Immobilienwirtschaft 4/2017 - page 33

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steuerpflichtig und steuerfrei vermieteten
Grundstücksteilen. Nur für die Eingangs-
leistungen aus den laufenden Kosten, die
nicht direkt zuzuordnen sind, wie zum
Beispiel Wartungsarbeiten am Aufzug,
Treppenhausreinigung, Dachreparaturen
oder Wartungsarbeiten an Heizungs- und
Klimatechnik, ist eine Vorsteueraufteilung
vorzunehmen.
Bei den Eingangsleistungen für die
Errichtung oder den Kauf eines Grund-
stücks gehen die Steuerjuristen des BFH
einen anderen Weg. Hier sehen sie den
Flächenschlüssel zur Aufteilung der ange-
fallenen Vorsteuern dann als sachgerechte
Schätzungsgrundlage an, sofern sich die
Herstellungskosten gleichmäßig auf alle
Mieteinheiten verteilen. Fehlt es allerdings
an dieser von den Richtern unterstell-
ten Vergleichbarkeit, büßt der Flächen-
schlüssel diese Sachgerechtigkeit wieder
ein. An einer Vergleichbarkeit mangelt es
zum Beispiel, wenn es erhebliche Ausstat-
tungsunterschiede (zum Beispiel bei der
Höhe der Räume, Dicke der Wände oder
Decken oder der Innenausstattung) gebe
oder wenn es auch andere Nutzflächen-
arten (vermietete Wand-, Fassaden- und/
oder Dachflächen – zum Beispiel für eine
Photovoltaikanlage oder einen Mobil-
funkmast) gebe oder wenn eine Aufteilung
nach dem Flächenschlüssel aus sonstigen
Gründen nicht präzise genug sei.
BACK TO THE ROOTS – FÜR VIELE INVES­
TOREN
Die aktuellen Urteile treffen zwar
keine klare Aussage darüber, welche Aus-
stattungsunterschiede die Richter als er-
heblich gelten lassen würden. Dennoch
eröffnet die Argumentation der Richter
cleveren Beraternmit Gestaltungsphanta-
sie genügend Spielraum, um doch wieder
zur Anwendung des von der Finanzver-
waltung so ungeliebten Umsatzschlüssels
zu kommen und so einen höheren Vor-
steuerabzug zu generieren.
Man könnte zumBeispiel argumentie-
ren, dass sichdieBaukostenunter anderem
aufgrund höherer Baugeschosshöhen, des
Einbaus einer Fußbodenheizung und de-
ckenhoher Ganzglastürelemente für eine
Einzelhandelsfläche nicht gleichmäßig
auf das Gebäude verteilen. Denkbar wäre
auch eine unterschiedliche Kostenzuord-
nung, weil die Ausstattung steuerpflichtig
vermieteter Gewerbe- und Büroflächen
mit spezieller Klimatisierungs-, Brand-
schutz- und Lüftungstechnik oder einer
speziellen Beleuchtung oder Verkabelung
für Computersysteme aufwändiger aus-
gefallen ist als die vergleichbar schlichte
Ausstattung steuerfrei vermieteterWohn-
räume in dem Objekt. Tatsächlich dürf-
ten in der Praxis derartige Ausstattungs-
unterschiede häufig und in erheblichem
Ausmaß vorzufinden sein und somit in
sehr vielen Fällen zu einer Anwendung
des objektbezogenen Umsatzschlüssels
führen. Die Urteile stellen damit für viele
Investoren die alte Rechtslage wieder her,
wie sie vor der vom deutschen Gesetz-
geber initiierten Gesetzesänderung zum
1. Januar 2004 gegolten hat.
SUMMARY
»
Seit über zehn Jahren beschäftigen sich die Finanzgerichte in zahlreichen Verfahren mit der Frage, auf welche Art und Weise die
Höhe des Vorsteuerabzugs
bei gemischt genutzten Grundstücken zu ermitteln ist.
»
Im Kern geht es um die Frage, ob die Bundesrepublik
abweichend von geltendem EU-Recht einen
Sonderweg bei der Ermittlung
abzugsfähiger Vorsteuern beschreiten durfte.
»
Die neuen BFH-Urteile
eröffnen cleveren Beratern mit Gestaltungsphantasie genügend Spielraum, um doch wieder zur Anwendung des von der Finanzverwaltung so unge-
liebten Umsatzschlüssels zu kommen und so einen höheren Vorsteuerabzug zu generieren.
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Michael Schreiber, Berlin
Bei gemischt genutzten Grundstücken gibt es seit Jahren Streit um die Höhe des Vorsteuerabzugs.
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