Immobilienwirtschaft 4/2017 - page 31

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4.2017
tieren. Bei der BayernLB-Tochter schätzt
man die Vertriebschancen Geschlossener
Immobilienfonds bei Privatanlegern der-
zeit deutlich skeptischer ein.
Für den 2014 aufgelegten Port-
foliofonds Real I.S. Grundvermögen
Deutschland konnten gut 63 Millionen
Euro bei Investoren platziert werden –
anvisiertes Eigenkapitalvolumen: rund
70 Millionen Euro. Der Fonds, als Semi-
Blindpool konzipiert, erwarb inzwischen:
eine Büro- und Einzelhandelsimmobilie
in München, ein Fachmarktzentrum
in Parsdorf bei München und ein Ein-
zelhandelszentrum in Bonn. Eigentlich
sollten es bis zu sechs Objekte werden. Da
im Dezember 2017 die Platzierungszeit
endet, wird es aber keine weiteren Käufe
geben.
IDEALER OBJEKT-MIX
„Portfoliofonds
ermöglichen eigentlich einen idealen
Objekt-Mix“, sagt Real I.S.-Vorstands-
mitglied Jochen Schenk. Während insti-
tutionelle Anleger dieses Konzept mögen,
stellten sich Vermittler bei Blindpool-
Konstruktionen jedoch oft quer. Was die
Auflage neuer Fonds für Privatanleger,
etwa bestückt mit deutschen Immobilien,
betrifft, sieht Schenk momentan wenig
Potenzial. „Die Immobilienpreise sind
hoch, für Objekte in Deutschland, aber
auch anderswo in Europa – zumindest
um eine Ausschüttung von vier Prozent
zu erreichen“, so Schenk.
Besser sieht es außerhalb Europas
aus. Der Australien-Spezialist hat vor, in
diesem Jahr einen weiteren Down-under-
Fonds aufzulegen. Es wäre der zehnte.
Erfreulich entwickelte sich 2016 bei der
Real I.S. das institutionelle Geschäft, in
Form Offener Spezialfonds, mit einem
platzierten Eigenkapital von über 1,1 Mil-
liarden Euro. 2015 waren es 720Millionen
Euro.
SUMMARY
»
Die Emissionstätigkeit bei Geschlossenen Immobilienfonds
verharrt auf bescheidenem Niveau. Das 2016 emittierte Eigenkapital
machte weniger als 15 Prozent dessen aus, was Offenen Immobilienfonds mit 6,5 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum zufloss.
»
Vor Inkrafttreten des
Kapitalanlagegesetzbuchs
summierte sich das emittierte Eigenkapital Geschlossener Fonds noch auf 4,2 Milliarden Euro.
»
Nicht nur regulatorische
Hürden
bremsen das Geschäft, sondern auch, dass bei vielen Vertrieben Geschlossene Fonds nicht sonderlich hoch im Kurs stehen.
«
Norbert Jumpertz, Staig
Emittenten Geschlossener Immobi-
lienfonds dürften neidisch auf die
Absatzerfolge Offener Fonds blicken.
Daran dürfte sich 2017 nichts ändern.
Die Perspektiven Geschlossener Fonds
erläutert Sonja Knorr, Leiterin der Im-
mobilienfondsanalyse bei Scope.
Frau Knorr, Geschlossene Immobilien-
fonds konnten vom Immobilienboom
deutlich weniger profitieren als die
Offenen Immobilienfonds. Woran liegt
das?
Da gibt es viele Gründe. Vor allem
bei Vertrieben stehen Geschlossene Fonds
derzeit nicht hoch im Kurs. Wichtigster Ab­
satzkanal sind die Banken, von denen sich
einige wie die Commerzbank vollständig
aus dem Vertrieb Geschlossener Publikums­
fonds zurückgezogen haben. Sie verkaufen
Privatanlegern lieber Anteile Offener Immo­
bilienfonds, da ist der Beratungsaufwand
oft bedeutend geringer. Für freie Vermittler,
die Geschlossene Fonds anbieten, ist der
Aufwand nun deutlich höher, sie arbeiten
unter einem Haftungsdach. Zudem sind die
rechtlichen Auflagen vielfältig.
Im institutionellen Bereich fällt es
Emissionshäusern offensichtlich leich-
ter, Geschlossene Immobilienfonds zu
platzieren. Wie ist das zu erklären?
Immobilienanlagekonzepte Offener Im­
mobilienpublikumsfonds für institutionelle
Anleger können mitunter spezielle Bedürf­
nisse von Anlegergruppen wie kleineren
Pensionskassen oder Versorgungswer­
ken – etwa bei Nutzungsarten, Lage und
Anlageregionen von Immobilien – kaum
berücksichtigen. Emittenten von Offenen
und Geschlossenen Immobilienspezial­
fonds können da flexibler agieren, wie
die Platzierungserfolge etwa von Patrizia
zeigen. Wegen des geringeren Fondsvolu­
mens haben auch diese Investorengruppen
Mitsprachemöglichkeiten bei Investitions­
entscheidungen im Anlegerausschuss.
Bei Offenen Immobilienpublikumsfonds
haben das Anleger häufig nur, wenn sie
mindestens einen mittleren zweistelligen
Millionenbetrag mitbringen.
Bei Geschlossenen Fonds für Privatan-
leger sind die Erfolge bislang wenig
berauschend. Könnte sich daran 2017
etwas ändern?
Das ist unwahrscheinlich.
Der Immobilienzyklus befindet sich bereits
in einer sehr fortgeschrittenen Phase.
Qualitativ hochwertige Immobilien sind
teuer geworden, die Kosten zur Auflage von
Fonds nicht unerheblich. Hinzu kommt, dass
der Immobilienerwerb vorfinanziert werden
muss. Das drückt die Rendite. Die Auflage
von Blindpools für Privatanleger kann sich
zurzeit allenfalls Jamestown erlauben, weil
deren US-Immobilienfonds überwiegend
Spitzenrenditen erzielt haben.
Das klingt nicht gerade viel verspre-
chend. Das Comeback der Geschlos-
senen Immobilienfonds ist damit
wohl bis auf Weiteres gescheitert?
Das
sehe ich nicht so. Jamestown ist ein gutes
Beispiel dafür, dass Spezialistentum ein
großes Plus ist, mit dem Geschlossene Im­
mobilienfonds auch bei privaten Investoren
punkten können. In diesem Falle ist es die
profunde Kenntnis der Anlageregion USA.
Bei Hahn ist es die Konzentration auf eine
bestimmte Nutzungsart, den Einzelhandel,
und bei Immac beispielsweise hat man sich
auf Pflegeimmobilien fokussiert. Alle drei
Strategien sind bislang Erfolgsgeschichten.
Mit Spezialistentum punkten
INTERVIEW
MIT SONJA KNORR
Sonja Knorr, Leiterin
der Immobilienfonds-
analyse bei Scope.
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