Immobilienwirtschaft 3/2016 - page 53

53
0
3.2016
die imMietvertrag angegebene Fläche von
der tatsächlichen Fläche abweicht. Der
BGH hat hierzu ausgeführt, dass für das
Mieterhöhungsverfahren grundsätzlich
die im Vertrag angegebene Fläche maß-
gebend ist. Eine Ausnahme gilt, wenn die
Abweichung mehr als 10 Prozent beträgt.
Dann sei der Vertrag nach den Grund-
sätzen über den Wegfall der Geschäfts-
grundlage den wirklichen Gegebenheiten
anzupassen.
An dieser Rechtsprechung hält der Bun-
desgerichtshof nun nicht mehr fest. Er
führt des weiteren aus, dass für den nach
§ 558 BGB vorzunehmenden Abgleich
der begehrten Mieterhöhung mit der
ortsüblichen Vergleichsmiete allein die
tatsächliche Größe der vermieteten Woh-
FAKTEN:
Eine vom Vermieter nach Ab-
schluss des Mietvertrags in Auftrag gege-
bene Wohnflächenermittlung ergab, dass
dieWohnfläche um 34 Prozent gegenüber
der Angabe im Mietvertrag abweicht. Im
Hinblick hierauf nimmt der Vermieter den
Mieter auf Zahlung einer um ca. 34 Pro-
zent erhöhten Miete in Anspruch.
Das Berufungsgericht wies die Klage des
Vermieters auf Zustimmung zu einer
weiteren Mieterhöhung um 213,31 Euro
ab, weil die Kappungsgrenze nicht ein-
gehalten sei. Die eingelegte Revision des
Vermieters hatte keinen Erfolg. Der Bun-
desgerichtshof hat in früheren Entschei-
dungen mehrmals zu der Frage Stellung
genommen, welche Rechtsfolge bei Miet-
erhöhungen nach § 558 BGB gilt, wenn
Urteil des Monats:
Mieterhöhung bei fehlerhafter Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag
Jede im Wohnraummietvertrag enthaltene, von der tatsächlichen Wohnungsgröße abweichende Wohnflächenangabe ist
für die Anwendbarkeit des § 558 BGB und die nach dessen Maßstäben zu beurteilende Mieterhöhung ohne rechtliche
Bedeutung. Maßgeblich für den nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Abgleich der begehrten Mieterhöhung mit der
ortsüblichen Vergleichsmiete ist allein die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung (Änderung der Rechtsprechung).
BGH, Urteil v. 18.11.2015, VIII ZR 266/14
nung maßgeblich ist. Eine Anpassung des
Mietvertrags nach den Grundsätzen des
Wegfalls der Geschäftsgrundlage lehnt der
BGH nunmehr ab.
FAZIT:
In den meisten Fällen ist die Ver-
tragsfläche größer als die tatsächliche Flä-
che. Für diese Fälle gilt: Ist die Vertragsflä-
che um mehr als 10 Prozent größer als die
wirkliche Fläche, so liegt ein Sachmangel
vor mit der weiteren Folge, dass demMie-
ter die gesetzlichenGewährleistungsrechte
zustehen. An dieser Rechtsfolge ändert die
vorliegend besprochene Entscheidung
nichts. Ist für die Umlage der Betriebskos-
tendasVerhältnis derWohnflächen verein-
bart, so sind auchhier die tatsächlichenFlä-
chen und nicht die imVertrag vereinbarten
Flächen maßgeblich.
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
»
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
FAKTEN:
Die Parteien schlossen einen befristeten Mietvertrag über Räume zum Betrieb
einer Zahnarztpraxis. In der Folgezeit vereinbarten die Parteien mündlich, dass die
Miete ab Januar 2006 um 20 Euro erhöht wurde. Der Mieter strich in seinem Vertrags-
exemplar die Zahl „1.350“ und vermerkte daneben „1370 ab 1.1.06“. Unklar blieb, ob
der Mieter den Vermerk lediglich zu Erinnerungszwecken gefertigt hat. Später kündigte
der Mieter das Mietverhältnis. Der BGH hatte über die Wirksamkeit der Kündigung zu
entscheiden. Wird eine Änderung über den Unterschriften eingefügt, so ist eine erneute
Unterzeichnung entbehrlich. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Vertragspartner sich
über die Änderung einig sind und es ihremWillen entspricht, dass die Unterschriften für
den veränderten Vertragsinhalt Gültigkeit behalten sollen. Dies war hier nicht gegeben.
FAZIT:
Nach einer gefestigten Rechtsprechung kann die Berufung auf einen Formmangel
in bestimmten Fällen gegen § 242 BGB verstoßen. Dies gilt für die Fälle der Existenzge-
fährdung des einen Teils. An dessen Bejahung sind jedoch strenge Anforderungen zu
stellen, die hier nicht vorlagen.
MIETERHÖHUNG FÜR GEWERBERÄUME
Schriftform auch bei gering-
fügiger Erhöhung erforderlich
Die Änderung der Miethöhe stellt stets
eine wesentliche und – jedenfalls
soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt
und nicht jederzeit vom Vermieter
widerrufen werden kann – dem Form-
zwang des § 550 Satz 1 BGB unterfal-
lende Vertragsänderung dar.
BGH, Urteil v. 25.11.2015, XII ZR 114/14
1...,43,44,45,46,47,48,49,50,51,52 54,55,56,57,58,59,60,61,62,63,...76
Powered by FlippingBook