Immobilienwirtschaft 7/2017 - page 52

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Nach einer Rechtsmittelbelehrung im amtsrichterlichen Urteil war als zustän­
diges Berufungsgericht das Landgericht Görlitz angegeben. Der Anwalt der Gemein­
schaft legte die Berufung dort ein. Das Gericht hatte allerdings auf seine Unzuständigkeit
hingewiesen. In der Zwischenzeit war die Berufungsfrist abgelaufen. Der Anwalt be­
gehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die ihm verwehrt wurde. Die hiergegen
gerichtete Rechtsbeschwerde des Anwalts war schließlich erfolgreich. Die unzutreffende
Rechtsmittelbelehrung des Amtsgerichts hatte dazu geführt, dass die Berufungsfrist
versäumt wurde. DemAnwalt konnte aber kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.
Auch eine anwaltlich vertretene Partei darf sich im Grundsatz auf die Richtigkeit einer
Belehrung durch das Gericht verlassen.
FAZIT:
Vom Rechtsanwalt ist keine eigene Rechtsprüfung zu verlangen, solange eine
Rechtsmittelbelehrung nicht offensichtlich fehlerhaft ist. Der Anwalt darf grundsätzlich
davon ausgehen, dass dem Amtsgericht bekannt ist, bei welchem Landgericht die Zu­
ständigkeitskonzentration für Berufungen in Eigentumssachen eingerichtet worden ist.
RECHTSANWALT
Vertrauen auf die Richtigkeit
einer Rechtsmittelbelehrung
Der Rechtsanwalt unterliegt in aller
Regel einem unverschuldeten Rechts-
irrtum, wenn er die Berufung in einer
Eigentumssache aufgrund einer un-
richtigen Rechtsmittelbelehrung nicht
bei dem nach § 72 Abs. 2 GVG zu-
ständigen Berufungsgericht, sondern
bei dem für allgemeine Zivilsachen
zuständigen Berufungsgericht einlegt.
BGH, Beschluss v. 09.03.2017, V ZB 18/16
FAKTEN:
Ohne entsprechende Beschlussfassung der Eigentümer wurden Malerarbeiten
in den Treppenhäusern der Wohnanlage durchgeführt. Auf der nachfolgenden Eigen
tümerversammlung wurde dies dann von den Eigentümern durch Beschluss nachträglich
genehmigt. Dieser Beschlusswurde seitens eines Eigentümers angefochten. DieKlage hatte
keinen Erfolg. Der Beschluss entsprach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Grundsätzlich können auch Instandsetzungsmaßnahmen genehmigt werden, für die es
keinen vorherigen Beschluss der Eigentümer gegeben hat. Maßgeblich ist allein, ob eine
solche Genehmigung für sich genommen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
FAZIT:
Auchwenn Instandsetzungsmaßnahmennochnach ihrerDurchführung genehmigt
werden können, sollte dies den Verwalter nicht zu eigenmächtigem Handeln ermuntern.
Grundsätzlich geht er nämlich dann ein Haftungsrisiko ein, etwa wenn die Maßnahmen
(so) nicht erforderlich waren. Ohnehin gehen durch einen Nachgenehmigungsbeschluss
keine Schadensersatz- oder Gewährleistungsansprüche gegen die ausführende Firma bzw.
den Verwalter verloren, da er nur das Verhältnis der Eigentümer untereinander betrifft.
ORDNUNGSGEMÄSSE VERWALTUNG
Instandsetzungsmaßnahmen:
Nachgenehmigung möglich
Grundsätzlich können auch bereits
durchgeführte Instandsetzungs-
maßnahmen durch entsprechende
Beschlussfassung nachgenehmigt
werden, für die es keinen vorherigen
Beschluss der Eigentümer gegeben
hat.
LG Hamburg, Urteil v. 14.12.2016, 318 S 32/16
FAKTEN:
Einer der Eigentümer istmitHausgeldzahlungen auf beschlosseneWirtschaftsplä­
ne undNachzahlungen auf beschlossene Jahresabrechnungen in einerGesamthöhe von fast
15.000Euro imRückstand, unter anderemauchgegenüber demEnergieversorger. Der stellt
in der Folge den Stromab, einMietermindert dieMiete. Der vermietende Eigentümer ver­
langt von dem Hausgeldschuldner Schadensersatz. Seine Klage blieb allerdings erfolglos.
Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass der Hausgeldschuldner durch die Nicht­
zahlung derHausgelder eine Pflicht gegenüber demvermietendenEigentümer verletzt hat.
Dies aber ist nicht der Fall. Es geht auch nicht umdie Verletzung einerMitwirkungspflicht
der Eigentümer im Rahmen der internen Willensbildung der Gemeinschaft. Alleinige
Inhaberin des Anspruchs auf Zahlung des Hausgelds ist die Eigentümergemeinschaft.
FAZIT:
Die Eigentümergemeinschaft, vertretendurchdenVerwalter oder durch alle übrigen
oder einzelne Eigentümer, hat für die Einziehung der Gelder zu sorgen. Nur ihr gegenüber
besteht demgemäß auch eine Zahlungsverpflichtung der einzelnen Eigentümer.
SCHADENSERSATZANSPRÜCHE
Hausgeldrückstände: Nur
Gemeinschaft ist Gläubiger
Alleinige Inhaberin des Anspruchs auf
Zahlung des Wohngeldes ist die Eigen-
tümergemeinschaft. Erfüllt ein Eigen-
tümer seine Verpflichtung zur Zahlung
des Wohngelds nicht, kommen gegen
ihn nur Schadensersatzansprüche der
Eigentümergemeinschaft in Betracht.
BGH, Urteil v. 10.02.2017, V ZR 166/16
1...,42,43,44,45,46,47,48,49,50,51 53,54,55,56,57,58,59,60,61,62,...76
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