Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 46

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20 JAHRE SPEZIAL
I
20 ZIELGRUPPEN
G
ewerbemakler fielen bei
der Gesellschaft für deut-
sche Sprache durch. Sie
dealen, pitchen und repor-
ten, was das Zeug hält. Dabei
stehen die Anglizismen nicht
etwa für überbordenden Stan-
desdünkel, sondern sie sind
Ausdruck eines tiefgreifenden
Strukturwandels. Die Branche
globalisierte sich – und die
Maklerhäuser mit ihr. „Ohne
weltweite Netzwerke werden
Immobilienvermittler heute
zu großen Pitches gar nicht
erst eingeladen“, sagt Comfort-
Mitgründer Matthias Bechtle.
Comfort hat als mittelstän-
discher Handelsspezialist eine
Kooperation mit Cushman &
Wakefield für die Vermietung
deutscher Einzelhandelsim-
mobilien geschlossen.
TRANSPARENZ STATT DATEN-
HOHEIT
„Es ist keine 20 Jahre
her, da konnten angloame-
rikanische Makler Ladenge-
suche von Händlern aus ihren
Heimatländern hierzulande
Vor 20 Jahren waren Immobilienvermittler Makler. Mit den auslän-
dischen Investoren professionalisierte sich die Branche. Das machte
Makler zu Beratern. So weit zum Selbstbild. Nun zu den Fakten.
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GEWERBE-
MAKLER
Der pure Gewerbemakler ist Fiktion
Präsentiert von
Rahel Willhardt
kaum bedienen. Ihnen fehl-
ten schlicht die Marktkennt-
nisse. Es dauerte ein Jahr, bis
die Exklusivverträge wegen
Nicht-Erfüllung ausliefen,
dann übernahmen wir“, er-
innert Bechtle sich an Zeiten,
wo Rena Kemper, City Jung,
Brockhoff, die Müller Gruppe
und Comfort die Ladenver-
mietungen weitgehend unter
sich ausmachten. Dabei hüte-
te man das jahrelang systema-
tisch erworbene Wissen über
Mietverträge, Eigentümer und
bis auf die Hausnummer ge-
nau definierte Lagequalitäten
wie seinen Augapfel. Richtig
Fuß fassten die Big Player im
Retailsegment erst, als JLL
(damals Jones Lang Wootton)
2008 Marktführer Kemper‘s
übernahm, und mit ihm sein
Know-how.
1988 erschien der erste struk-
turierte Überblick über die
wichtigsten Standorte. Jahre
zuvor hatten sie die Britin
Wendy Thomsen angeheuert.
Sie leistete immobilienwirt-
schaftliche Entwicklungshil-
fe. Auf der Insel pflegte die
Vermittlerzunft schon längst
firmenübergreifend den kol-
legialen Austausch, veröffent-
lichte Reports und konnte auf
eine versierte Fachpresse zu-
rückgreifen.
Hierzulande war das Ge-
schäft diskret: Die Märkte
waren regional abgeschottet,
Großstädte meist in der Hand
von Lokalmatadoren, deren
Netzwerke bestimmten, wer
bei Projekten zum Zuge kam,
erinnert sich Thomsen in der
JLL-Broschüre „40 Jahre Ge-
werbeimmobilienmarkt“.
SIEGESZUG DES REPORTINGS
In
den 90ern boomte das Repor-
ting. Angeschoben vom Bau-
hype der Wiedervereinigung
wurde bis in die C-Städte hi-
nein alles beschrieben. Über
die Güte der frühen Berichte
lässt sich streiten, stimmten
viele doch unkritisch in die
Ost-Euphorie ein, wie der
langjährige Immobilienjour-
„Früher wollte
man den best-
möglichen Deal
abschließen.
Heute vertritt
die vermittelnde
Innung zuneh-
mend häufiger
nur noch die
Interessen ihres
Auftraggebers.“
Matthias Bechtle,
Comfort-Mitgründer
und Gesellschafter
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