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3.2017
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äußern. Aber was passiert in der Praxis?
In der Praxis kontaktiert ein möglicher
Kunde den Makler, weil er das vorge
nannte Angebot wahrgenommen hat. Der
Kunde übermittelt demMakler sämtliche
gewünschten Informationen – meistens
nicht viel: Lage, Baujahr, Wohnfläche,
Anzahl der Geschosse, Kellerangaben,
gegebenenfalls Bauzustand und Grund
stücksgröße. „Weitere Daten?“ „Nicht not
wendig“, heißt es seitens des Maklers oft.
Eine Ortsbesichtigung findet nicht statt.
Warum auch? Der Makler hat nun „alle
notwendigen Daten“ und hat den Kunden
– ohne dass er es merkt – gleich in seiner
Kundenkartei als „Neukunde“ angelegt.
Meistens wird dann im Rahmen ei
ner groben Excel-Berechnung eine Zahl
ermittelt, die denWert der Immobilie dar
stellen soll – und zwar lediglich anhand
der vorgenannten Merkmale. Der Makler
erklärt, dass er selbstverständlich den hier
ausgewiesenen Wert erzielen kann. Meis
tens läge man sogar hierüber.
Aber so geht Bewertung nicht. Eine
Immobilie ist derart individuell, dass man
sie eben nicht „vom Schreibtisch aus“ ein
schätzen kann, da keine Kenntnisse über
ggf. vorhandene Rechte im Grundbuch,
über Kontaminationen, über Instandhal
tungsrückstau oder aber beispielsweise
besondere Außenanlagen vorliegen bzw.
vorliegen können. Daher ist die von Mak
lern erstellte Kalkulation im Wege einer
Auftragsakquise ein legitimes Mittel –
aber dann muss sie „Markteinschätzung“
und keinesfalls „Wertermittlung“ oder
noch schlimmer „Bewertung“ heißen.
Ist das nur ein „kosmetisches“ Pro
blem? Nein! Nehmen wir einmal an, ein
Kunde beauftragt einenMakler – auf Basis
der offensichtlich viel zu hohen Bewer
tung –, seine Immobilie zu veräußern. In
der Konsequenz wird der Kunde länger
als notwendig seine Immobilie nicht oder
nur sehr schwer veräußern können, da
eben kein marktgerechter Angebotspreis
kommuniziert wird. Der Kunde wird dann
dem Makler – wenn er unzufrieden mit
dessen Dienstleistung ist – den Auftrag
wieder entziehen und möglicherweise die
Immobilie versuchen selbst zu veräußern
oder einen anderen Makler beauftragen.
Der Kunde oder vielmehr der dann ehe
malige Kunde hat voraussichtlich sehr
gute Chancen, Schadensersatz gegenüber
dem Makler geltend zu machen, da er die
Immobilie wissentlich zu hoch angeboten
hat.
Immerhin weisenmancheMakler den
potenziellen Kunden darauf hin, dass der
von ihnen ermittelte „Wert“ aufgrund der
aktuellen lokalen Marktverhältnisse nicht
erzielbar ist. Dennoch nennen auch diese
Makler ihre Ausarbeitung „Bewertung“
und nicht „Markteinschätzung“.
IMMOBILIENBÖRSEN ALS ANBIETER VON
„BEWERTUNGEN“
Immobilienbörsen im
Internet haben zügig festgestellt, dass sie
ihre Angebotspalette wesentlich ausbauen
müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Mittlerweile reicht die Angebotspalet
te von Baufinanzierung bis hin zu einer
Umzugsunterstützung. Selbstverständlich
wird auch die „Bewertung“ als wichtiger
Bestandteil angeboten. Hier verhalten
sich die Immobilienbörsen äußerst un
terschiedlich.
IMMONET.DE
Hier wird an verschiedenen
Stellen, nach mehreren Klicks, wieder
holt darauf hingewiesen, dass eine Wert
ermittlung ausschließlich durch einen
Sachverständigen erfolgen kann. Dennoch
können registrierte Kunden eine „Werter
mittlung“ kostengünstig durchführen: Bei
der so genannten „Wertauskunft“ wird der
„Wert“ lediglich anhand von wenigen Pa
rametern „ermittelt“ – für einen Preis in
Höhe von 25,99 Euro (inkl. MwSt.).
Bereits der Begriff „Wertauskunft“ ist
irreführend und in sich widersprüchlich,
weil eben nur eine grobe Kalkulati
SUMMARY
»
In jüngster Zeit haben Immobilienmakler sowie Immobilienbörsen
das Geschäftsfeld Bewertung
für sich entdeckt.
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Aber eine Immobilie ist so individuell, dass man sie eben
nicht „vom Schreibtisch aus“ einschätzen
kann.
»
Statt „Wertermittlung“
heißt es oft
„Wertauskunft“
.
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Aber für 25,99 Euro bzw. kostenlos geht Bewertung nicht. Deshalb
ist der Gesetzgeber gefragt
.
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Bei der so genannten „Wert-
auskunft“ wird der „Wert“
lediglich anhand von weni-
gen Parametern ermittelt –
für einen Preis in Höhe von
25,99 Euro (inkl. MwSt.).
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