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20 JAHRE SPEZIAL
I
20 ZIELGRUPPEN
Warum ist das Segment der
Immobilienbewertung die
Königsklasse?
Welches sonst
beherrscht die Symbiose von
Ökonomie und Wissenschaft
in Verbindung mit Analyse,
Würdigung, Intuition und
Neutralität?
Was wäre, wenn es keine
Sachverständigen für Immo-
bilienbewertung gäbe?
Bei
allen spannenden Themen, wie
Digitalisierung, Big Data und
künstlicher Intelligenz, würde
die menschliche Komponente
fehlen. Nicht die Sache gibt
den Dingen ihren Wert, son-
dern der Mensch tut das.
Welchen Konsumartikel
verbinden Sie mit der
Sachverständigenbranche?
Sicherheitsschuhe. Weil ich sie
nie dabeihabe, wenn ich sie
brauche – aber sonst liegen sie
immer im Auto rum.
Welche berühmte Persön-
lichkeit hat eine Eigen-
schaft, die Sie mit der
Immobilienbewertung
verbinden?
Albert Einstein. Er
war immer neugierig.
Brigitte Adam, Geschäftsführende Gesellschafterin
von ENA Experts und Leiterin der gif-Kompetenzgruppe
Immobilienbewertung
ASSET-ASSOZIATIONEN
Wertgeber Mensch
dieWertermittlung relevanten
Daten erhalten Sachverständi-
ge seit 1960 von den amtlichen
Gutachterausschüssen. Bis
heute fehlt jedoch für die ins-
gesamt rund 1.200 Gutachter-
ausschüsse ein verbindlicher
einheitlicher Standard.
DIE 2010 EINGEFÜHRTE
Im-
mobilienwertermittlungsver-
ordnung (ImmoWertV) und
die nachfolgend angepassten
Wertermittlungsrichtlinien
stellen jedoch stark auf die
Modellkonformität ab. Für
die Wertermittlung bedeutet
dies, dass der Bewerter sich in
oder bilanziellen Zwecken
oder auch die Bewertung von
Immobilienportfolios. Die tra-
ditionellen Bewertungen von
Immobilien, wie sie in bilanz-
technischen Vorschriften und
dem Bilanzverhalten vorka-
men, orientierten sich stark
an denHerstellungskosten, die
im Laufe der Zeit abgeschrie-
ben werden. Die Sachverstän-
digen kamen daher zunächst
meist aus den Reihen der Ar-
chitekten und Bauingenieure.
Mit der zunehmenden Inter-
nationalisierung der Immobi-
lienmärkte und der steigenden
Bedeutung von Immobilien als
Investitionsgütern rückte der
mit ihnen erzielbare Ertrag
stärker in den Fokus. Die öko-
nomische Sichtweise gewann
an Einfluss.
INSBESONDERE
in der Boom
phase vor der Immobilienkrise
verlor die Buy-and-hold-Stra-
tegie für institutionelle Inves
toren an Bedeutung. Große
Immobilienportfolios wurden
häufig nicht mehr für den
langfristigen Bestand, son-
dern als Spekulationsobjekte
erworben. ImHinblick auf die
stetig steigenden Kaufpreise,
die vor allem ausländische In-
vestoren zahlten, brandete in
der Bewerter-Landschaft eine
heftige Auseinandersetzung
über die „richtige“ Methode
der Wertermittlung auf, die
in der Krise der Offenen Im-
mobilienfonds ab 2009 und
bei der missverständlich for-
mulierten Begründung zur
Immobilienwertermittlungs-
verordnung (ImmoWertV)
2010 wieder aufflackerte. Im
Kern standen sich die deutsche
Orientierung amnachhaltigen
Wert und die angelsächsisch
geprägte Gleichsetzung von
Marktwert und gezahlten
Kaufpreisen gegenüber. Der
in § 194 Baugesetzbuch defi-
nierte Marktwert stellt auf die
Stichtagsbezogenheit und den
gewöhnlichen Geschäftsver-
kehr ab. Es handelt sich um
einen objektivierten Wert, der
für die zu bewertende Immo-
bilie am wahrscheinlichsten
am Markt zu erzielen wäre.
Er setzt kundige Partner, ei-
nen funktionierenden Markt
ohne Krisen und das Fehlen
jeglicher persönlicher Inte-
ressen voraus. Hier wird der
Unterschied zum erzielbaren
Preis deutlich, der das eher
zufällige Ergebnis von Ver-
handlungen darstellt. Die für
das verwendete Modell einar-
beiten und die in seinem Gut-
achten verwendeten Daten an
diesem ausrichten muss. „Die
Rolle der Gutachterausschüsse
wird in Zukunft bedeutsamer
werden. Sie müssen dazu
ihre Ergebnisse bundesweit
vergleichbarer machen und
die gute örtliche Fachkom-
petenz mit überregionaler
Marktbeobachtung noch bes-
ser verknüpfen. Sie müssen
den fachlichen Diskurs mit
allen Akteuren der Markt-
beobachtung und Immobili-
enbewertung intensivieren,
um aktuelle fachliche und
technische Entwicklungen zu
integrieren. Die Veröffent-
lichungen müssen aktuell,
schnell und einfach versteh-
bar sein; sie müssen sich den
aktuellen, durch das Internet
getriebenen Anforderungen
anpassen“, fordert Peter Ache,
Leiter der Geschäftsstelle des
Oberen Gutachterausschusses
für Grundstückswerte in Nie-
dersachsen.
NEBEN DEN
von den Gutach-
terausschüssen bereitgestellten
Daten benötigen Sachverstän-
dige aktuelle Daten zur Situ-
ation der Grundstücksmärk
te, Transaktionsdaten und
Kenntnisse der rechtlichen
und ökonomischen Rahmen-
bedingungen. Die Fähigkeit,
größere Datenmengen zeitnah
zu analysieren, zu verdichten
und für die Wertermittlung zu
nutzen, wird sich damit auch
im Sachverständigenwesen
zum entscheidenden Wett-
bewerbsfaktor entwickeln.
„Digitalisierung und Auto-
matisierung werden das Um-
feld bis 2025/2030 verändern.
Wer Big Data generieren und
Smart Data auslesen kann, ist
imVorteil. Die nicht digital re-
plizierbare humane Analyse-,