37
4.2016
wurde. In der mehrstündigen Anhörung
entstand jedoch der Eindruck, dass die
Einschätzung des NKR vorab feststand
und Argumente oder Sacherwägungen
allenfalls partiell gehört wurden. Letztlich
heißt es denn auch in dem NKR-Bericht,
dass „erhebliche Bedenken hinsichtlich
(…) der Notwendigkeit der vorgesehenen
Berufszulassungsregelungen geltend“ ge-
macht werden.
NACHTEILE EINES SIEGELS
Statt Sachkunde-
prüfung und Versicherungspflicht könnte
ja auch die Einführung eines freiwilligen
Registers oder eines Qualitätssiegels aus-
reichend sein, hieß es. Allein diese Ein-
schätzung zeigt, wie weit der NKR von
der Praxis entfernt ist. Register dienen in
erster Linie dem Wettbewerber, der über
den Konkurrenten Näheres erfahren will.
Ein Qualitätssiegel oder eine freiwillige
Zertifizierung sind ebenso fehl amMarkt,
wie die Rücknahme eines solchen Siegels
durch den TÜV Süd vor einigen Jahren
zeigte.
Merkwürdig, dass der NKR-Bericht
im Unterschied zur NKR-Anhörung zum
bereits erwähnten Gesetzentwurf zur Di-
gitalisierung der Energiewende vom 22.
Oktober nicht öffentlich ist. Selbst als
geladenem Sachverständigen war es dem
DDIV zunächst nicht möglich, das Ergeb-
nis der Anhörung zu erfahren. „Das wäre
intern und das Ergebnis nur dem Wirt-
schaftsministerium zugänglich“, hieß es
beim Normenkontrollrat. Zwischenzeit-
lich hat das Ministerium mitberatende
Ministerien um Einschätzungen zum Be-
richt gebeten.
GUTACHTEN? WOFÜR?
Um das Verfahren
weiter offen zu halten, könnte das BMWi
nun noch einGutachten in Auftrag geben,
das analysiert, ob die Einführung von
Mindeststandards Missbrauch am Markt
verhindert und/oder die Qualität der
Dienstleistung erhöht. Was aber bedarf
es eines Gutachtens, wenn die Fakten für
sich sprechen?Mit derWEG-Reform2007
versechsfachte sich die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes und inzwischen
wird jedes fünfte zivilgerichtliche Verfah-
ren zu Wohnraummietsachen angesetzt.
In der täglichen Verwalterpraxis müssten
über 50 Gesetze und Verordnungen An-
wendung finden, die jedoch nicht immer
umgesetzt werden.
Selbst erfahrene Parlamentarier
schütteln mittlerweile nur noch mit dem
Kopf. Immerhin sicherte erst vor Kurzem
Bundesbauministerin Barbara Hendricks
dem DDIV erneut ihre Unterstützung zu.
Auch ein Bündnis von Mieterbund, Haus
& Grund und DDIV zeigte den Schulter-
schluss durchaus unterschiedlicher Inte-
ressengruppen.
FATAL FÜR DIE SPD
Die fehlende Umset-
zung des Koalitionsvertrages wäre vor
allem für die SPD fatal, denn alle am
Verfahren beteiligten Ministerien haben
eine/n sozialdemokratische/nMinister/in.
Schon 2001 war es eine rot-grüne Bundes-
regierung, die mit dem Altersvermögens-
gesetz und später mit dem Wohn-Riester
dazu aufrief, freiwillig für das Alter vorzu-
sorgen. Längst überfällig ist nun der ent-
sprechende Verbraucherschutz, der auch
die Qualität der Verwalter-Dienstleistung
erhöht und die Umsetzung der Klimawen-
de voranbringen wird.
Nun gibt es tatsächlich gute Nachrich-
ten: Die bisherige Verfahrensverzögerung
dürfte bald ein Ende haben. Das Bundes-
kabinett soll nach letzten Informationen
noch vor der Sommerpause einen entspre-
chenden Gesetzentwurf verabschieden.
Das langwierige Tauziehenmacht ein-
mal mehr sehr deutlich: Dringender denn
je bedarf es starker Interessenvertretungen
für die Immobilien- und Wohnungswirt-
schaft.
SUMMARY
»
Beim Normenkontrollrat
gibt es plötzlich „erhebliche Bedenken“ gegen die Einführung eines Fachkundeausweises.
»
Das BMWi
könnte ein Gutachten in Auftrag geben, das analysiert, ob die Einführung von Mindeststandards Missbrauch am Markt verhindert.
»
Entwarnung
Das Bundeskabinett soll nach letzten Informationen jedoch noch vor der Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden.
«
Martin Kaßler, Berlin
„Die fehlende Umset-
zung des Koalitionsver-
trages wäre vor allem
für die SPD fatal, denn
alle am Verfahren be-
teiligten Ministerien
sind sozialdemokratisch
besetzt.“
Martin Kaßler,
Geschäftsführer
Dachverband Deutscher Immobilien-
verwalter