Immobilienwirtschaft 2/2017 - page 40

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Teilungserklärung enthält die Bestimmung, dass der Verwalter die Jahresab-
rechnung sechs Monate nach Ablauf des Abrechnungsjahrs zu erstellen hat. Anfang Juni
kam es zu einemVerwalterwechsel. Ein Eigentümer hatte ihn im Juli gerichtlich auf Ab-
rechnungserstellung inAnspruch genommen. Seine Klagemusste freilich scheitern. Hier
war maßgeblich, dass der neue Verwalter erst kurz vor Fälligkeit der Abrechnungspflicht
überhaupt mit dem Verwalteramt betraut wurde. Weiterhin hatte er die erforderlichen
Unterlagen vom Vorverwalter erst Ende Oktober vollständig erhalten. Die Erstellung
war ihm im Zeitpunkt der Klageerhebung folglich noch gar nicht möglich.
FAZIT:
Jeder Eigentümer hat gegen den Verwalter einen Individualanspruch auf Er-
stellung der Jahresabrechnung. Dies ist lediglich ausnahmsweise nicht der Fall, wenn
die Eigentümer beschlossen haben, auf eine Abrechnungserstellung zu verzichten. An-
spruchsgegner ist stets der zum Zeitpunkt der Fälligkeit amtierende Verwalter. Es be-
darf in diesem Zusammenhang freilich keiner Diskussion darüber, dass sich ein neuer
Verwalter in die Gemeinschaft erst „einarbeiten“ muss.
JAHRESABRECHNUNG
Individualanspruch
und Verwalterwechsel
Erstellung der Jahresabrechnung: Er-
folgt kurz vor dem Fälligkeitszeitpunkt
ein Verwalterwechsel und kann der
neue Verwalter ohne sein Verschulden
– insbesondere, weil ihm noch keine
Verwaltungsunterlagen vorliegen –
die Abrechnung nicht erstellen, ist der
Anspruch des Eigentümers ausge-
schlossen.
LG Landau, Beschluss v. 01.09.2016, 3 S 26/16
FAKTEN:
ImHobbyraumderWohnung einer Eigentümerinwar es zu einemWasserschaden
gekommen, dessen Kosten die Gebäudeversicherung gegenüber dem Verwalter ausglich.
Der Verwalter erklärte gegen den Anspruch der Eigentümerin auf Auszahlung der Versi-
cherungsleistung die Aufrechnung mit rückständigen Hausgeldansprüchen in Höhe der
Versicherungsleistung. Die Eigentümerin hatte inzwischen die Wohnung auf ihre Kinder
übertragen. Diese verlangen das Geld von der Gemeinschaft zurück – allerdings erfolglos.
Schließt eine Eigentümergemeinschaft für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversiche-
rung ab, ist sie auch Versicherungsnehmerin. Versicherte sind die einzelnen Eigentümer.
Die Eigentümergemeinschaft ist aufgrund des zwischen ihr und den Eigentümern beste-
hendenTreuhandverhältnisses verpflichtet, dieVersicherungsleistung an diejenige Person
auszuzahlen, der sie nach den versicherungsvertraglichen Regeln zusteht. Dies sind aller-
dings nicht die Kinder. Der Zeitpunkt des Wasserschadens ist der maßgebliche Zeitpunkt
für die Inhaberschaft des Anspruchs gegen die Versicherung.
FAZIT:
Der Entscheidung ist zuzustimmen.
VERSICHERUNG
AUF FREMDE RECHNUNG
Gebäudeversicherung
und Sondereigentum
Erbringt die Gebäudeversicherung zur
Regulierung eines Schadens am Son-
dereigentum eine Versicherungsleis­
tung und ist die Eigentumswohnung
nach Eintritt des Versicherungsfalls
veräußert worden, steht der Anspruch
darauf grundsätzlich dem Veräußerer
und nicht dem Erwerber zu.
BGH, Urteil v. 16.09.2016, V ZR 29/16
FAKTEN:
Die Eigentümerversammlung beschloss, einenNotar damit zu beauftragen, eine
Änderung der Teilungserklärung zu entwerfen. Diesen Beschluss focht ein Eigentümer
an. Zu Recht, so das Gericht. Gegenstände, die nur durch eine Vereinbarung geregelt
werden können, können einer Beschlussfassung nicht unterworfenwerden. Konsequen-
terweise sind damit auch Beschlüsse nichtig, die bestehende Vereinbarungen abändern.
FAZIT:
Fälle wie der entschiedene sind in der Verwalterpraxis häufig. Sollen Teilungser-
klärung oder Gemeinschaftsordnung geändert werden und existiert keine Öffnungsklau-
sel, ist eine Vereinbarung erforderlich. Soll diese ÄnderungsvereinbarungWirkung auch
gegen Rechtsnachfolger der Eigentümer entfalten, was wohl stets im Interesse sämtlicher
Eigentümer sein dürfte, muss sie ins Grundbuch eingetragen werden, weshalb es der
Mitwirkung eines Notars bedarf. Die Beauftragung des Notars ist selbstverständlich mit
Kosten verbunden. Der Gang zumNotar ändert die Gemeinschaftsordnung noch nicht,
doch auch für Vorbereitungsbeschlüsse besteht keine Beschlusskompetenz.
MANGELNDE BESCHLUSSKOMPETENZ
Beschluss zu Änderung der
Teilungserklärung ist nichtig
Der Beschluss der Eigentümerver-
sammlung, eine Notarkanzlei mit
dem Entwurf einer Änderung der
Teilungserklärung zu beauftragen und
die Kosten hierfür der Gemeinschaft
aufzubürden, ist mangels Beschluss-
kompetenz nichtig.
AG Kassel, Urteil v. 09.06.2016, 800 C 5349/15
1...,30,31,32,33,34,35,36,37,38,39 41,42,43,44,45,46,47,48,49,50,...76
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