Immobilienwirtschaft 3/2017 - page 49

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3.2017
FAKTEN:
Ein Ehepaar war wegen massiver Bedrohungen zur Veräußerung seines Ei-
gentums nach § 18 WEG verurteilt worden. In dem anschließend von der Eigentümer-
gemeinschaft eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren kam es zum Zuschlag an
den Ersteher. Das Ehepaar lebt allerdings weiter in der Wohnung. Die Gemeinschaft
hat daraufhin Klage gegen den Ersteher erhoben. Dieser sei zu verpflichten, das Nut-
zungsverhältnis mit den Eheleuten zu beenden, und habe dafür zu sorgen, dass diese
dieWohnanlage nicht mehr betreten. Die Klage hatte Erfolg. Aus demEntziehungsurteil
ergibt sich, dass sich der frühere Eigentümer gemeinschaftsschädigend verhalten und
denGemeinschaftsfrieden gestört hat. Weil er weiter in derWohnung wohnt, werden die
übrigen Eigentümer gezwungen, die Hausgemeinschaft mit dem früheren Eigentümer
fortzusetzen, obwohl ihnen dies gerade nicht zugemutet werden kann. Der Anspruch
der Eigentümergemeinschaft war auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil grundsätzlich
auch gegen den Ersteher ein Entziehungsverfahren nach § 18 WEG eingeleitet werden
könnte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Entziehungsklage als
letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens gegenüber „Stören-
frieden“ eingeführt hat.
FAZIT:
Anders sieht es in der Regel aber dann aus, wenn das Eigentum nach § 18 Abs.
2 Nr. 2 WEG entzogen wird, weil der Eigentümer mit seinen Beitragszahlungen in
Rückstand geraten war. Dann wird den übrigen Eigentümern meist sein Verbleib in der
Wohnung nicht unzumutbar sein, da mit dem Zuschlag die Verpflichtung zur Kosten-
und Lastentragung auf den neuen Eigentümer übergeht.
UNTERSAGUNGSPFLICHT
Sondereigentumsnutzung
durch früheren Eigentümer
Der Ersteher einer Eigentumswoh­
nung verletzt die Pflicht nach § 14 Nr.
1 WEG, wenn er die Nutzung durch
den früheren Eigentümer, dem das
Eigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG
entzogen worden ist, nicht been­
det, sondern ihm den Besitz an dem
Sondereigentum weiter überlässt. Die
anderen Eigentümer können verlan­
gen, dass er dem früheren Eigentümer
den Besitz entzieht.
BGH, Urteil v. 18.11.2016, V ZR 221/15
WEG-ANGELEGENHEIT
Beleidigungen in
Eigentümerversammlung
Der BGH klärt die Fälle, in denen eine
Beleidigung in der Eigentümerver­
sammlung erfolgt: Wird ein Eigentümer
von einem anderen Eigentümer auf
Unterlassung bzw. auf Widerruf von
Äußerungen in Anspruch genommen,
die er in der Eigentümerversammlung
getätigt hat, liegt eine Streitigkeit im
Sinne von § 43 Nr. 1 WEG (eigentums­
rechtliche Auseinandersetzung) vor.
Diese Bestimmung ist weit auszulegen.
Etwas anderes gilt lediglich dann,
wenn ein Zusammenhang mit dem Ge­
meinschaftsverhältnis der Eigentümer
offensichtlich nicht gegeben ist.
BGH, Beschluss v. 17.11.2016, V ZB 73/16
UMWANDLUNG IN GMBH & CO. KG
Keine Übertragung der
Verwalterstellung
Wird das Verwalterunternehmen in
Form einer KG als Personengesell­
schaft betrieben, wird das Amt des
Verwalters bei Umwandlung der KG
in eine GmbH & Co. KG im Zweifel
nicht übertragen. Wird eine Personen­
gesellschaft zum Verwalter bestellt,
geschieht dies regelmäßig aufgrund
eines besonderen Vertrauensverhält­
nisses, das die Eigentümer dem oder
den persönlich haftenden Gesellschaf­
tern entgegenbringen. Es kann nicht
davon ausgegangen werden, dass die
Eigentümer dieses Vertrauen insbe­
sondere einer GmbH entgegenbringen
würden.
AG Münster, Urteil v. 15.03.2016, 35 C 172/15
„TATSÄCHLICH GENUTZTE
WOHNFLÄCHE“
Beschluss über die
Abrechnung ist nichtig
Ein Beschluss, wonach die Verteilung
der Kosten nach „tatsächlich ge­
nutzter Wohnfläche“ zu erfolgen hat,
ist mangels Bestimmtheit nichtig,
weil sich nicht ermitteln lässt, ob ggf.
leerstehende Wohnungen nicht in
die Kostenverteilung mit einbezogen
werden. Zudem hat der die Abrech­
nung erstellende Verwalter in der
Regel keine Kenntnis vom Umfang der
tatsächlichen Nutzung der einzelnen
Einheiten. Der Inhalt eines Eigentü­
merbeschlusses muss klar sein, da
insbesondere ein Sonderrechtsnachfol­
ger an Beschlüsse gebunden ist.
LG Frankfurt/Oder, Urteil v. 21.11.2016, 16 S 85/16
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