Estate Manager haben es fast
immer mit einem sehr bedeut-
samen Portfolio zu tun, weil
die Immobilien oft ein wahrer
Unternehmensschatz sind.
Aber er müsse damit auch
Werte liefern, so Christmann.
Dabei sei die Entwicklung bis
hierher keineswegs glatt ge-
laufen. Mitte der 90er Jahre
begann die Entwicklung, weil
die Unternehmen die Wer-
te ihrer Immobilien heben
wollten. Doch schon Anfang
des neuen Jahrtausends setzte
die große Ernüchterung ein.
Denn viele der erhofftenWerte
ließen sich einfach nicht rea-
lisieren. Dieser Ernüchterung
folgte eine Besinnung auf das
wahre Kerngeschäft, nämlich
durch Immobilien für optima-
le Arbeits- und Produktions-
bedingungen zu sorgen.
ALLEIN SCHON
die schiere
Menge der Corporate Real
Estate Immobilien ist beein-
druckend. Feldmann zitiert
eine Studie, nach der ein Vier-
tel des gesamten deutschen
Immobilienbestandes in Un-
ternehmenshand ist. Dessen
unterschiedliche Charaktere
– Glatte weiß dabei sogar zwei
Hotels imUnternehmensport-
folio – erforderten Genera-
listen, die auf allen Gebieten
des Immobilienmanagements
zu Hause sind. Bei Hochtief
befassen sich Feldmanns 17
Mitarbeiter mit der Entste-
«
Selbst bei neu geplanten und errichteten Gebäuden
muss die Entwicklung der Arbeitswelt für die nächsten
zehn Jahre berücksichtigt werden, wie hier beim Büro-
park an der Gruga.
Fotos: Hochtief; Khakimullin Aleksandr/shutterstock.com
Corporate Real Estate Manager
beherrschen alle Felder des
Immobilienmanagements. Sie
sind Generalisten. Sie schaffen in
den Unternehmensimmobilien
optimale Arbeitsbedingungen.
Dazu gehört auch, die verschie
denen Generationen im wahrsten
Sinne des Wortes an einen Tisch
zu bringen. So tragen sie zur Wert
schöpfung des Unternehmens bei.
Aufgrund der vielfältigen Aufgaben
ist das Berufsbild auch beim Nach
wuchs sehr gefragt. Die Verdienst
möglichkeiten sind sehr gut.
BERUFSBILD
hung, der Planung, dem Bau
und der Nutzung oder auch
Umnutzung bis hin zur Ent-
mietung von Immobilien.
Einen Schwerpunkt sieht
Feldmann in der energe-
tischen Ausstattung der Im-
mobilien: „Nach der neuen
EU-Richtlinie zum energe-
tischen Gebäudepotenzial ha-
ben wir erkannt, welch große
Möglichkeiten darin stecken.“
DIE ZEITEN DER GRAUEN MAUS
sind auch in finanzieller Hin-
sicht vorbei. Laut einer Studie
von CoreNet Global belief sich
das durchschnittliche Jahres-
gehalt eines Head of Corpo-
rate Real Estate im letzten Jahr
weltweit durchschnittlich auf
280.000 US-Dollar und stieg
damit um mehr als fünf Pro-
zent gegenüber dem Vorjahr.
In Europa lag der Verdienst bei
211.000 US-Dollar.
Gut angelegtes Geld. Denn
die zukünftigen Herausforde-
rungen werden nicht geringer.
Im Gegenteil. „Die großen
Themen sind die Digitalisie-
rung, wie sie die Struktur von
Unternehmen ändert und
dadurch etwa auch die Flä-
chenanforderungen“, erläutert
Christmann. Dabei stehe die
Schnelligkeit der Digitalisie-
rung der Langfristigkeit der
Branche, in der Mietverträge
von fünf bis zehn Jahren Stan-
dard seien, entgegen.
Eine Frage sei etwa, was
passiere, wenn man nur noch
die Hälfte der Fläche brauche.
Und wie man mit der Daten-
flut umgehe, die unweigerlich
anfalle. Er kennt Fälle, da wür-
den viele Daten eingesammelt
und letztlich auf einem „digi-
talen Friedhof “ endgelagert.
Ihm sind aber auch Beispiele
bekannt, wo Unternehmen
eher auf eine Art Halbdigita-
lisierung setzten und mit den
gewonnenenDaten tatsächlich
arbeiteten. Aber auch diese
Daten müssten sicher sein.
Die Corporate Real Estate
Manager hätten dabei gegen-
über ihrenKollegen in der frei-
en Immobilienbranche einen
Vorteil, so Christmann. Denn
bei ihnen laufe alles etwas
langsamer – bedingt durch
die Entscheidungsstrukturen
in den Konzernen.
Eine Entwicklung werden
auch sie stemmenmüssen. „Der
Immobilienbestand der Unter-
nehmen wird eher zurückge-
hen“, prognostiziert Feldmann.
„In Deutschland sollen einer
Studie nach etwa 70 Prozent
der Corporate Real Estates im
eigenen Vermögen gehalten
werden, in Asien 20 bis 30 Pro-
zent. An der Börse wird es auch
nicht honoriert, wennman sich
ein eigenes Gebäude baut oder
kauft.“ Deswegen würden in
Zukunft verstärkt Leute ge-
braucht, die verkaufsaffin seien.
Aber auch sie müssten in der
täglichen Arbeit nachweisen,
dass sie Generalisten sind.
Und wie muss ein Corpo-
rate Real Estate Manager nun
gestrickt sein? „Wenn jeder
in seinem Bereich die Eigen-
tümerbrille aufsetzt, kann er
nicht viel falsch machen“, gibt
Feldmann einen Tipp.