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6.2015
vorgegebenen Grundsätze zur Auslegung
des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht beach-
tet. Das Gericht hat lediglich zu prüfen,
ob der Vermieter tatsächlich die ernst-
hafte Absicht hat, die Wohnung selbst
zu nutzen oder diese einem Angehöri-
gen zu überlassen, ob der Nutzungswille
von vernünftigen und nachvollziehbaren
Erwägungen getragen ist, ob durch die
Inanspruchnahme der gekündigten
Wohnung der Bedarf des Vermieters tat-
sächlich gedeckt wird, ob der Bedarf des
Vermieters durch eine andere frei stehen-
de oder frei werdende Wohnung gedeckt
werden kann und ob der Wohnbedarf
„weit überhöht“ ist.
Die Wertung, ob der geltend gemachte
Wohnbedarf weit überhöht ist, haben
Fakten:
Zwischen den Parteien besteht
ein Mietvertrag über eine Vier-Zimmer-
Wohnung. Der Vermieter kündigte das
Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Er hat
die Absicht, dieWohnung seinemSohn zu
überlassen, der sie zusammen mit einem
Freund beziehen will. Das Berufungsge-
richt wies die Räumungsklage ab. Zum
einen sei eine Wohnungsgröße von mehr
als 100 Quadratmetern für eine alleinste-
hende Person unangemessen. Zum ande-
ren sei der Wohnbedarf nicht auf Dauer
angelegt, weil unklar sei, ob der Sohn des
Vermieters die Wohnung nach Abschluss
seines Studiums weiterhin nutzen will.
Der BGH hat das Urteil mit der Begrün-
dung aufgehoben, das Berufungsgericht
habe die vom Bundesverfassungsgericht
Urteil des Monats:
Nochmal – Grundsätzliches zur Eigenbedarfskündigung
Die Gerichte haben zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen
sieht. Sie sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebens-
planung des Vermieters zu setzen.
BGH, Urteil v. 04.03.2015, VIII ZR 166/14
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
Fakten:
Das Jobcenter teilte dem Mieter mit, dass die Miete übernommen und unmit-
telbar an den Vermieter überwiesen wird. Während zweier Monate hat das Jobcenter
allerdings keine Überweisung vorgenommen. Aus diesem Grund kündigte der Ver-
mieter das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht. Durch diese Kündigung
hat der Mieter erstmals von der Nichtzahlung der Miete erfahren. Das Jobcenter hat
die rückständige Miete bis auf einen Restbetrag gezahlt. Der Vermieter erhob trotzdem
Räumungsklage, die das Berufungsgericht jedoch abwies. Der BGH sah das ähnlich:
Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist zwar auch dann möglich, wenn der Mie-
ter auf Sozialleistungen einer öffentlichen Stelle angewiesen ist und diese Leistungen
rechtzeitig beantragt hat. Es kommt dabei grundsätzlich nicht darauf an, aus welchen
Gründen der Zahlungsverzug eingetreten ist. Jedoch kommt derMieter nicht in Verzug,
wenn er sich hinsichtlich seiner Zahlungspflicht in einem unverschuldeten Tatsachen-
irrtum befindet.
Fazit:
Der Mieter darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Miete vom Jobcenter
überwiesen wird.
Mietübernahme durch Jobcenter
Kündigung wegen Zahlungs-
verzugs
Eine Kündigung wegen Zahlungsver-
zugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist
auch möglich, wenn der Mieter auf
Sozialleistungen einer öffentlichen
Stelle angewiesen ist und die Leistun-
gen rechtzeitig beantragt hat. Jedoch
kommt der Mieter nicht in Verzug,
wenn er darauf vertrauen darf, dass die
Miete vom Jobcenter überwiesen wird
und er vom Verzugseintritt nichts weiß.
BGH, Beschluss v. 17.02.2015, VIII ZR 236/14
die Gerichte unter Abwägung der bei-
derseitigen Interessen anhand objektiver
Kriterien zu treffen. Es lassen sich keine
Richtwerte (etwa Wohnfläche) aufstel-
len, ab welcher Grenze bei einem Allein-
stehenden von einem weit überhöhten
Wohnbedarf auszugehen ist.
Fazit:
Macht sich der Vermieter den
(ernsthaften) Wunsch eines alleinstehen-
den volljährigen Familienangehörigen zu
eigen, einen eigenen Hausstand zu grün-
den und mit einem langjährigen Freund
eine Wohngemeinschaft zu bilden, und
bemisst er auf dieser Grundlage den aus
seiner Sicht angemessenen Wohnbedarf,
ist diese Entscheidung von den Gerichten
grundsätzlich anzuerkennen.
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Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht