Immobilienwirtschaft 4/2017 - page 40

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
NEW BUSINESS
unzufriedene Kunden, lange Liegezeiten,
unzureichende Problemlösung durch die
Verwaltung, noch unzufriedenere Kun-
den. Ein Teufelskreis.
Dabei sind 80 Prozent der Anfragen
gleichartig. Bei einem undichten Fens­
ter, Strom- oder Wasserausfall wird der
Handwerker geschickt. Bei Schlüsselver-
lust muss das Schloss ausgetauscht wer-
den, dem Mieter muss der Aufwand in
Rechnung gestellt werden. Ein Großteil
der Interaktionen zwischen Mieter und
Verwalter können klar in einzelne Schrit-
te unterteilt werden und eignen sich da-
her perfekt für eine Standardisierung bzw.
Automatisierung durch digitale Service-
technologien.
AUTOMATISIERUNG VON STANDARDPRO-
ZESSEN
Was standardisiert werden kann,
ist von einer Software besser zu bewälti-
gen – verlässlich, permanent und zu jeder
Tageszeit. Software ist heute in der Lage,
ganze Interaktionen mit einem Mieter
abzubilden. Anfragen können etwa dank
eines Chatbots auch nachts um23 Uhr be-
antwortet werden. Der Termin mit dem
Handwerker kann über eine App direkt
zwischenMieter undDienstleister verein-
bart werden. Die Plattformdafür stellt der
Eigentümer oder der Verwalter. Die Ab-
wicklung nicht wertschöpfender Prozesse
erfolgt jedoch mehr und mehr ohne seine
Beteiligung. Das ist zeitsparend, kosten
effizient – und qualitativ besser.
Die Potenziale der Automatisierung
von Standardprozessen sind vielfältig. Es
wird Personalkapazität für komplexere
Aufgaben frei. Der Chatbot reagiert auf
häufig wiederkehrende Anfragen, küm-
mert sich um Rückfragen und wird dabei
über die Zeit, dank eingebauter künst-
licher Intelligenz, immer intelligenter. So
können 60 bis 80 Prozent der Konversa-
tionen zwischen Nutzer und Verwalter
über die Zeit automatisiert werden, was
bei den klassischen Verwaltungsprozes-
sen zu einem Rückgang des telefonischen
Aufwands eines Verwalters um bis zu 90
Prozent führt. Gleichzeitig wird eine hohe
Qualität durch die Anwendung von Best-
Practice-Prozessen gesichert. Die Mie-
terzufriedenheit steigt, indem Vorgänge
schneller, transparent und durchgängig,
von der Kundenanfrage bis zur Erbrin-
gung der Leistung, bearbeitet werden.
MEHR SERVICE UND ERTRÄGE
Die Techno-
logien lassen sich aber nicht nur für die
bessere Abwicklung bisheriger Prozesse
verwenden, sondern sie ermöglichen auch
neue Angebote:Wohnenmit Services wird
durch Chatbots massenfähig. Ein Chatbot
ist in der Lage, unterschiedlichste neue
Dienste – von Reinigung über Trouble-
shooting bis hin zur Bestell-Entgegen-
nahme eines Brunchs zuHause oder eines
Apéros im Büro – abzuwickeln. Daraus
ergibt sich ein Potenzial für hochwertige
Positionierung von Gebäuden, aber auch
für zusätzliche Erträge. Diese Ideen sind
nicht neu, aber bislang daran gescheitert,
dass sie nicht skalierfähig und kosteneffi-
zient umgesetzt werden konnten.
Undwie sieht die Zukunft aus? Es wer-
den wohl ähnliche Änderungen eintreten,
wie sie etwa in der Reisebranche zu beob­
achten waren. Dort wurden die reinen
Vermittlungstätigkeiten durch digitale
Plattformen ersetzt. In drei bis fünf Jahren
wird die Digitalisierung die Verwaltung
von Immobilien stark verändert haben.
Digitale Lösungen wie Chatbots und Ser-
vice-Plattformen fürMieter können dabei
helfen, Erträge, Kundenzufriedenheit und
die Prozessqualität zu steigern. Gleichzei-
tig kann die Standardisierung von Prozes-
sen zu Kostensenkungen beitragen. Eine
Revolution? Im Gegensatz zu anderen
Branchen befindet sich die Immobilien-
wirtschaft in einer guten Ausgangslage:
Sie kann solche Technologien zuerst an
einzelnen Objekten testen und so in klar
definierten Feldern evolutionär Erfah-
rungen gewinnen. Man sollte es daher
als ,Digitale Evolution’ verstehen. Denn
es gilt, sich schrittweise mitzuentwickeln
und die neuenMöglichkeiten gewinnbrin-
gend für sich nutzen.
«
Stefan Zanetti, Allthings Technologies AG, Basel
„So genannte künstliche Intelligenz hat enorme Fortschritte gemacht und wird Service-Bereiche
in allen Branchen maßgeblich beeinflussen. Die Kundenbetreuung wird in der Zukunft größtenteils
von Assistenz-Technologien wie Chatbots übernommen werden. Für den Kunden bedeutet das
Antworten in Echtzeit, für den Anbieter spart es Zeit und Geld.”
Prof. Dr. Elgar Fleisch,
Informationsmanagement, Universität St. Gallen
CHATBOT – WAS IST DAS?
Chatbots sind textbasierte Dialog-
systeme oder vereinfacht: ein
Programm, mit dem man sich in
natürlicher Sprache unterhalten kann.
Sie greifen auf eine vorgefertigte
Wissensdatenbank zurück, mit vorge-
fertigten Antworten und Erkennungs-
mustern.
Basiert das Programm auf künstlicher
Intelligenz, lernt es mit der Zeit aus
den Kundendialogen dazu.
Laut einer Oracle Studie werden
Chatbots bis 2020 die Kundenbetreu-
ung übernommen haben.
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