Immobilienwirtschaft 3/2017 - page 59

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3.2017
kostenabrechnung selbst in die Kunden-
software ein, die dann automatisiert die
Betriebskostenabrechnung erstellt. Viele
Messdienstleister bieten darüber hinaus
die komplette Übernahme der Abrech-
nungsprozesse an (wie etwa Zusammen-
führung von Heiz- und Betriebskosten).
Dabei werden die entsprechenden Daten
über speziell für den individuellen Kun-
den geschaffene Schnittstellen direkt in
die Kundensysteme eingestellt. Falls er-
wünscht und mit der Firmenpolitik ver-
einbar, betreiben sie sogar die Software-
abläufe der Abrechnungen im System des
Kunden. Das setzt allerdings voraus, dass
der Dienstleister in gewissemUmfang auf
dessen Software zugreifen kann.
Basis dieser Verfahren ist ein Vollaus-
tausch der Daten. Das hat den Vorteil,
dass die erhobenen Informationen nicht
doppelt vorgehalten werden müssen. Zu-
dem sind sie stets auf aktuellemStand und
erlauben sehr kurzfristige Anpassungen.
ENERGIEWENDE ERZWINGT DIGITALISIE-
RUNG
Doch umdie modernsten integrier-
ten Abrechnungsmodelle auch effizient zu
nutzen, muss das Wohnungs- oder Ver-
waltungsunternehmen ein entsprechendes
IT-Systemeinsetzen. Auchmuss das dafür
erforderliche Know-how vorhanden sein.
Beides ist erfahrungsgemäß bei vielen Be-
trieben nicht der Fall.
Dennoch sehen die meisten Experten
in den digitalisierten Abrechnungsver-
fahren die Zukunft. Zu eindeutig sind die
Vorteile dieser Technologie wie die Ver-
ringerung vonAufwand undKosten sowie
ein Gewinn an Transparenz und Flexibi-
lität. Diese werden mit fortschreitender
Umsetzung der Energiewendepolitik im-
mer deutlicher zu Tage treten. Die Fülle
und Qualität der im Zusammenhang da-
mit erhobenenDaten ermöglicht es Haus-
besitzern und Wohnungsgesellschaften
zudem, Verbräuche zu analysieren, wo-
durch Vorschläge und Handlungsop-
SUMMARY
»
Die Wohnungs- und Immobilienbranche steht vor einer
Digitalisierungswelle
.
»
Eines ihrer zentralen Elemente ist die
integrierte Heiz- und Betriebskostenabrechnung
.
»
Dafür stehen
technologische Lösungen und Servicemodelle
der Messdienstleister
zur Verfügung.
»
Künftig werden der Immobilienwirtschaft zahlreiche erweiterte Services angeboten werden.
»
Ziel ist die
Integration aller in
der Wohnungs- und Immobilienbranche tätigen Akteure
wie Energie- und Wasserwirtschaft, Messdienstleister, Handwerksbetriebe,
Bauunternehmen, Architektenbüros.
»
KOMMENTAR
Digitalisierung nimmt Fahrt auf
Die Verwalter haben es nicht leicht. Sie mussten bisher die Veränderungen
im WEG-Recht, dem Bau- und Vergaberecht, der Heizkostenverordnung
und die VDI-Normen beachten. Nun kommen neue Gesetze und Verord­
nungen. Diese wirken an sich nur indirekt, doch in Summe werden sie
eine gewaltige Dynamik entwickeln. Sie werden zu massiven Änderungen
im Arbeitsalltag vieler in diesem Bereich tätigen Firmen führen.
So ist der Rollout der Smartmeter-Gateways klassisch bei den Netzversor­
gern positioniert. Doch aufgepasst! Mit neuer Technik eröffnen sich auch
neue Geschäftsfelder. Teilnehmer aus anderen Bereichen wollen bei der
Neuaufteilung des Marktes ihren Anteil. Auf diesem Feld gab es auf der
diesjährigen E-World in Essen viele Start-ups. Diese versuchen durch Zu­
satzprodukte wie Visualisierung und Steuerung sowie virtuelle Kraftwerke
einen Anteil an diesem Geschäft zu generieren. Durch Bündelangebote
ergeben sich neue Aufteilungen zwischen Energielieferanten und Abrech­
nung. So kooperieren nunmehr vermehrt Messdienstleister und Energie­
erzeuger. Sie wollen zukünftig über einen einzigen Zugang die Messdaten
erhalten. Doch tatsächliche Einsparungen für die Nutzer können nur er­
reicht werden, wenn die Gesetzgebung verschiedene Punkte nachjustiert.
Die rechtlichen Auflagen für Mieterstrom sind ebenso ein Hindernis wie
die Berechnung einer Einspeisevergütung. Die Marktblockade der großen
Messdienstleister durch kodierte Datensätze verhindert den Wettbewerb
bis zu zehn Jahre.
Neue Gesetze sollten dazu führen, Energie intelligent zu nutzen. Wichtig
ist etwa die Verbrauchsvisualisierung, um ein Umdenken der Nutzer zu
erreichen. Doch weitere Anreize sind nötig! Man braucht unterschiedliche
Tarife. Man braucht Bauteile, die selbstständig reagieren. Die Klimaziele
und die Einhaltung des aktuell noch diskutierten Gebäudeenergiegesetzes
werden strengere Anforderungen stellen. Insbesondere der Nachweis des
Energieverbrauchs setzt intelligente Messsysteme voraus. Wir brauchen
die Daten in Echtzeit! Dadurch werden wichtige neue Aufgaben wie der
Datenschutz auf die Verwaltungen zukommen. Es sind Standardisierungen
etwa in den Funkprotokollen notwendig, um ihre Verarbeitung in der Soft­
ware und die Anbindung weiterer Dienstleistungen zu ermöglichen.
Die Digitalisierung wird in kürzester Zeit gewaltig an Tempo zulegen. Jeder
ist jetzt gefordert, den Anschluss nicht zu verlieren. Nur wer digitalisierte
Services bietet, wird auch morgen noch vom Markt profitieren.
Bernd Bosch, technischer
Geschäftsführer der ABM-Mess
Service GmbH, Mitglied des
Vorstands des MeasureNet e.V.
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