Immobilienwirtschaft 7/2017 - page 39

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lumne habe ich die wiederaufgebaute Bauakademie als ein Haus
für demokratisches Bauen vorgeschlagen. Eine internationale
Akademie, die die bauende Demokratie qualifiziert, ein über-
parteilicher Think Tank, der die unterschiedlichen Beteiligten
zusammenführt und genau diese großen strukturellen Themen
weiterdenkt.
Während in der Vergangenheit bei BIM noch „die Frage des
,Ob‘ diskutiert wurde, steht heute nur noch das ,Wie‘ der Im-
plementierung im Fokus“, beschreibt Prof. Dr. Christian Glock,
TU Kaiserslautern, den Umsetzungsstand. Jetzt geht es darum,
nationale Standards zu vereinbaren. Das ist ein Thema für die
Bauakademie. Mit der Forderung nach preisgünstigem und
schnellem Wohnungsbau rückt modulares Bauen wieder in den
Fokus. Dabei werden Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
an Bedeutung gewinnen. Ökologisches Bauen mit hohem Vor-
fertigungsgrad ist schnelles und kostengünstiges Bauen. Aber das
heutige Baurecht bildet die Leistungsfähigkeit des Baustoffes Holz
nicht ab und muss unbedingt angepasst werden. Ein Thema für
die Bauakademie.
Alles, was digitalisiert ist, kann auch über kurz oder lang
gedruckt werden. Waffen, menschliche Organe, Häuser. Sinnvoll
oder nicht, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Auf den
Baustellen dieser Welt sind noch keine Drucker zu finden. Das
wird sich aber ändern. Ein Thema für die Bauakademie. Wenn
mein Computer selbstständig Wissen aus Erfahrung generiert
und lernt, wie mein Name geschrieben wird, nennt man das
„Machine Learning“. Heute lesen selbstlernende Systeme etwa
für Immobilienverwaltungen eine Vielzahl vonMietverträgen ein
und machen dabei entscheidende Informationen sofort sichtbar.
So können auch Dokumente, Bilder, E-Mails und beliebige
andere Datenformate in wesentlich kürzerer Zeit ausgewertet
werden, als es Menschen können. Christof Hardebusch, Chef­
redakteur, Immobilienmanager, erwartet, dass dadurch auch
viele Arbeitsplätze entfallen werden. Ein Thema für die Bauaka-
demie. Die Digitalisierung bietet die Chance für eine ganz neue
Generation nachhaltiger Neubauten, Altbauten und Quartiere:
vernetzt, kreislauffähig, emissionsfrei und energieneutral. Aber
die heutigen Anstrengungen reichen bei Weitem nicht aus, um
die Klimaschutzziele zu erreichen. Dafür bedarf es „politischer
Rahmenbedingungen, die entsprechende Maßnahmen in grö-
ßerem Umfang fördern, aber auch von der Industrie innovative
Lösungen fordern“ (Dr Peter Mösle, Drees & Sommer Advanced
Building Technologies). Ein Thema für die Bauakademie.
Andreas Göppel weiß, dass alleine mit Dämmung, anderen
baulichen Maßnahmen und immer mehr Erneuerbaren das Ziel
eines klimaneutralen Gebäudebestands nicht erreichbar ist. Die
eingesetzte Energie muss deutlich effizienter genutzt werden.
Greentec Unternehmen bieten dafür „klimaintelligente“ Steu-
erungen an. Smart Home, Smart Building, Smart Metering für
ganze miteinander vernetzte Quartiere können optimieren und
enormeMengen an Energie sparen. Das alles voranzutreiben und
zu beschleunigen ist ein Thema für die Bauakademie.
Durch die Entwicklung des Internets zum „first point of
contact“ bilden Online-Makler bereits einen Großteil der Ver-
kaufsprozesse ab. Kai Zimprich, Digital Services bei JLL, erwar-
tet, dass dadurch traditionelle Immobilienmakler ihre Rolle als
direkte Ansprechpartner verlieren werden. Das kann auchHand-
werkern, Architekten, Ingenieuren und anderenDienstleistern so
gehen. Das zu regeln ist ein Thema für die Bauakademie.
Wenn der Service vom Gerät die Information erhält, dass
die Druckerpatrone getauscht oder der Kaffeeautomat aufgefüllt
werden muss, nennt man das: „Internet of Things“. „Industrie-
Roboter können sich heute schon weitgehend ohnemenschliches
Zutun abstimmen, und Autos brauchen keine Fahrer mehr. Das
Internet der Dinge ist somit die Grundlage der vernetzten Stadt,
der Smart City“ (Martin Rodeck, OVG Real Estate). Das voran-
zutreiben ist ein Thema für die Bauakademie.
DIE BAUBRANCHE IST IN BEWEGUNG GERATEN.
Aber Fragen wie
diese können nur von den unterschiedlichen Akteuren gemein-
sam beantwortet und umgesetzt werden. Packen wir deshalb die
große Aufgabe an, nutzen wir die historische Gelegenheit und
gründen die Bauakademie neu! Die Akademie für demokra-
tisches Bauen. Die wird dann auch in die Immobilienwirtschaft
und in die Politik hineinwirken und tatsächlich einen dringend
benötigten Struktur- und Kulturwandel herbeiführen.
Die Fragen sind vielfältig. Nur ganz unterschiedliche Akteure zusammen
können sie beantworten. Eine Bauakademie könnte Treiberin werden
für den dringend benötigten Struktur- und Kulturwandel.
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ZUR PERSON
Eike Becker
leitet seit Dezember 1999 zusammen mit Helge Schmidt das Büro Eike Becker_Architekten in Berlin.
Internationale Projekte und Preise bestätigen seitdem den Rang unter den erfolgreichen Architekturbüros in Europa. Eike Becker_Architekten arbeiten
an den Schnittstellen von Architektur und Stadtplanung mit innovativen Materialien und sozialer Verantwortung.
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