Immobilienwirtschaft 6/2015 - page 49

49
0
6.2015
Fakten:
Auf einer Eigentümerversammlung wurden folgende Mehrheitsbeschlüsse ge-
fasst: „Fahrräder, die weniger häufig genutzt werden, sind im hinteren Bereich, häufig
genutzte Fahrräder im vorderen Bereich abzustellen“ und „Hunde der Eigentümer und
Mieter dürfen bis auf Widerruf frei auf den Rasenflächen spielen“. Ein Eigentümer focht
beide Beschlüsse an. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Der Beschluss hinsichtlich der darin
erfolgten Vorgabe für das Abstellen von Fahrrädern auf dem Fahrradstellplatz wurde
vom Gericht als nichtig angesehen. Es ist unklar, wann ein Fahrrad „häufig“ und wann
es „weniger häufig“ genutzt wird. Diese Unklarheit lässt sich auch nicht durch Auslegung
beseitigen. Der Beschluss über das Spielen mit Hunden auf der Rasenfläche hält sich
nach Auffassung des Gerichts jedoch in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Fazit:
Da jedoch andere Gerichte einen Leinenzwang für erforderlich halten, hat das
Gericht zur Klärung einer tatsächlichen Leinenpflicht für Hunde im Bereich des ge-
meinschaftlichen Eigentums die Revision zum BGH zugelassen.
Mehrheitsbeschlüsse
Leinenzwang und Fahrrad
Nichtig ist ein Beschluss insbesondere
dann, wenn er infolge inhaltlicher
Unbestimmtheit keine durchführbare
Regelung enthält, was der Fall ist,
wenn hinsichtlich einer beschlossenen
Regelung über das Abstellen von Fahr-
rädern auf ihre Gebrauchshäufigkeit
abgestellt wird.
LG Itzehoe, Urteil v. 28.05.2014, 11 S 58/13
Fakten:
Die von einem Eigentümer tatsächlich genutzten Räume innerhalb der Eigen-
tumsanlage entsprechen in ihrer räumlichen Ausdehnung und Errichtung zwar dem
mit demBauträger geschlossenen Kaufvertrag, weichen aber von der Teilungserklärung
und den maßgeblichen Aufteilungsplänen ab. Einige Eigentümer verlangen nunmehr
die Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands. Die Klage hatte
allerdings keinen Erfolg. Der Erwerber einer Eigentumswohnung, der mit dem teilenden
Eigentümer eine von demTeilungsplan abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart,
ist hinsichtlich der sich daraus ergebendenVeränderungen des Gemeinschaftseigentums
gegenüber den übrigen Eigentümern nicht zur Beseitigung des planwidrigen Zustands
verpflichtet. Er darf vielmehr auf Gestaltungsfreiheit des Bauträgers vertrauen.
Fazit:
Ein Käufer darf in aller Regel davon ausgehen, dass der Bauträger die Bauaus-
führung im Rahmen seiner Eigentumsbefugnisse durchführen wird. Der Anspruch auf
erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands entfällt jedoch, wenn
seine Erfüllung den übrigen Eigentümern im Einzelfall nicht zuzumuten ist.
Abweichung vom Teilungsplan
Störer wegen
Sonderwünschen?
Der Erwerber einer Eigentumswoh-
nung, der mit dem teilenden Eigen-
tümer eine abweichende bauliche
Ausgestaltung vereinbart, ist hin-
sichtlich der sich daraus ergebenden
Veränderungen des Gemeinschafts-
eigentums nicht zur Beseitigung des
planwidrigen Zustands verpflichtet.
BGH, Urteil v. 14.11.2014, V ZR 118/13
»
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
Fakten:
Auf der Eigentümerversammlungwar der Verwalter anwesend sowie der Vertre-
ter eines Eigentümers. Die übrigen Eigentümer hatten demVerwalter Stimmrechtsvoll-
machten erteilt. Der Verwalter teilte demVertreter des Eigentümers nicht mit, wie er für
die übrigen Eigentümer abstimmen würde. Eine Mitteilung des Beschlussergebnisses in
der Versammlung erfolgte nicht. Auch aus demVersammlungsprotokoll ergab sich nicht,
dass die Beschlüsse in der Versammlung verkündet wurden. Der auf der Versammlung
vertretene Eigentümer focht – erfolgreich – sämtliche Beschlüsse an. Feststellung und
Verkündung des Beschlussergebnisses in der Eigentümerversammlung sind notwen-
digeWirksamkeitsvoraussetzungen einer Beschlussfassung. Die Bekanntgabe kann auch
nicht konkludent durch die Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses in der später
gefertigten Versammlungsniederschrift des Verwalters ersetzt werden.
Fazit:
Diese Entscheidung verdeutlicht einmal mehr die elementare Bedeutung der
Beschlussverkündung durch den Verwalter. Ohne Feststellung und Verkündung des
Beschlussergebnisses existiert schlicht kein Beschluss.
Beschluss
Ohne Feststellung/Verkün-
dung keine Wirksamkeit
Teilt der Verwalter als Vertreter der
übrigen Miteigentümer in der Eigen-
tümerversammlung den anwesenden
Eigentümern nicht mit, wie er für die-
se abstimmt, kommt hinsichtlich der
einzelnen abzustimmenden Punkte
keine Willensbildung zustande.
LG Bamberg, Beschluss v. 22.04.2014, 1 S 20/13 WEG
1...,39,40,41,42,43,44,45,46,47,48 50,51,52,53,54,55,56,57,58,59,...76
Powered by FlippingBook