Immobilienwirtschaft 3/2016 - page 54

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IMMOBILIENMANAGEMENT
I
RECHT
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Es wurde ein Mietvertrag geschlossen über Räume zum Betrieb eines Restau-
rants. Nach Mietbeginn legte der Mieter auf der vor dem Gebäude liegenden Freifläche
einen Biergarten mit Zugangswegen an; außerdem errichtete er einen Container sowie
einen Gastank. In der Folgezeit wurde die Immobilie veräußert. Der neue Eigentümer
forderte den Mieter mehrfach auf, die auf der Freifläche vorgenommenen Verände-
rungen rückgängig zu machen. Dies hat der Mieter verweigert, weshalb der Vermieter
das Mietverhältnis gekündigt hat. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Inanspruch-
nahme der Freifläche mit dem ursprünglichen Eigentümer mündlich vereinbart wurde
oder ob der Vermieter die vom Mieter durchgeführten Maßnahmen lediglich sankti-
onslos hingenommen hat.
ImErgebnis spielt dies keine Rolle: Beruht die Inanspruchnahme der Freifläche auf einer
mündlichen Vereinbarungmit demursprünglichen Vermieter, so ist § 550 BGB verletzt,
weil danach Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr der Schriftform
bedürfen. Die Schriftform ist auch dann zu beachten, wenn der Mietgegenstand durch
eine Nachtrags- oder Zusatzvereinbarung erweitert wird. Hat der Mieter die Freiflächen
ohne Zustimmung des ursprünglichen Vermieters in Anspruch genommen, so liegt
eine Vertragswidrigkeit vor, die den Erwerber gem. § 543 Abs.1 BGB zur Kündigung
berechtigt.
FAZIT:
Allerdings kann der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kün-
digen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat (§ 314 Abs.3 BGB).
Bei Gewerberaummietverträgen ist regelmäßig von einer Frist von mehreren Monaten
auszugehen.
ERWEITERUNG DER MIETFLÄCHE
Kündigungszeitpunkt bei Ver-
tragsverletzungen des Mieters
Die Schriftform ist auch dann zu
beachten, wenn die Mietfläche durch
eine Nachtrags- oder Zusatzvereinba-
rung erweitert wird. Eine Ausnahme
gilt, wenn es sich lediglich um eine
geringfügige Flächenerweiterung
handelt. Eine Erweiterung der Miet-
fläche von 320 qm um 900 qm zählt
zu den wesentlichen Erweiterungen.
Der Erwerber eines Grundstücks muss
für eine eventuelle Treuwidrigkeit
seines Rechtsvorgängers aber nicht
einstehen.
OLG Dresden, Urteil v. 25.08.2015, 5 U 1057/15
HAUSRECHT
Betretungsrecht von
Mieträumen
Der Mieter ist Inhaber des Hausrechts
auch gegenüber dem Vermieter. Der
darf ohne Erlaubnis des Mieters die
vermieteten Räume weder selbst
betreten noch anderen wirksam
den Zutritt gestatten oder versagen.
Umgekehrt steht es dem Mieter zu,
einer anderen Person den Zutritt zu
den gemieteten Räumen zu erlauben,
und zwar auch gegen den Willen des
Vermieters. Bei größeren Mietshäu-
sern behält der Vermieter hinsichtlich
der Gemeinschaftseinrichtungen
(Treppenhaus, Aufzüge und Flure) in
der Regel eine Mitberechtigung.
KG Berlin, Beschluss v. 03.08.2015, 161 Ss 160/15
MIETERRECHTE
Wann verjährt der
Wegnahmeanspruch?
Nach § 539 Abs. 2 BGB ist der Mieter
berechtigt, eine Einrichtung wegzu-
nehmen, mit der er die Mietsache
versehen hat. Der Anspruch unterliegt
der kurzen (sechsmonatigen) Verjäh-
rung, die gem. § 548 Abs. 2 BGB mit
dem rechtlichen Ende des Mietverhält-
nisses beginnt. Dies gilt auch dann,
wenn der Mieter irrtümlich von der
Fortdauer des Mietverhältnisses aus-
geht und deshalb die Mietsache nicht
zurückgibt. Das Risiko des Irrtums
muss der Mieter tragen. Die materi-
ellrechtlichen Wirkungen des Verjäh-
rungseintritts sind von Amts wegen zu
berücksichtigen.
KG Berlin, Beschluss v. 13.07.2015, 8 W 45/15
WIRTSCHAFTLICHKEITSGEBOT
Umlagefähigkeit einer
Terrorversicherung
Die Kosten der Versicherung gegen
Terrorschäden zählt zu den Kosten der
Sach- und Haftpflichtversicherung i. S.
v. § 2 Nr. 13 BetrKV. Sie sind aber nur
im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsge-
bots umlagefähig. Der Wirtschaftlich-
keitsgrundsatz ist nur dann gewahrt,
wenn im Einzelfall für das jeweils ver-
sicherte Gebäude eine Versicherung
gegen Terrorakte erforderlich und die
konkret abgeschlossene Versicherung
angemessen ist. Maßgeblich ist, ob
ein vernünftiger Vermieter, der ein
vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis
im Auge hat, eine solche Versicherung
abgeschlossen hätte.
OLG Düsseldorf, Urteil v. 21.05.2015, 10 U 29/15
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