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9.2017
rungsträger Stadtbau Freiberg
vereint, allerdings nicht ohne
Hürden, die zwischenzeitlich
zu einer 49-prozentigen Be-
teiligung der Bauverein AG
aus Darmstadt führten. Deren
Anteile konnten 2016 zurück-
erworben werden.
LAUT ZENSUS
2011 befanden
sich von den rund 40 Millio-
nen Wohnungen in Deutsch-
land 4,5 Millionen Einheiten
im Besitz von Kommunen
oder kommunalen Unter-
nehmen, etwas mehr als von
Genossenschaften und auch
privatwirtschaftlichen Unter-
nehmen. Allein die im GdW
organisierten Wohnungsun-
ternehmen haben im Jahr
2016 13,8 Milliarden Euro in
die Bewirtschaftung und den
Neubau von Wohnungen in-
vestiert. Die Unternehmen
unterscheiden sich inAktions-
feldern und Ausrichtungen.
Schauen wir in einige Städte:
FREIBURG:
Die Freiburger
Stadtbau GmbH (FSB) steht
im Verbund mit der Kommu-
nalbauten GmbH & Co. KG,
der Regio Bäder GmbH und
der neu gegründeten Freibur-
ger Stadtimmobilien GmbH
& Co. KG. 2017 sollen 75
Bedarf an Sozialwohnungen
und an neuen Wohnungen
insgesamt könne so nicht ge-
deckt werden. Bundesweit
werden inzwischen Sonder-
bauprogramme aufgelegt,
Fördermittel bereitgestellt,
Kooperationsvereinbarungen
geschlossen – und immer ist
die öffentliche Hand mit im
Spiel. Die Wohnungsunter-
nehmen imöffentlichen Besitz
sind die ersten Adressaten, um
alles umzusetzen.
DER WOHNRAUMVERSORGUNG
als Teil der Daseinsvorsor-
ge widmen sich kommunale
Wohnungsunternehmen seit
über 100 Jahren. Das älteste
entstand schon 1856 in Heil-
bronn, angestoßen durch den
Papierfabrikanten Adolph von
Rauch. Bald beteiligte sich die
Stadt an dem Wohnungsver-
ein, und schließlich fusionier
ten verschiedene Vereine
und Genossenschaften zur
heutigen Stadtsiedlung Heil-
bronn GmbH. Einige weitere
Gründungen gehen noch auf
das 19. Jahrhundert zurück
wie die GEBAG, die als Duis
burger Gemeinnützige Bau-
gesellschaft AG 1872 begann,
oder die ABG Frankfurt Hol-
ding GmbH, 1890 entstanden
als Aktienbaugesellschaft für
kleine Wohnungen.
Die meisten Wohnungs-
baugesellschaften wurden erst
nach dem Ersten Weltkrieg
gebildet, so die Freiburger
Stadtbau 1919 oder die SAGA
Hamburg 1922, inzwischen
größte kommunale Woh-
nungsgesellschaft in Deutsch-
land. Um den drückenden
Mangel an guten preiswerten
Wohnungen zu beheben,
wurden damals die Mieten als
„Friedensmieten“ auf das Ni-
veau von vor dem Krieg ein-
gefroren, imGegenzug zahlten
»
die Mieter, die es sich leisten
konnten, eine „Hauszinssteu-
er“. Dieses Geld sollte den
Wohnungsbaugesellschaften
zukommen, wenn sie die Vor-
bedingungen der „Gemein-
nützigkeit“ erfüllten, u. a. der
Bauverpflichtung nachkamen
und Kostenmieten einhielten.
Die Gemeinnützigkeit wurde
in Westdeutschland erst 1988
aufgehoben, was zum Verkauf
vieler Wohnungsbestände am
Kapitalmarkt führte. In der
DDR war die Wohnungswirt-
schaft zentral gesteuert, und
kommunale Wohnungsunter-
nehmen wurden erst nach der
Wende neu gebildet, jedoch oft
im Rückgriff auf historische
Wurzeln wie in Leipzig ab
1924. 1990 übernahmdie LWB
die städtischen Wohnungen
von der „VEB Gebäudewirt-
schaft Leipzig“, darunter auch
das Prestigeobjekt „Wintergar-
tenhochhaus“ mit 32 Geschos-
sen und 95 Meter Höhe, über-
ragt vomLogo derMesse Leip-
zig. In Freiberg/Sachsenwurde
1992 die SWG gebildet und
mit dem städtischen Sanie-
Warum ist das Segment der
kommunalen Wohnungsun-
ternehmen die Königsklasse
für die gesamte Immobi-
lienbranche?
Ganz einfach:
Nirgendwo sonst trifft die Im
mobilienbranche gleicherma
ßen so intensiv auf Städtebau,
Soziales und Ökologie – und all
das noch mit ökonomischen
Herausforderungen zusammen
zubringen erfordert besonders
vielseitige und kluge Köpfe …
Was wäre, wenn es kom-
munale Wohnungsunter-
nehmen nicht gäbe?
Dann
wäre Wohnen ein Luxusgut,
Wohnhäuser Spekulations
objekte und die Wohnung kein
Zuhause mehr.
Welchen Konsumartikel
verbinden Sie mit den kom-
munalen Wohnungsunter-
nehmen?
Schokolade: macht
Freude, hebt das Wohlbefin
den, jeder mag sie und kann
sie sich auch leisten.
Welche berühmte Persön-
lichkeit hat eine Eigen-
schaft, die Sie kommunalen
Wohnungsunternehmen
zuschreiben?
Mahatma
Gandhi – er haderte mit
seiner Schüchternheit, bevor
er die Welt veränderte. So
geht’s auch den kommunalen
Wohnungsunternehmen: früher
oft belächelt und jetzt die zen
tralen Akteure für Wohlfühlen
in den Städten.
Zentrale Wohlfühlakteure
ASSET-ASSOZIATIONEN
Bernd Wortmeyer,
Geschäftsführer GEBAG Duisburg
Milliarden Euro
haben die im GdW
organisierten Woh-
nungsunternehmen
im Jahr 2016 in die
Bewirtschaftung und
den Neubau von Woh-
nungen investiert.
(Erhebung des GdW)
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Foto: Bettina Osswald