Immobilienwirtschaft 2/2017 - page 43

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2.2017
FAKTEN:
Der Gläubiger betreibt gegen den Mieter einer Wohnung die Zwangsvollstre-
ckung. In der abzugebenden Vermögensauskunft gab der Mieter an, dass er arbeitslos
sei und Arbeitslosengeld nach dem SGB II beziehe, auch Leistungen für Unterkunft
und Heizung. Eventuelle Rückzahlungen aus der Betriebskostenabrechnung würden
an das Jobcenter gezahlt. Der Gläubiger erachtet diese Angaben als unvollständig; er
will insbesondere den Namen des Vermieters wissen, um eventuelle Rückforderungs-
ansprüche aus der Betriebskostenabrechnung pfänden zu können. Das Gericht sagt hier
jedoch Nein. Werden die Kosten für die Unterkunft vom Jobcenter getragen, stehen die
Rückzahlungen dem Jobcenter zu. Somit mindern sich die Leistungen des Folgemonats
an den Mieter. Die genannten Forderungen sind damit kraft Gesetzes unpfändbar.
FAZIT:
Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer Vermögensauskunft verlangen,
wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges Verzeichnis vorgelegt
hat. Steht allerdings die Unpfändbarkeit einer Forderung von vornherein fest, fehlt das
Rechtsschutzbedürfnis. So liegen die Dinge in Fällen der vorliegenden Art.
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
«
AUS BETRIEBSKOSTENABRECHNUNG
Ist das Mieter-Guthaben
pfändbar?
Einem Verlangen auf Nachbesse-
rung einer Vermögensauskunft fehlt
das Rechtsschutzbedürfnis, wenn
der Gläubiger Auskunft über Erstat-
tungsforderungen für Betriebskosten
verlangt, die der Sozialhilfeträger an
den Vermieter des Schuldners geleis­
tet hat. Diese Ansprüche unterliegen
nicht der Pfändung.
BGH, Beschluss v. 03.03.2016, I ZB 74/15
FAKTEN:
Der Vermieter hat das Wohnraummietverhältnis gekündigt, da die Wohnung
„dringend“ für seine Mutter benötigt werde. Die Mieterin hat den Eigenbedarf bestritten.
Die Räumungsklage wurde durch einen Prozessvergleich beendet. Die Mieterin zog aus.
DieMutter des Vermieters hat dieWohnung nicht bezogen. Sie ist inzwischen verstorben.
Die Mieterin nimmt den Vermieter auf Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung
in Anspruch. Die Mutter des Vermieters habe nicht die Absicht gehabt, ihre bisherige
Wohnung aufzugeben. Die von der Mieterin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hatte
Erfolg. Der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs setzt voraus, dass ein konkretes Interesse
an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht. Von einer unzulässigen Vorratskündigung ist
auch dann auszugehen, wenn der Nutzungswunsch des Begünstigten noch unbestimmt
ist. Eine unzulässige Vorratskündigung verpflichtet den Vermieter zum Schadensersatz.
FAZIT:
Zugunsten des Mieters gilt hier eine Beweiserleichterung. Der Vermieter muss
plausibel darlegen, aus welchemGrund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf
nachträglich entfallen sein soll.
KÜNDIGUNG WEGEN EIGENBEDARFS
Unzulässigkeit der
„Vorratskündigung“
Für eine Kündigung wegen Eigenbe-
darfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB
reicht eine so genannte Vorratskün-
digung, der ein gegenwärtig noch
nicht absehbarer Nutzungswunsch der
Eigenbedarfsperson zugrunde liegt,
nicht aus. Vielmehr muss sich der
Nutzungswunsch „verdichtet“ haben.
BGH, Urteil vom 11.10.2016 – VIII ZR 300/15
FAKTEN:
Der Eigentümer einer Immobilie vermietete sie und räumte demMieter später
in einem Vertrag ein Ankaufsrecht an dem noch zu vermessenden Teilgrundstück, auf
dem sich das Gebäude befindet, ein. Das Recht wurde notariell beurkundet. Auf die Be-
stellung einer Auflassungsvormerkung wurde verzichtet. Eintragungen ins Grundbuch
zugunsten des Mieters erfolgten nicht. Die Immobilie wurde verkauft. Der BGH ver-
neinte die Frage, ob ein vereinbartes Ankaufsrecht desMieters imFalle der Veräußerung
der Mietsache auch dem neuen Eigentümer gegenüber gilt. Der Erwerber tritt nicht in
Rechte und Pflichten ein, die außerhalb des Mietverhältnisses liegen, selbst wenn sie als
zusätzliche Vereinbarung im Mietvertrag geregelt sind.
FAZIT:
§ 566 BGB, wonach ein neuer Eigentümer die bestehendenmietrechtlichen Rege-
lungen mit dem Mieter beachten muss, erfasst nur solche Rechte und Pflichten, die als
mietrechtlich zu qualifizieren sind. Denn die Vorschrift soll denMieter vor Verdrängung
aus dem Mietverhältnis schützen. Das Ankaufsrecht gehört nicht dazu.
VERÄUSSERUNG DER MIETSACHE
Welche Rechte und Pflichten
gehen auf den Erwerber über?
Der Erwerber eines gewerblich ver-
mieteten Grundstücks tritt nicht kraft
Gesetzes in ein zwischen dem Veräu-
ßerer und dem Mieter vereinbartes
Ankaufsrecht ein.
BGH, Urteil vom 12.10.2016 – XII ZR 9/15
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