Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 68

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20 JAHRE SPEZIAL
I
20 ZIELGRUPPEN
Warum ist die Immobilien-
verwaltung die Königsdiszi-
plin der gesamten Immobi-
lienbranche?
Die Immobilien­
verwaltung begleitet ein Objekt
über den gesamten Lebens­
zyklus. Immobilienverwaltung
bezieht sich auf das Objekt und
die betroffenen Menschen, der
Fokus des Verwalters liegt auf
kaufmännischen, rechtlichen,
technischen und psycholo­
gischen Fragen. Leider wird der
König oft mit dem Hausmeister
verwechselt.
Was wäre, wenn es Immobi-
lienverwaltung nicht gäbe?
Dann wäre die Nutzung
von Immobilien nicht mög-
lich.
Welchen Konsumartikel ver-
binden Sie mit Immobilien-
verwaltung?
Das Smartphone.
Das kleine Ding kann (fast)
alles.
Welche berühmte Persön-
lichkeit hat eine Eigen-
schaft, die Sie mit Verwal-
tung verbinden? Welche
Eigenschaft ist das?
Mutter Teresa. Sie hat das
Kümmergen und ist durchset­
zungsfähig.
König und Hausmeister
ASSET-ASSOZIATIONEN
Richard Kunze,
Geschäftsführer der
Kunze-Gruppe
habe ich damals übrigens auch
gespürt: Wer wirklich einen
guten Jobmachen wollte, hatte
es oft schwer, dies unter Beweis
zu stellen.“
„Denke ich an die Zeit
zurück, als mein Vater 1970
als WEG-Verwalter begann,
waren die Herausforderungen
eher darin zu sehen, dass
ein Verwalter improvisieren
musste, gab es doch kaum ir-
gendwelche Vorgaben“, geht
Jörg Schlüter, Sachverstän-
diger für WEG-Verwaltung
aus Wangerland, noch weiter
zurück. Aber auch die Eigen-
tümer seien unkomplizierter
gewesen, hätten sie doch
nicht das Google-Halbwissen
gehabt. Erinnerungen insbe-
sondere an die Pionierjahre
in den neuen Bundesländern
hat Thomas Lonsdorfer, Ge-
schäftsführer der ISA Haus-
verwaltung in Magdeburg.
Der Verwaltungsberuf habe
faktisch neu aufgebaut werden
müssen. „Bei manchen Hoch-
schulen wurde das Thema
Immobilienverwaltung unter
demBegriff ‚Hausbewirtschaf-
tung‘ bearbeitet“, meint er.
„Die Herausforderung für
die Verwaltung lag in der Bü-
roorganisation“, meint auch
Richard Kunze, Geschäfts-
führer der Kunze-Gruppe in
Worms. „Wirtschaftspläne
und anderes mussten mit der
Schreibmaschine geschrieben
werden – bei Fehlern erneut.
Korrekturmöglichkeiten gab
es erstmals mit der IBM-Ku-
gelkopf-Schreibmaschine.“
H E U T E : AN FORD E RUNG E N
WACHSEN
„In den vergange-
nen Jahren sind die Anforde-
rungen exponentiell gestie-
gen“, meint Thomas Meier.
Allerdings wüssten viele Ei-
gentümer gar nicht, wie eine
Wohneigentumsgemeinschaft
funktioniere. Und: „DerMarkt
unterstützt nach wie vor nicht
Qualität, sondern eine Preis-
politik, die es einemVerwalter
schwer macht, sich zukunfts­
orientiert aufzustellen.“
In Sachsen-Anhalt stiegen,
soThomas Lonsdorfer, immer
mehr große Immobilienunter-
nehmen in den lokalen Markt
ein und übernähmen die Be-
stände. Die Verwaltungsqua-
lität nehme dadurch rapide ab.
Die Unternehmensgröße
beschäftigt auch Richard Kun-
ze: „90 Prozent in der Branche
sind Klein- und Kleinstbe-
triebe. Die Herausforderung
für Firmeninhaber besteht
darin, sich nicht nur als Ver-
walter, sondern auch als Un-
ternehmer zu verhalten“, meint
er. Die Rentabilität werde allzu
oft durch die persönliche Aus-
beutung erreicht. Es gelte, die
eigene Leistung angemessen
zu bepreisen. „Unter den jet-
zigenUmständen ist es schwer,
Kinder zur Nachfolge zumoti-
vieren“, meint er.
Astrid Schultheis, Ge-
schäftsführerin Focus Haus-
verwaltung in Brühl und Vor-
stand beim Verband DDIV,
spricht bei den Herausforde-
rungen die Themen Personal-
suche und Digitalisierung an.
Von einer gut durchdachten
Softwarelösung, die etwa das
Schnittstellenproblem bei
der Nutzung von mehreren
Programmen (Abrechnungs-,
CRM- oder Dokumentenma-
nagementprogrammen) be-
rücksichtigt, träumen viele.
WAS WIRD SICH VERÄNDERN?
„In 20 Jahren wird der Ver-
walter Prozesse und Kommu-
nikationswege rund um die
Immobilie steuern und Ex-
perte bei Fragen der Digitali-
sierung rund um die Immo-
bilie und die beteiligten Wert-
des Faxgerätes. Die Stimmung
im Saal war eindeutig: So et-
was würdeman sich eher nicht
zulegen. Ich habe diese Bege-
benheit lange als Beleg dafür
gesehen, dass der Verwalter
in der eh schon behäbigen
Immobilienbranche diejenige
Spezies ist, die in puncto Inno-
vationsfähigkeit noch einmal
eher hinten zu sehen ist.
Inzwischen meine ich
nach Gesprächen mit manch
Innovativemmich korrigieren
zu müssen: Könnte die Ab-
lehnung des Faxgerätes nicht
auch für die weise Voraussicht
der äußerst kurzen Faxblüte-
zeit sprechen? 20 Jahre Im-
mobilienverwaltung – was hat
sich verändert?
FRÜHER WAR ALLES BESSER!?
Vor 20 Jahren, so Thomas
Meier, Geschäftsführer Pfeuf-
fer Immobilien in Nürnberg
und Präsident des Verbandes
BVI, hatte ein Verwalter noch
ein relativ unkompliziertes Le-
ben: Solange er einmal im Jahr
eine Abrechnung erstellte und
eine Versammlung organisier-
te, ließen ihn die Eigentümer
in Ruhe. „Ein bisschen verwal-
ten“, hieß es da oft, meint er.
„Die Kehrseite der Medaille
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