Immobilienwirtschaft 4/2016 - page 56

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
errichtet, das andere im Passivhausstandard. Bereits in der Bau-
phase war zu erkennen, dass die Kosten für Passivhäuser 13,5
Prozent über denen der KfW-Häuser lag, 1,5 Prozent mehr als
geplant. Die Baukosten der vier nach KfW-Standard errichteten
Häuser hingegen lagen nur zwei Prozent über den üblichen Bau-
kosten eines normalen Wohnhauses.
Nach einem Jahr wurde eine ernüchternde energetische Bi-
lanz gezogen. Obwohl die Passivhäusler rund 100 Euro Miete
je Wohneinheit mehr bezahlen mussten, verbrauchten sie jähr-
lich rund 2.600 kWh mehr Energie, ungefähr fünf Prozent des
Gesamtverbrauchs. Selbst die eingesparte Wärmeenergie konnte
dieses Manko nicht ausgleichen. So kam zur höherenMiete auch
noch ein Nachschlag bei der Nebenkostenabrechnung. Thomas
Keller, bei der GWWLeiter des Geschäftsbereichs Bau/Sanierung,
sieht die Ursache vor allem in der aufwändigeren Lüftungstechnik
des Passivhauses. „Die braucht einfach viel Strom“, konstatiert er
lakonisch. Und das werde durch den Passivhausstandard nie und
nimmer wieder reingeholt. In Fachkreisen wird hier allerdings
eine problematische Planung für die Ergebnisse verantwortlich
gemacht.
MEHR ERNEUERBARE IN DIE HEIZUNG?
In der neuen Technik,
insbesondere in der technischen Umsetzung der Heizungssy-
steme, liegt aber auch eine weitere Lösung auf dem Weg zur
Normerfüllung. Verschiedene fortschrittliche Immobilien-Un-
ternehmen sammeln bereits seit einigen Jahren reichlich Erfah-
rungen mit der Einkopplung grüner Energien, insbesondere
von Solarthermie, in die Wohnkomplexe. Möglich sind, falls die
geologischen Gegebenheiten stimmen, auch Wärmepumpen.
Ein mit biogenen Stoffen betriebenes Blockheizkraftwerk als
Quartierslösung kann bei einem klein gehaltenen Wärmenetz
ebenfalls äußerst effizient sein.
„Man darf nicht aus den Augen verlieren, was das eigentliche
Ziel bei der ganzen Sache ist. Das heißt nämlich CO
2
-Einspa-
rung“, erklärt Tibes seine eigene Strategie. „Letztlich muss sich
der Primärenergieverbrauch nun mal reduzieren. Dazu gehört
zwar auch ein einigermaßen wärmetechnisch funktionierendes
Gebäude. Aber ich könnte meinen ganzen Energiebedarf mit
erneuerbaren Energien abdecken. Und die Verminderung des
CO
2
-Ausstoßes wäre erreicht, ohne etwas an der Gebäudehülle
zu machen“.
»
Ernüchtert über den Passivhausstandard im Quartier F: (v. l.) Thomas Keller, Leiter GWW-Geschäftsbereich Bau/Sanierung, Katja Schiedung,
Bereichsleiterin Kunden- und Bestandsmanagement, Hermann Kremer, Geschäftsführer GWW/GeWeGe und WIM.
Foto: GWW
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