Immobilienwirtschaft 2/2017 - page 50

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
diese kostengünstig und langlebig in das Stadtbild integrieren
können, ohne dieses zu zerstören. Nanosensoren können dabei
ebenfalls hilfreich sein, wobei de facto bereits konventionelle
Sensortechnologien ausreichen würden.
Momentane Inhibitoren sinddieVersicherungswirtschaftund
einige ungeklärte rechtliche Situationen, die aber proaktiv disku-
tiert werden. Auch dass sich aktuell der unabhängige Ethikrat mit
der Festlegung der Algorithmen für den Individualverkehr befasst
und das Bundesverkehrsministerium noch in diesem Jahr eine
„innovationsfreundliche Änderung des Straßenverkehrsgesetzes“
(Dobrindt) auf den Weg bringen will, lässt hoffen, dass hierbei
der formale Rahmen in Kürze abgesteckt sein wird. Wir sind zu-
versichtlich, dass sich dafür Lösungen finden werden.
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – AUTOMATISIERUNG & MEHR
Künst-
liche Intelligenz wird oftmals mit programmatischer Methodik
gleichgesetzt, jedoch inkludiert sie ebenso Forschungsbestre-
bungen im Bereich der Synthetischen Biologie. Um jedoch das
Themengebiet verständlich einzuschränken, fokussieren sich un-
sere Erörterungen auf Methoden des Machine Learning. Trotz
vieler Applikationen wie Apples Siri, Microsofts Cortana, Goo-
gles OK Google und Amazons Echo haben wir bis dato stets den
Unterschied zwischen menschlicher und computergesteuerter
Unterstützung bemerkt. Künstliche Intelligenz hat nun jedoch
den Entwicklungsstand, dass sie weitaus mehr liefern könnte,
wenn wir es zuließen. Dies bedeutet aber, dass man ihr mehr
Daten verfügbar machenmüsste. Fraglich ist nur, ob, wie und vor
allem in welchem Umfang man Informationen mit dem System
teilen möchte. Da die meisten Immobilienunternehmen kaum –
zumindest derzeit – ihre eigene künstliche Intelligenz entwickeln
würden, müssten sie auf externe Dienstleister zurückgreifen und
mit diesen ihre mehr oder weniger sensiblen Daten teilen.
In aller Regel handelt es sich bei den relevanten Daten aber
nur vordergründig umwirklich sensible Daten. Zahlreiche direkt
oder auch indirekt mit der Immobilie verknüpfte Basisinformati-
onen (Eigentümer, Mietpreis, Flächenanteile, Energiekosten etc.)
können, obgleich sie in ihrem Aussagegehalt völlig unproblema-
tisch sind, oft nur mühsam generiert werden. Solche Informati-
onen könnten aber problemlos z.B. über einen Chip imGebäude
(IoT) dem jeweiligen Interessentenkreis (bzw. deren Systemen)
zur Verfügung gestellt werden und somit die Markttransparenz
erheblich erhöhen. Klassische immobilienbezogene Marktdaten
existieren ohnedies zumeist schon über Unternehmensgrenzen
hinaus. Lediglich ihre unkomplizierte Verfügbarkeit, d.h. der
problemlose Zugang, wird aufgrund von Partikularinteressen
oft bewusst behindert, da die Geschäftsmodelle einiger Markt-
teilnehmer primär auf dieser Informationsasymmetrie basieren
und dadurch Arbitragegewinne ermöglichen.
Auch deshalb prognostizieren wir, dass sich die flächende-
ckende Nutzung von künstlicher Intelligenz in naher Zukunft
noch nicht auf alle Branchensegmente erstrecken wird, wenn-
gleich dies technologisch schon recht umfassend und sinnvoll
möglich wäre. Auch hierbei müssen noch ein paar Fragestel-
lungen hinsichtlichDatensicherheit und -speicherung zufrieden-
stellend geklärt werden, was jedoch mit ein wenig gutemWillen
problemlos zu überwinden ist.
CONCLUSIO
Es lässt sich konstatieren, dass ein Gros der vorge-
stellten Technologien aus der Publikation des Weltwirtschafts-
forums langfristige Auswirkungen auf die Immobilienbranche
haben wird. Kurzfristig müssen jedoch noch viele Akteure einen
Innovationslag (von z. T. mehreren Jahren) aufholen. Dazu zählen
die standardisierte Datenerhebung und -speicherung innerhalb
des Unternehmens, vermehrte Transparenz bzw. der Datenaus-
tausch von nicht-vertraulichenDatenmit anderenUnternehmen
und die längst überfällige digitale Transformation. Smart Home
und Smart City sind für viele Marktteilnehmer noch immer Sy-
nonyme für unterhaltsame Beiträge akademischer Referenten auf
Immobilienkonferenzen, die mit exotischen Bildprojektionen
untermalt werden. Die heute schon mögliche Übertragung auf
bestehende Lebensräume fällt vielen nach wie vor schwer. Sobald
aber die ersten Player das große ökonomische und ökologische
Potenzial erkannt haben, das die hier behandelten Technologien
bergen, wird die Eigendynamik erheblich sein.
Der angesprochene Innovationslag wird zögerlichen Unter-
nehmen möglicherweise zum Verhängnis werden, da sich diese
Technologien aufgrund ihrer Überlegenheit letztendlich durch-
setzen werden. Sie bieten mehr Effizienz, geringere Kosten, Pla-
nungssicherheit und die Erschließung gänzlich neuer Märkte,
die dann ebenso von neuen Marktteilnehmern bedient werden
können. Vorausschauende Unternehmenmüssen sichmit diesen
Themen auseinandersetzen, um nicht redundant zu werden. Die
Devise lautet: „Survival of the Most Innovative”! Vielleicht wäre
die Gründung einer kompetenzübergreifenden Innovationstask-
force ein Schritt in die richtige Richtung. In diesem Sinne wün-
schen wir Ihnen viel Kreativität und gute Ideen.
AUTOREN
Heike
Gündling
COO bei Architrave
und ehemaliger
COO der Bilfinger
Real Estate GmbH
in Frankfurt
Viktor Weber
Gründer des
Future Real
Estate Institute,
Kontakt: contact@
fre-institute.com
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Heike Gündling und Viktor Weber
Foto: chombosan/shutterstock.com
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