Immobilienwirtschaft 3/2016 - page 29

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‚unternehmerische Investments‘ und
mit entsprechenden Risiken verbunden“,
stellt Moritz Eversmann, Geschäftsführer
der Hamburger Fondsgesellschaft Vivum,
fest. Häufig scheiterten Projektfinanzie-
rungen daran, dass Investoren die mit
einer Entwicklung in der Frühphase ver-
bundenen Unsicherheiten nicht einschät-
zen könnten. „Bevor man sich die Finger
verbrennt, sagt man lieber Nein“, so seine
Erfahrung. Ein erfahrener Fondsmanager
mit jahrelangemTrack Record könne die-
se Unsicherheits-Lücke jedoch als Berater
für Investoren, aber auch als Partner des
Projektentwicklers schließen.
NACHHALTIGKEIT ALS WEITERER FAKTOR
Projektentwicklungen werden zusätz-
lich durch das Thema Nachhaltigkeit er-
schwert: Steigende Energiepreise, öffent-
lich-rechtliche Regulierungen und höhere
Anforderungen an die Gesundheit von
Mitarbeitern und Bewohnern stärken das
Bewusstsein, dass der Verzicht auf Nach-
haltigkeit zu Wert-, Performance- und
Imageverlust führt. Im Bereich Wohn­
immobilien kommen weitere Aspekte
hinzu, die Projektentwickler beachten
müssen. Für viele Menschen sind Indivi-
dualität und Selbstverwirklichung hohe
Werte, die sie auch in ihrer Wohnung le-
ben möchten. Erfolg versprechen deshalb
flexible Produkte, die sich durch wandel-
bare Grundrisse an die Konzepte verschie-
dener Zielgruppen anpassen lassen.
AUF DER SUCHE NACH GRUNDSTÜCKEN
Die
größte Herausforderung für Projektent-
wickler ist aber das geringe Angebot an
attraktivenGrundstücken. „Der Flaschen-
hals imWohnimmobilienbau sind bezahl-
bare Grundstücke“, bringt es Ries, dessen
Unternehmen vor allem im hochpreisi-
gen Rhein-Main-Gebiet agiert, auf den
Punkt. In Folge des Grundstücksmangels
kommt es in den Hotspots inzwischen zu
einer Renaissance des vertikalen Wachs-
tums. Hochhäuser werden dort in besten
Stadtlagen errichtet, von renommierten
Architekten ressourcenschonend ge-
plant und mit zahlreichen Zusatzange-
boten ausgestattet. Zunehmend werden
Monofunktionen aufgegeben und durch
Mischnutzungen vertikale Städte in die
Hochhäuser integriert. Probleme berei-
ten den Projektentwicklern zudem die
Kostenexplosion beim Bau und der ste-
tig steigende Steueranteil rund um Bau
und Immobilienerwerb. „Bei gleich blei-
benden Margen für die Entwickler haben
vor allem die extrem gestiegenen energe-
tischen Anforderungen des Gesetzgebers
die Baukosten in die Höhe katapultiert“,
so Ries. Im Jahr 2000 seien die Fertigstel-
lungskosten inflationsbereinigt rund ein
Drittel niedriger gewesen.
DER BESTAND WIRD ATTRAKTIVER
An-
gesichts des Mangels an unbebauten
Grundstücken mit guter Infrastruktur
gewinnen Bestandsimmobilien für Inves-
toren und Projektentwickler an neuem
Glanz. Explodierende Kosten, fehlerhafte
Analysen von Bausubstanz, Markt und
Standort und mangelhaftes Prozesscon-
trolling können die Wirtschaftlichkeit
eines Refurbishments jedoch schnell in
Frage stellen. „Bei allem Charme, den
Altbauten bieten – Mieter werden des-
wegen niemals Kompromisse bei Technik
und Ausstattung hinnehmen“, weiß Gor-
don Gorski, Geschäftsführer von Hoch-
tief Projektentwicklung. Seien erhebliche
Schadstoffprobleme vorhanden, lägen
wesentliche Mängel bei der Bauphysik
oder dem Brandschutz vor, seien Anla-
gen oder Bauteile über dieMaßen veraltet,
ließe sich ein Rückbau bis auf den Kern
meist nicht vermeiden. Die Entscheidung
zwischen Kernsanierung und Abriss ver-
bunden mit einem Neubau sei ein Abwä-
gungsprozess. „Bestandsschutz für die
bestehende Konstruktion, die aktuelle
Nutzung, der Grad der Ausnutzung und
die vorhandenen Stellplätze sprechen für
ein Refurbishment“, so Gorski. Bei einer
Entscheidung für oder gegen eine Rund-
erneuerung sei eine intensive Prüfung im
Vorfeld unumgänglich. Am Ende müsse
die Kernsanierung in der Gesamtbetrach-
tung die bessere Wahl sein. „Mindestens
20 Prozent sollte der Preisvorteil schon
betragen“, sagt Gorski. Dennoch, auch
die genaueste Vorabanalyse biete keine
Garantie gegen unangenehme Überra-
schungen. „Jedes Projekt ist ein Einzelfall
und birgt andere Unwägbarkeiten. All das
kann eine Bestandsentwicklung teurer
werden lassen als eine Neuentwicklung.
Deshalb sind dazu im Vergleich gewisse
Mindestgrößen gefragt, damit sich das
Investment lohnt“, erläutert Gorski. Zu-
gunsten eines Refurbishments entschied
sich das Unternehmen bei zwei denkmal-
geschützten Bürohochhäusern auf der so
genannten Spiegel-Insel in Hamburg. Das
ehemalige IBM-Haus und das einstigeDo-
mizil des „Spiegels“ werden saniert und
durch Neubauten ergänzt. Die „Hamburg
Heights“ werden als neues Stadtquartier
unterschiedliche Nutzungen vereinen.
SUMMARY
»
2015 stieg das gewerbliche Transaktionsvolumen
nach Berechnungen des Immobiliendienstleisters JLL auf 55,1 Milliarden Euro, das
waren 40 Prozent mehr als im Vorjahr.
»
Einen neuen Rekordwert verzeichnete auch der Wohninvestmentmarkt.
Hier wurden 25 Milliarden Euro
umgesetzt, was im Vergleich zum Vorjahr einer Verdopplung entspricht.
»
Laut EY-Trendumfrage gehen 85 Prozent der Befragten von einer
weiteren
Verknappung des Angebots an Anlageimmobilien
aus, insbesondere im risikoarmen Segment. Das macht Bestandsimmobilien wieder attraktiver.
«
Gabriele Bobka, Staufen
81
%
von 150 befragten Investoren
erwarten eine spürbare
Zunahme spekulativer Projekt-
entwicklungen. 2014 waren
es nur 62 Prozent.
Quelle: Trendbarometer Immobilien-Investment-
markt Deutschland, EY Real Estate
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