Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 72

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20 JAHRE SPEZIAL
I
20 ZIELGRUPPEN
Die früher kleinteilige Bauwei-
se etwa in Büros, von Glatte
liebevoll als „unsere Höhlen“
bezeichnet, gilt es aufzubre-
chen und auch fit zu machen
für die GenerationY. „Die wol-
len es eher loungig, also mit
Sitzecken und Räumen, die
die Kommunikation fördern“,
so Glatte. Vergessen dürfe
man dabei aber nicht die Ge-
neration 50 plus. Die sei eben
anderes gewohnt. Beide – und
natürlich die dazwischenlie-
gende Mitte – unter einenHut
zu bringen, sei derzeit eine der
größten Herausforderungen
für seine Abteilung.
„Wir wollen mit der Opti-
mierung von Immobilienres-
sourcen die Arbeitsprodukti-
vität steigern“, bringt es Frank
Feldmann, Geschäftsführer
der Hochtief-Tochter Deut-
sche Bau- und Siedlungsge-
sellschaft, auf den Punkt.
GERADE SOLCHE HERAUSFOR-
DERUNGEN
verändern das Bild
des Corporate Real Estate
Managers zum Positiven, fin-
det Björn Christmann. „Frü-
her haben wir in einer Nische
gearbeitet, die kaum bekannt
war“, so der Bayer-Manager
und Präsident des Branchen-
verbandes CoreNet Global in
Central Europe. „Heute freuen
wir uns, dass wir immer mehr
junge talentierte Leute finden,
die genau dieses Berufsbild
mit seinem Abwechslungs-
reichtum wollen.“ Inzwischen
gebe es dafür auch entspre-
chend mehr Studienangebote.
Die gute und fundamen-
tierte Ausbildung ist auch
nötig. Denn Corporate Real
Estate Manager haben es fast
immer mit einem sehr bedeut-
samen Portfolio zu tun, weil
die Immobilien oft ein wahrer
Unternehmensschatz sind.
Aber er müsse damit auch
Werte liefern, so Christmann.
Dabei sei die Entwicklung bis
hierher keineswegs glatt ge-
laufen. Mitte der 90er Jahre
begann die Entwicklung, weil
die Unternehmen die Wer-
te ihrer Immobilien heben
wollten. Doch schon Anfang
des neuen Jahrtausends setzte
die große Ernüchterung ein.
Denn viele der erhofftenWerte
ließen sich einfach nicht rea-
lisieren. Dieser Ernüchterung
folgte eine Besinnung auf das
wahre Kerngeschäft, nämlich
durch Immobilien für optima-
le Arbeits- und Produktions-
bedingungen zu sorgen.
ALLEIN SCHON
die schiere
Menge der Corporate Real
Estate Immobilien ist beein-
druckend. Feldmann zitiert
eine Studie, nach der ein Vier-
tel des gesamten deutschen
Immobilienbestandes in Un-
ternehmenshand ist. Dessen
unterschiedliche Charaktere
– Glatte weiß dabei sogar zwei
Hotels imUnternehmensport-
folio – erforderten Genera-
listen, die auf allen Gebieten
des Immobilienmanagements
zu Hause sind. Bei Hochtief
befassen sich Feldmanns 17
Mitarbeiter mit der Entste-
«
Selbst bei neu geplanten und errichteten Gebäuden
muss die Entwicklung der Arbeitswelt für die nächsten
zehn Jahre berücksichtigt werden, wie hier beim Büro-
park an der Gruga.
Fotos: Hochtief; Khakimullin Aleksandr/shutterstock.com
Corporate Real Estate Manager
beherrschen alle Felder des
Immobilienmanagements. Sie
sind Generalisten. Sie schaffen in
den Unternehmensimmobilien
optimale Arbeitsbedingungen.
Dazu gehört auch, die verschie­
denen Generationen im wahrsten
Sinne des Wortes an einen Tisch
zu bringen. So tragen sie zur Wert­
schöpfung des Unternehmens bei.
Aufgrund der vielfältigen Aufgaben
ist das Berufsbild auch beim Nach­
wuchs sehr gefragt. Die Verdienst­
möglichkeiten sind sehr gut.
BERUFSBILD
hung, der Planung, dem Bau
und der Nutzung oder auch
Umnutzung bis hin zur Ent-
mietung von Immobilien.
Einen Schwerpunkt sieht
Feldmann in der energe-
tischen Ausstattung der Im-
mobilien: „Nach der neuen
EU-Richtlinie zum energe-
tischen Gebäudepotenzial ha-
ben wir erkannt, welch große
Möglichkeiten darin stecken.“
DIE ZEITEN DER GRAUEN MAUS
sind auch in finanzieller Hin-
sicht vorbei. Laut einer Studie
von CoreNet Global belief sich
das durchschnittliche Jahres-
gehalt eines Head of Corpo-
rate Real Estate im letzten Jahr
weltweit durchschnittlich auf
280.000 US-Dollar und stieg
damit um mehr als fünf Pro-
zent gegenüber dem Vorjahr.
In Europa lag der Verdienst bei
211.000 US-Dollar.
Gut angelegtes Geld. Denn
die zukünftigen Herausforde-
rungen werden nicht geringer.
Im Gegenteil. „Die großen
Themen sind die Digitalisie-
rung, wie sie die Struktur von
Unternehmen ändert und
dadurch etwa auch die Flä-
chenanforderungen“, erläutert
Christmann. Dabei stehe die
Schnelligkeit der Digitalisie-
rung der Langfristigkeit der
Branche, in der Mietverträge
von fünf bis zehn Jahren Stan-
dard seien, entgegen.
Eine Frage sei etwa, was
passiere, wenn man nur noch
die Hälfte der Fläche brauche.
Und wie man mit der Daten-
flut umgehe, die unweigerlich
anfalle. Er kennt Fälle, da wür-
den viele Daten eingesammelt
und letztlich auf einem „digi-
talen Friedhof “ endgelagert.
Ihm sind aber auch Beispiele
bekannt, wo Unternehmen
eher auf eine Art Halbdigita-
lisierung setzten und mit den
gewonnenenDaten tatsächlich
arbeiteten. Aber auch diese
Daten müssten sicher sein.
Die Corporate Real Estate
Manager hätten dabei gegen-
über ihrenKollegen in der frei-
en Immobilienbranche einen
Vorteil, so Christmann. Denn
bei ihnen laufe alles etwas
langsamer – bedingt durch
die Entscheidungsstrukturen
in den Konzernen.
Eine Entwicklung werden
auch sie stemmenmüssen. „Der
Immobilienbestand der Unter-
nehmen wird eher zurückge-
hen“, prognostiziert Feldmann.
„In Deutschland sollen einer
Studie nach etwa 70 Prozent
der Corporate Real Estates im
eigenen Vermögen gehalten
werden, in Asien 20 bis 30 Pro-
zent. An der Börse wird es auch
nicht honoriert, wennman sich
ein eigenes Gebäude baut oder
kauft.“ Deswegen würden in
Zukunft verstärkt Leute ge-
braucht, die verkaufsaffin seien.
Aber auch sie müssten in der
täglichen Arbeit nachweisen,
dass sie Generalisten sind.
Und wie muss ein Corpo-
rate Real Estate Manager nun
gestrickt sein? „Wenn jeder
in seinem Bereich die Eigen-
tümerbrille aufsetzt, kann er
nicht viel falsch machen“, gibt
Feldmann einen Tipp.
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