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6.2015
nen. Selbst die ans Eingemachte gehende
Feinplanung wird einfacher. Wo dagegen
die Informationen unvollständig und die
Zielvorstellungen schwer nachvollziehbar
sind, „können die mit der Entscheidung
befassten und die von den Entscheidungen
betroffenenMenschen schnell überfordert
sein“, sagt Marchionini.
Neue Softwareprodukte sollen helfen
In Fachkreisen ist man überzeugt: Eine
innovative IT-Unterstützung kann maß-
geblich zur Objektivierung und Beschleu-
nigung der Planungsprozesse beitragen.
Denn oft muss auf Änderungen (des
Workflows, der Teamorganisation oder
der Kommunikationserfordernisse) sehr
schnell reagiert werden. Klassische FM-
Software kann diese Anforderungen nicht
bedienen. Es bestehe, so war im Rahmen
des die jüngste FM-Messe begleitenden
Kongresses zu hören, eine „technologische
Lücke“ zwischen strategischem und ope-
rativem Flächenmanagement – und zwar
bei allen CAFM-Produkten. Marchionini
glaubt den Grund dafür zu kennen: „Der
hohe Forschungsaufwand, der betrieben
werden muss, um die Problematik praxis-
tauglich zu beherrschen.“ Der Berliner
Softwaretüftler hat lange geforscht. Das
von seinem kleinen Team entwickelte
„Tool recotech“ soll die Lücke schließen.
Drei Projekte und ihre Effekte
Auf dem
FM-Kongress stellte der Recotech-Gründer
drei Projekte der Fachöffentlichkeit vor,
in denen sein Werkzeug zur Anwendung
kommt. Die Industrie ist indiesemTriomit
Bombardier Transportation (Hennings-
dorf bei Berlin) vertreten. Die Stadtwerke
Düsseldorf stehen für die Gruppe kom-
munaler Versorgungs- und Infrastruktur-
unternehmen. Das Berliner Bezirksamt
Charlottenburg-Wilmersdorf steht für die
klassische öffentliche Verwaltung vor Ort.
Überall geht es um Büroflächen.
In allen drei Fällen kamen die Vor-
teile der IT-Unterstützung zum Tragen:
der exakte Nachweis der belegbaren Flä-
chen, genaue Darstellung der Ist-Belegung
(inklusive Auswertungen zumBelegungs-
grad), Berechnen möglicher optimierter
Belegungen in verschiedenen Varianten
(auch unter Berücksichtigung zwingend
notwendiger Vorbelegungen), Simulation
von Was-wäre-wenn-Szenarien und der
Kostenvergleich aller Varianten.
Im Bezirksamt Charlottenburg-Wil-
mersdorf wurde zunächst „die gefühlte
Unterbelegung“ des Rathauses Wilmers-
dorf (45.188 Quadratmeter BGF, 589 Ar-
beitsplätze) mit einer konkreten Poten-
zialanalyse bestätigt. In jeder Abteilung
fanden Werkstattgespräche zu Umzug
und Umbau statt. Das Ergebnis: Bis Ende
2014 wurde etappenweise umgezogen und
das Rathaus Wilmersdorf geräumt. Jähr-
lich können dadurch rund zwei Millionen
Euro Betriebskosten gespart werden. In
der Düsseldorfer Stadtwerke-Hauptver-
waltung lautete die Aufgabe, im Laufe des
Jahres 2014 „fragmentierte Leerstände“
aufzulösen, den Zuzug aus anderen Im-
mobilien und die Fremdvermietung frei
werdender Flächen zu ermöglichen. Au-
ßerdem sollte Raum für ein Pilotprojekt
„Neue Arbeitswelten“ gewonnen werden.
Die Verdichtung musste die Ist-Belegung
berücksichtigen, Mindest- und Maximal-
standards wurden festgelegt. Es sollten
möglichst wenige Umzüge nötig sein.
Stand heute: Rund 1.000 Quadratmeter
konnten zur Vermietung und für das er-
wähnte Neue-Arbeitswelten-Projekt „frei-
geschaufelt“ werden. Der mögliche Ertrag
wird mit ungefähr 110.000 Euro pro Jahr
beziffert.
In Henningsdorf läuft das Projekt
noch bis Ende 2015. Bei Bombardier will
man die Potenziale im Bestand besser
nutzen, konkret: Rund 250 Büroarbeits-
plätze sollen zusätzlich untergebracht und
dadurch externe Fläche und zwei Büro-
container aufgegeben werden. Zu den
Bedingungen gehörten die sich aufgrund
der weltweiten Engineeringaktivitäten
ständig verändernden und komplizierten
Projektstrukturen. Alle – zum Teil sehr
kleinteiligen – Büroflächen wurden auf
ihre Potenziale hin analysiert, existieren-
de Standards wurden bestätigt. Mittels
Interviews wurden absehbare Bedarfe
differenziert ermittelt. Flächenkontin-
gente für Bereiche und Projekte wurden
zentral vorgegeben, die Feinplanung lief
in den Bereichen selbst. „Umzugsketten“
wurden entwickelt. Werden die Ziele er-
reicht, würde dies Kosteneinsparungen
von rund 450.000 Euro pro Jahr mit sich
bringen. Eine neu entwickelte Prozessket-
te zur „Bedienung“ sich verändernder zu-
künftiger Flächenbedarfe gehört ebenfalls
zu den Projektergebnissen.
summary
»
Im Bestand birgt effizientes Flächenmanagement
Einsparpotenziale von zehn
bis 30 Prozent.
»
In vielen Fällen behindern
fehlende Ist- und Bedarfsdaten
sowie fehlender
Wille die Entscheidungsprozesse.
»
IT-Tools
können helfen. Sie sind unbestechlich, kennen keine
Emotionen und liefern in kürzester Zeit unzählige Belegungsvarianten.
»
Drei Projekte
aus Industrie,
Verwaltung und Infrastrukturservices zeigen, wie es gehen kann.
Foto: recotech
«
Albert Engelhardt, Wiesbaden