Immobilienwirtschaft 6/2015 - page 44

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Immobilienmanagement
i
Handwerkerkopplung
einen Schaden fest, meldet er ihn an das
Wohnungs- oder Verwaltungsunterneh-
men. Diese Meldung setzt eine Kette von
immer gleichen Schritten in Gang (siehe
Grafik auf Seite 42/43). Eine Handwer-
kerkopplung vereinfacht das Procedere
für alle Beteiligten sehr durch Workflows
und vorgefertigte Rechnungslegung.
Verteilte Rechnungslegung
Oft stel-
len Handwerker verschiedene Arbeiten
in verschiedenen Objekten zusammen
in Rechnung. Mit einer guten Handwer-
kerkopplung kann man im Vorhinein
festlegen, welcher Anteil einer Rechnung
umlagefähig ist und auf welches Objekt
gebucht wird. Eine integrierte Hand-
werkerkopplung ist sinnvoll ab einer Be-
standsgröße von 500 Wohneinheiten. Es
gibt auch Unternehmen, die solche Syste-
me in erster Linie wegen des technischen
Vertragsmanagements nutzen. Damit ist
es möglich, für jede Inventarposition, die
in einem Gebäude verbaut ist, Wartungs-
verträge, Gewährleistungen und Fristen
zu hinterlegen. Man braucht Bestandspo-
sitionen, umpräzise sagen zu können, was
in einemObjekt wann verbaut wurde und
was bei der Wahrnehmung der Verkehrs-
sicherungspflichten geprüft werdenmuss.
Das gilt zum Beispiel für Gehwegplatten,
Absturzgitter oder Spielplätze. Mit einer
solchen umfassenden Dokumentation
geht Wissen nicht mit den Mitarbeitern
verloren.
Aareon zufolge lassen sich allein durch
die elektronische Rechnungslegung die
typischen Verarbeitungskosten pro Rech-
nung mindestens halbieren. Auch Unter-
suchungen von Bearing Point und DB
Research aus dem Jahr 2009 weisen ein
enormes Einsparungspotenzial nach. Den
Instituten zufolge kostet die herkömm-
liche Rechnungsverarbeitung 17,60 Euro
pro Rechnung, während für die elektro-
nische nur etwa sechs Euro anfallen. Hin-
zu kommen weitere Einsparungen, weil
alle wichtigen technischen Daten zu Ge-
währleistung, Prüf- und Austauschfristen
oder Versicherungsschäden an einemOrt
zu finden sind.
Die Schwelle zum Durchbruch
Hand-
werkerkopplungen haben den Markt
bislang noch keineswegs vollständig
durchdrungen, stehen jedoch an einer
interessanten Schwelle. Branchenkenner
schätzen, dass zurzeit weniger als 20 Pro-
zent derWohnungsunternehmen und Im-
mobilienverwaltungen eine solche Lösung
einsetzen. Jedoch erkennen immer mehr
Wohnungsunternehmen, dass ein nach-
haltiges Instandhaltungsmanagement ein
strategischer Erfolgsfaktor sein wird. Die
laufende Instandhaltung macht 60 bis 70
Prozent vom Tagesgeschäft aus. Deshalb
verändern Wohnungsunternehmen und
Genossenschaften zunehmend ihre IT-
Landschaft, damit viele Vorgänge webba-
siert dort bearbeitet werden können, wo
sie anfallen.
Anders sieht es bei Immobilienverwal-
tern aus. Sie verwalten ihre Bestände nur
auf Zeit und meist geben die Eigentümer
den Kostenrahmen vor. Der Branchen-
verband DDIV beziffert die pauschale
Grundvergütung für WEG-Verwaltung
je nach Region und Größe der Anlage
mit durchschnittlich zwischen 16 Euro
und 30 Euro netto pro Einheit und Mo-
nat. Aufgrund der noch immer hohen
Zahl von Nebenerwerbsverwaltern sind
jedoch sogar Vergütungen von 8,50 Euro
keine Seltenheit. Viele Immobilienverwal-
tungen leiden unter dem Preisdruck und
scheuen deshalb Investitionen in die IT-
Landschaft. Übersehen wird schnell, dass
gerade die IT zur Lösung des Problems
beitragen kann. Wer sein Verwaltungsun-
ternehmen vernetzt und Massenprozesse
automatisiert, setzt erhebliche Ressourcen
frei, die anderweitig gewinnbringend ge-
nutzt werden können.
Ausweitung der Funktionalitäten
Die
Software-Hersteller für die Branche stat-
ten ihre Systeme mit immer mehr und
ausgefeilteren Funktionalitäten aus. Das
Hypethema mobiles Arbeiten ist – wie bei
vornehmlich webbasierten Systemen zu
erwarten – weitgehend abgearbeitet: Die
Verwendung der einschlägigen Software-
produkte mit Smartphones und Tablets
sowie verschiedenen Betriebssystemen
und Browsern ist weitestgehend Standard.
Auch diemobile Unterschriftsmöglichkeit
auf demTablet, zumBeispiel bei derWoh-
nungsabnahme, haben viele Hersteller im
Programm. Ein Problembildete lange Zeit
der Bereich des Offline-Arbeitens. Die
Programme müssen auch weiterarbeiten,
wenn plötzlich keine Internetverbindung
mehr zur Verfügung steht, zum Beispiel
wenn man im Keller die Zählerstände ab-
lesen will.
Einheitspreisabkommen (EPA) ge-
winnen in den letzten Jahren durch den
Einsatz von Handwerkerkopplungen im-
mer mehr an Bedeutung. In der laufenden
Instandhaltung können EPA die Kosten
weiter reduzieren, weil nicht jedes Ange-
bot für Kleinreparaturen ausgeschrieben
und überprüft werden muss. Mit Hand-
werkern wird für jede Standardarbeit
eine Pauschale vereinbart. Jahresverträge
machen auch die ungeliebten Kleinauf-
träge für Handwerker attraktiver, weil
sie mit einem bestimmten Kontingent an
Aufträgen rechnen können. EPA werden
meist in der laufenden Instandhaltung
bei durchschnittlichen Rechnungsbeträ-
gen von etwa 250 Euro gewerkorientiert
abgeschlossen.
Zuwachs erwartet
Preisdruck und wei-
tere aufwändige gesetzliche Auflagen
werden in den nächsten Jahren dafür sor-
gen, dass die Marktdurchdringung von
Handwerkerkopplungen in der Immobi-
lienwirtschaft erheblich zunehmen wird.
So wird die IT zum Erfolgsfaktor und hat
das Potenzial, die Branche nachhaltig zu
verändern.
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Oliver Mertens, Stuttgart
20
%
Weniger als 20 Prozent der
Immobilienunternehmen
nutzen bislang Handwerker-
kopplungen.
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