Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 66

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20 JAHRE SPEZIAL
I
20 ZIELGRUPPEN
Branche zudem. Beginnen
wir mit der Digitalisierung.
„Während wir in den Anfän-
gen auf denUmgangmit Lotus
und Excel stolz waren, gibt es
heute jede Menge eigener
spezialisierter Programme“,
sagt Ingo Hartlief. „Um die
Jahrtausendwende überlegte
man noch, ob ein Rendites-
prung nun aus dem Cashflow
oder aus der Wertentwicklung
kommt“, blickt Ingo Hartlief,
ehemaliger COO bei Corpus
Sireo, zurück. „Das fragt heu-
te niemand mehr. Und Jün-
gere können sich nicht mehr
DOCH WAS IST IMMOBILIEN-
P O R T F O L I OMA N AG E M E N T ?
Unisono wird auf den Wirt-
schaftswissenschaftler Harry
Markowitz verwiesen. Er ana-
lysierte, wie sichDiversifikation
auf das Risikounddiemögliche
Rendite einesGesamtportfolios
auswirkt. Allerdings bezog er
sich auf den Finanzsektor. Da
geht es umWertpapiere, jedoch
nicht um Gebäude.
Und so wurde klar: Eins
zu eins lässt sich das nicht
übernehmen. „Erfolgreiches
Immobilien-Portfoliomanage-
ment setzt insbesondere zwei
Dinge voraus: Kenntnis und
Erfahrung“, sagt Peret Berg-
mann, Geschäftsführer der
Patrizia WohnInvest. Die fal-
len jedoch nicht vomHimmel.
Daher zurück zur Zeitrei-
se: In den zurückliegenden 20
Jahren mutierte die Immobilie
vom Gebäude, das man be-
sitzt, zum handelbaren Gut,
zur Ware. Dominierte am
Anfang fast ausschließlich die
Devise „Buy and hold“, so ging
es schon bald nach demMotto
„Buy and sell“ zu. Nach und
nach entwickelte sich das, was
heute völlig selbstverständlich
ist: Es wird nicht mehr nur
vomProjektentwickler gekauft,
Transaktionenfinden zwischen
Investmentmanagern unterei-
nander statt. Je nach Strategie,
Liquidität und eben auch Port-
folien werden Kauf- und Ver-
kaufsentscheidungen gefällt.
Und manchmal werden auch
ganze Portfolien gehandelt.
Die Internationalisierung
und der Einfluss der Digi-
talisierung veränderten die
vorstellen, wie sehr seinerzeit
Cashflow-Simulationen noch
etwas Besonderes waren, das
Kunden mitunter vom Wech-
sel zu Mitbewerbern abhielt.“
Tim Brückner, Managing
Director bei Corpus Sireo,
kennt die alten Zeiten in der
Immobilienwirtschaft nur aus
Erzählungen. Er hat genau vor
20 Jahren Abitur gemacht. Re-
porting und Softwarelösungen
sind für ihn selbstverständlich,
unternehmensübergreifende
Standards in der Datenverar-
beitung auch. Er verweist auf
einen anderen Nutzen, den
Software bietet: „Auch Simu-
lationen lassen sich durchspie-
len. Das führt zur Verhinde-
rung von Blödsinn.“
Seit einigen Jahren spielt
Internationalisierung eine
Rolle. Beim Transaktionsvo-
lumen liegt inzwischen der
Auslandsanteil von deutschen
Immobilien bei rund 50 Pro-
zent. „Besonders die großen
Paketverkäufe trugen durch
die hohen Anforderungen
beim Reporting extrem zur
Transparenz des deutschen
Marktes bei. Vor allem die
US-Amerikaner wollten jede
Menge wissen“, denkt Hartlief
zurück. Bei Portfolien wurden
Daten nachgefragt, die vorher
nur ansatzweise erfasst waren.
BEEINFLUSSUNG DURCH DIE
FINANZWELT
Aber auch etwas
anderes änderte sich. Die Im-
mobilienbranche wurde im-
mer mehr von der Finanzwelt
und dort besonders vom In-
vestment Banking beeinflusst.
Themen wie Fremdkapital,
Verbriefungen, Begriffe wie
Asset und Share Deal nahmen
zu. Das geht Hand in Handmit
derwachsendenBedeutung der
Immobilie als handelbares Gut.
Mario Schüttauf vonCommerz
Real ist Manager des Offenen
„Simulationen
lassen sich
durchspielen.
Das führt zur
Verhinderung
von Blödsinn.“
Tim Brückner,
Managing Director
bei Corpus Sireo
Warum ist das Portfolio
management die Königs-
klasse für die Immobilien-
branche?
Weil es aus sehr
bodenständigen, selten „sexy“
gelegenen Gebäuden noch
Potenziale heben kann.
Was wäre, wenn es Portfo­
lio
management nicht gäbe?
Man müsste es erfinden – ein
Portfolio nicht aktiv zu mana­
gen, ist wie Omas Sparstrumpf:
Das Geldvermögen wächst
nicht aus sich heraus. Da muss
man schon mit arbeiten.
Welchen Konsumartikel
verbinden Sie mit Portfo-
liomanagement?
Äpfel und
Birnen – die vergleichen wir
hier ständig miteinander. Wir
müssen unterschiedlichste Ein­
zelgebäude in einer einzigen
Portfoliostrategie unterbringen.
Welche berühmte Persön-
lichkeit hat eine Eigen-
schaft, die Sie mit Portfoli-
omanagement verbinden?
Zur Kunst im vordergründig
Langweiligen etwas Ertrag­
reiches zu erkennen fällt mir
Steve Jobs ein: Er hat aus
grauen Arbeitsrechnern bunte
Lifestyle-Produkte gemacht
und Smartphones zu einem
Must-have.
Erträge aus dem Langweiligen
ASSET-ASSOZIATIONEN
Ingo Hartlief,
bis Juli COO der Corpus Sireo Real Estate
GmbH und bekennender Portfoliomanager
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