Immobilienwirtschaft 7/2017 - page 51

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-8.2017
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Die Eigentümer haben selbst darüber zu
entscheiden, ob Forderungen gegebenen­
falls auch gerichtlich geltend gemacht
werden sollen. Maßgebliches Kriterium
ist, ob sich ein Anspruch offensichtlich
durchsetzen lässt oder nicht. Vorliegend
war nicht davon auszugehen, dass der be­
hauptete Anspruch ohne Weiteres durch­
setzbar war. In Betracht wäre zwar ein
Anspruch auf Aufwendungsersatz gekom­
men, wenn von der Gemeinschaft Kosten
für Instandsetzungsmaßnahmen getragen
wurden, die vomeinzelnen Eigentümer zu
tragen gewesenwären. Allerdings war vor­
liegend erheblich zweifelhaft, ob sich ein
derartiger Anspruch aus den Regelungen
der Gemeinschaftsordnung ergeben hätte.
Trotzdem hat der Verwalter die Rechts­
FAKTEN:
Nach der Teilungserklärung ob­
liegen „Reparaturen an der Verglasung
und den Beschlägen von Fenstern und
Türen“ den Eigentümern auf ihre Kosten.
In der Wohnung eines Eigentümers wur­
den Terrassentür und Fenster von der Ge­
meinschaft auf derenKosten ausgetauscht.
Einige Eigentümer sind der Auffassung,
die Kosten für die Austauschmaßnah­
men seien vom betreffenden Eigentümer
zu tragen. Sie hatten daraufhin einen
Beschlussantrag initiiert, wonach ein
Rechtsanwalt die Forderung der Eigentü­
mergemeinschaft gegen den Eigentümer
durchsetzen sollte. Der Antrag wurde
mehrheitlich abgelehnt. Die gegen diesen
Negativbeschluss gerichtete Anfechtungs­
klage blieb erfolglos.
Entscheidung des Monats:
Durchsetzungspflicht zweifelhafter Ansprüche?
Im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung kann es berechtigt sein, sich auch dann für die Durchführung eines Rechtsstreits
zu entscheiden, wenn der Bestand eines Anspruchs nicht zweifelsfrei feststeht, aber plausibel ist. Auf der anderen Seite
können allerdings auch gute Gründe gegen einen Rechtsstreit sprechen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn
aufgrund nachvollziehbarer Bedenken der Eigentümer angenommen werden kann, dass ein Rechtsstreit auch mit Risiken
und Kosten verbunden ist, die nicht eingegangen werden sollen.
LG Hamburg, Beschluss v. 02.06.2016, 318 S 75/15
FAKTEN:
Der Bundesgerichtshof hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Betriebskos­
tenabrechnung im Fall einer durch den Eigentümer vermieteten Eigentumswohnung
lediglich nach einer Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft über die Jahresab­
rechnung des Verwalters erstellt werden kann. Das Vorliegen eines Beschlusses über die
Jahresabrechnung ist jedoch keine Voraussetzung für die Abrechnung der Betriebskosten
des Vermieters einer vermieteten Eigentumswohnung gegenüber seinemMieter. Dieser
Beschluss entfaltet gegenüber einem Dritten, insbesondere dem Mieter, sowieso keine
Bindung. Die Frage des laufenden Entstehens und des Anfallens der Betriebskosten für
die vermietete Eigentumswohnung ist unabhängig hiervon nach den Grundsätzen des
Wohnraummietrechts und dem Inhalt des konkreten Mietverhältnisses zu beurteilen.
FAZIT:
Der Mieter kann den Vermieter somit nicht darauf verweisen, dieser dürfe die
Betriebskosten ohne einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft über die Jahres
abrechnung nicht abrechnen und der Mieter habe deshalb eine Betriebskostennach­
forderung nicht zu zahlen.
MIETRECHT CONTRA WEG-RECHT
Betriebskostenabrechnung
ohne WEG-Jahresabrechnung
Die Wirksamkeit einer Betriebskosten-
abrechnung des vermietenden Eigen-
tümers setzt keinen Beschluss der zu
Grunde liegenden Jahresabrechnung
durch die Eigentümer nach § 28 Abs. 5
WEG voraus.
BGH, Beschluss v. 14.03.2017, VIII ZR 50/16
verfolgung vorangetrieben – und dies aus
guten Gründen.
FAZIT:
Verwalter sollten die Verfolgung
vermeintlicher Ersatzansprüche ernst neh­
men und zur Tagesordnung nehmen. Auch
wenn der Verwalter im Einzelfall der Auf­
fassung ist, die Anspruchsverfolgung sei
aussichtslos, sollte er hierüber keinesfalls
eigenmächtig entscheiden. Sollte er sich
nämlich irren und ggf. Anspruchsverjäh­
rung eintreten, haftet er entsprechend. Der
Verwalter kann und sollte seine Bedenken
im Rahmen der Eigentümerversammlung
äußern und die entsprechenden Hinweise
dokumentieren. Die Entscheidung, ob der
Anspruch verfolgt oder nicht verfolgt wird,
obliegt aber den Eigentümern.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
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