Immobilienwirtschaft 3/2017 - page 48

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Verteilung der Kosten und Lasten für das gemeinschaftliche Eigentum
erfolgt laut Teilungserklärung nach demVerhältnis derMiteigentumsanteile. Die Eigen-
tümer hattenmehrheitlich beschlossen, die Kosten nachWohnfläche zu verteilen. Doch
dieser Beschluss ist nichtig. Eine Änderung der Regelung über die Kostenverteilung in
der Teilungserklärung hätte einer einstimmigen Vereinbarung bedurft. Dies war nicht
der Fall. Eine Beschlusskompetenz zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels kann
sich zwar aus § 16 Abs. 3 bzw. Abs. 4 WEG oder aus einer vereinbarten Öffnungsklausel
ergeben. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.
FAZIT:
Die gesetzliche Öffnungsklausel des § 16 Abs. 3WEG ermöglicht eine Beschluss-
fassung über eine dauerhafte Änderung der Kostenverteilung nur hinsichtlich der Be-
triebs- und Verwaltungskosten. Eine dauerhafte Änderung hinsichtlich der Kosten der
Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, dessen Mo-
dernisierung oder baulicher Veränderung ist im Beschlussweg nicht möglich. Entspre-
chendes gilt auch für die Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage.
KOSTENVERTEILUNGSÄNDERUNG
Keine Beschlusskompetenz
der Eigentümer
Den Eigentümern fehlt die Beschluss­
kompetenz, den in der Teilungserklä­
rung vorgeschriebenen Kostenvertei­
lungsschlüssel, nach dem die Kosten
nach Miteigentumsanteilen umzule­
gen sind, grundsätzlich dahingehend
abzuändern, dass die Kosten künftig
nach Fläche verteilt werden.
LG Itzehoe, Urteil v. 14.10.2016, 11 S 3/16
FAKTEN:
Die Holzfenster der Wohnanlage sind mittlerweile 30 Jahre alt. Einige von ihnen
sind instandsetzungsbedürftig. Von den Eigentümern hatten daher 23 von 29 für einen
Austausch sämtlicher Fenster durch Kunststofffenster gestimmt. Einer der gegenstim-
menden Eigentümer ist der Auffassung, es handele sich bei der beschlossenenMaßnahme
um eine solche der baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums. Es sei daher
Allstimmigkeit erforderlich. Dem konnten sich die Richter allerdings nicht anschließen.
Bei der Erneuerung der Fenster im Wege des Austauschs der vorhandenen Holzfenster
durch solche aus Kunststoff handelt es sich umeineModernisierungsmaßnahme gemäß §
22 Abs. 2WEG. Nach dieser Bestimmung könnenMaßnahmen der Modernisierung ent-
sprechend § 555bNr. 1 bis 5 BGB durch eineMehrheit von drei Viertel aller stimmberech-
tigten Eigentümer undmehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden.
FAZIT:
Modernisierende Instandsetzung konnte hier nicht angenommen werden. Dafür
wäre Voraussetzung, dass einzelne Fenster tatsächlich reparaturbedürftig sind. Sie liegt
jedoch nicht vor, wenn ein funktionierendes Fenster gegen ein anderes ausgetauscht wird.
BAULICHE VERÄNDERUNG ODER MO­
DERNISIERENDE INSTANDSETZUNG?
Austausch 30 Jahre alter
Holzfenster
Der Austausch 30 Jahre alter Holz­
fenster durch Kunststofffenster stellt
keine bauliche Veränderung des
Gemeinschaftseigentums dar, son­
dern eine Maßnahme seiner Moder­
nisierung, da sie den Gebrauchswert
nachhaltig erhöht.
LG Itzehoe, Urteil v. 19.01.2016, 11 S 61/14
FAKTEN:
Mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers wurde eine haftungsbeschränkte
Unternehmergesellschaft (UG) zur Verwalterin bestellt. Geschäftsführerin der UG ist
die Gattin des Mehrheitseigentümers. Ein anderer Eigentümer hatte den Bestellungs-
beschluss angefochten. Die Klage hatte Erfolg. Die Bestellung der UG entsprach nicht
ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Mehrheitseigentümer sein Stimmübergewicht
rechtsmissbräuchlich eingesetzt hatte, um seiner Gattin als Geschäftsführerin der UG
maßgeblichen Einfluss in der Gemeinschaft zu sichern. Ein wichtiger Grund gegen die
Bestellung eines Eigentümers liegt vor, wenn bereits imZeitpunkt der Bestellung Interes-
sengegensätze zu den anderen Eigentümern offenkundig sind. So liegt der Fall auch hier.
FAZIT:
Zwar sieht der „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Berufszulassungs-
regelung für ... Verwalter von Eigentum“ (BT-Druck 18/10190) künftig ohnehin die
Verpflichtung desWEG-Verwalters zumAbschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
vor. Diese Pflicht dürfte aber erst ab der zweiten Jahreshälfte 2018 bestehen.
MAJORISIERENDE BESTELLUNG
Verwalter mit
Interessenskollision
Wird eine haftungsbeschränkte Unter­
nehmergesellschaft mit den Stimmen
des Mehrheitseigentümers zur Verwal­
terin bestellt, liegt ein wichtiger Grund
gegen die Bestellung vor, wenn bereits
zu diesem Zeitpunkt Interessengegen­
sätze offenkundig sind.
LG Karlsruhe, Urteil v. 10.05.2016, 11 S 41/15
1...,38,39,40,41,42,43,44,45,46,47 49,50,51,52,53,54,55,56,57,58,...76
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