Immobilienwirtschaft 3/2017 - page 50

50
VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
zuständige Behörde dieNutzung desMiet­
objekts durch ein rechtswirksames und
unanfechtbares Verbot bereits untersagt
hat oder wenn der Mieter auf Grund der
Umstände davon ausgehen muss, dass die
behördliche Nutzungsuntersagung droht.
Insbesondere folgende Voraussetzungen
müssen gegeben sein: Die behördliche
Maßnahme muss ihren Grund in der
konkreten Beschaffenheit der Mietsache
haben. Auchmuss die Behörde tatsächlich
tätig und der vertragsgemäße Gebrauch
hierdurch beeinträchtigt werden.
Dem Mieter ist es dabei in der Regel zu-
zumuten, die behördliche Maßnahme
auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu
lassen, aber nur dann, wenn der Mieter
auf den Untersagungsgrund Einfluss hat.
Der Schaden umfasst die Umzugskosten
FAKTEN:
Die Parteien schlossen einen
Mietvertrag auf unbestimmte Zeit über
Büroräume. Später stellte die Bauauf-
sichtsbehördeMängel imBrandschutz auf
Grund der Verwendung von brennbarem
Material zur Fassadendämmung fest. Der
Vermieter hat die Mängel nicht beseitigt.
Daraufhin untersagte die Behörde gegen-
über demMieter die weitere Nutzung der
Büroräume. In dem Bescheid wurde die
sofortige Vollziehung durch Versiegelung
der Räume angeordnet. Der Mieter stellte
die Mietzahlungen jetzt ein und kündigte
das Mietverhältnis fristlos. Er nimmt den
Vermieter nunmehr auf Ersatz des Kündi-
gungsfolgeschadens in Anspruch.
Zu Recht, so der BGH. Von einem Entzug
des vertragsgemäßenGebrauchs derMiet-
sache ist auch dann auszugehen, wenn die
Urteil des Monats:
Grundsätze des Kündigungsfolgeschadens bei der Büromiete
Von einem Entzug des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache ist auch dann auszugehen, wenn die zuständige Behör­
de die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat.
BGH, Urteil vom 02.11.2016 – XII ZR 153/15
FAKTEN:
Bei vielen Heizanlagen werden die Kosten für den Betriebsstrom über den
Allgemeinstromzähler und nicht über einen separaten Zwischenzähler erfasst. Dann ist
zweifelhaft, ob die genannten Kosten als Heizkosten – die wären verbrauchsabhängig
zu erfassen – oder als Kosten der Beleuchtung (Allgemeinstrom) auf die Mieter um-
gelegt werden können. Dies würde nach dem Verhältnis der Wohnflächen geschehen.
Auch für die Kosten des Betriebsstroms werde, so der BGH, eine verbrauchsabhängige
Abrechnung vorgeschrieben. Somit sind diese Kosten über einen Zwischenzähler zu
erfassen. Ist ein solcher nicht vorhanden, muss geschätzt werden, welcher Anteil am
Allgemeinstrom hierauf entfällt. Die Schätzung kann sich entweder auf einen Bruchteil
der Brennstoffkosten stützen oder an einer Berechnung orientieren, die auf dem Strom-
verbrauchswert der angeschlossenen Geräte beruht.
FAZIT:
Die Wahl der Schätzmethode steht im Ermessen des Vermieters; lediglich offen-
kundig ungeeignete Maßstäbe scheiden aus. In der Literatur werden Schätzwerte zwi-
schen vier und zehn Prozent genannt. Der Vermieter hat die Grundlagen der Schätzung
offenzulegen, wenn der Mieter den Schätzwert bestreitet.
FEHLENDER ZWISCHENZÄHLER
Zur Umlage der Kosten des
Betriebsstroms für Heizung
Es ist nicht zulässig, die den Heizkos­
ten zuzuordnenden Stromkosten für
die Heizungsanlage als Teil des Allge­
meinstroms abzurechnen. Ist ein Zwi­
schenzähler nicht vorhanden, so muss
geschätzt werden, welcher Anteil am
Allgemeinstrom hierauf entfällt.
BGH, Urteil v. 03.06.2016, V ZR 166/15
und die einmaligen Aufwendungen für
die Ersatzräume. Ebenso hat der Mieter
Anspruch auf Ersatz der Differenz zwi-
schen der ursprünglichen Miete und der
für die Ersatzräume geschuldeten Miete.
Allerdings ist der Anspruch auf den Zeit-
raum bis zum Ablauf der vereinbarten
Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit
der ersten möglichen Kündigung durch
den Vermieter beschränkt.
FAZIT:
Ein Anspruch des Mieters auf Er-
satz des Kündigungsfolgeschadens be-
steht nicht, wenn auch der Vermieter zur
Kündigung berechtigt ist. Jedoch sind die
Grundsätze des „Haftungsausschlusses auf
Grund rechtmäßigenAlternativverhaltens“
nur anzuwenden, wenn der Vermieter ge-
kündigt hat. Das ist hier nicht passiert.
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...76
Powered by FlippingBook