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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
Vermieter meint, die Minderung sei aus-
geschlossen, weil dieMieterin in Kenntnis
der Mängel von der Option Gebrauch ge-
macht habe. Der BGH teilt diese Ansicht
nicht.
Nimmt derMieter einemangelhafte Sache
an, obwohl er den Mangel kennt, so kann
er die Gewährleistungsrechte aus §§ 536
und 536a BGB nur geltend machen, wenn
er sich seine Rechte „bei der Annahme“
vorbehält (§ 536b Satz 3 BGB). Der XII.
Zivilsenat hat in der Grundsatzentschei-
dung vom 05.11.2014 (XII ZR 15/12)
ausgeführt, dass die Rechtslage durch das
Mietrechtsreformgesetz geändert wor-
den sei. Der Gesetzgeber habe durch das
Mietrechtsreformgesetz „bewusst davon
abgesehen, eine Regelung für den Fall zu
FAKTEN:
ZwischendenParteien besteht ein
auf zehn Jahre befristeterMietvertrag über
Gewerberäume. Die Mieterin war nach
den vertraglichen Regelungen berechtigt,
„die Mietzeit … 2 x um je 5 Jahre zu ver-
längern (Option). Diese Optionen treten
jeweils stillschweigend in Kraft, wenn die
Mieterin spätestens 12 Monate vor Ablauf
derMietzeit keine gegenteilige schriftliche
Erklärung abgibt“. ImVerlauf derMietzeit
rügte die Mieterin verschiedene Mängel.
Der Vermieter hat die Mängel nicht be-
seitigt. Die ursprünglich vereinbarte Be-
fristung lief ab. Jedoch hat die Mieterin
das Mietverhältnis fortgesetzt, ohne eine
Erklärung abzugeben. Später minderte sie
dieMiete um50 Prozent. Die geminderten
Beträge sind Gegenstand der Klage. Der
Urteil des Monats:
Gewerbemiete – Mietverlängerung trotz Mangelkenntnis
Die vorbehaltlose Ausübung einer Verlängerungsoption durch den Mieter führt nicht gemäß oder entsprechend § 536b
BGB dazu, dass der Mieter für die Zukunft mit seinen Rechten aus §§ 536, 536a BGB ausgeschlossen ist (im Anschluss an
Senatsurteil v. 05.11.2014, XII ZR 15/12, BGHZ 203 S. 148 = NJW 2015 S. 402).
BGH, Urteil v. 14.10.2015, XII ZR 84/14
FAKTEN:
Die Parteien schlossen einen befristeten Mietvertrag über vier Jahre. Inner-
halb der Festlaufzeit sollte das Mietverhältnis nicht gekündigt werden können. Ab dem
01.05.2015 sollte dasMietverhältnis auf unbestimmte Zeit laufen. ImMärz 2013 kündig-
ten die Mieter das Mietverhältnis vorzeitig. Die Vermieterin war bereit, die Mieter bei
Stellung eines geeigneten Nachmieters vorzeitig aus demVertrag zu entlassen, verlangte
jedoch Auskünfte, die der Interessent nicht abgab. So klagte sie auf Fortbestand des
Mietvertrags bis 30.04.2015. Der BGH gab dem statt: In einem Formularvertrag könne
nicht wirksam vereinbart werden, dass die Kündigung erstmals nach Ablauf von vier
Jahren möglich ist. Ein Verstoß gegen die Höchstdauer der Bindung führt zur Gesamt-
unwirksamkeit der Klausel.
FAZIT:
Als Individualvereinbarung ist eine solche Klausel allerdings wirksam. Das
Berufungsgericht hat verkannt, dass derMieter demVermieter sämtliche Informationen
geben muss, die dieser benötigt, um sich ein hinreichendes Bild über die persönliche
Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters machen zu
können.
KÜNDIGUNGSAUSSCHLUSS
Was ist bei der Ersatzmieter-
stellung zu beachten?
Begehrt der Mieter, dem das Verwen-
dungsrisiko der Mietsache zugewie-
sen ist, die vorzeitige Entlassung aus
einem längerfristigen Mietverhältnis
gegen Stellung eines Nachmieters, ob-
liegt es allein ihm, einen geeigneten
Nachmieter zu suchen, den Vermieter
über dessen Person aufzuklären und
ihm sämtliche Informationen über
seine Leistungsfähigkeit zu geben.
BGH, Urteil v. 07.10.2015, VIII ZR 247/14
treffen, dass der Mieter den Mangel erst
nach Vertragsschluss erkennt und trotz
Kenntnis des Mangels die Miete über ei-
nen längeren Zeitraumhinweg vorbehalt-
los in voller Höhe weiterzahlt“.
FAZIT:
Die für eine Analogie erforder-
liche planwidrige Gesetzeslücke ist, so
der BGH, seit dem Jahr 2001 nicht mehr
gegeben. Vielmehr entspreche es „dem er-
klärten Willen des Gesetzgebers, dass bei
nachträglich eintretenden oder bekannt
werdenden Mängeln der für die Zukunft
wirkende Rechtsverlust des § 536b BGB
nicht eintritt“. An dieser Rechtsprechung
hält der Senat fest. Er hat das Verfahren an
das Berufungsgericht zur weiteren Sach-
aufklärung zurückverwiesen.