Immobilienwirtschaft 6/2015 - page 39

Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
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6.2015
termins gebeten hat, hat er konkludent das
Angebot des Klägers auf Abschluss eines
Maklervertrages angenommen.
Der Maklervertrag ist hierdurch un-
ter ausschließlicher Verwendung von Te-
lekommunikationsmitteln im Sinne des
BGB geschlossen worden. Das Maklerun-
ternehmen hat nicht den ihmobliegenden
Nachweis erbracht, dass „der Vertrags-
schluss nicht im Rahmen eines für den
Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder
Dienstleistungssystems“ erfolgt ist.
Anders als in den Fällen, in denen
etwa ein Patient bei einem Arzt oder Fri-
sör einen Termin vereinbart und das per-
sönliche Element bei der Leistungserbrin-
gung überwiegt, kommen in diesem Fall
Fernkommunikationsmittel zum Einsatz,
um Maklerdienstleistungen zu erfüllen.
DemMakler kann auch nicht darin ge-
folgt werden, durch die behauptete Über-
Sachverhalt:
Der Kunde meldete sich
bei dem Makler wegen eines Inserats zu
einem Hausgrundstück im Internet. Der
Makler übersandte dem Kunden unver-
züglich eine E-Mail, die als Anhang auch
ein Exposé mit Planunterlagen enthielt.
In der E-Mail selbst wird auf die Provi-
sionspflicht zwar nicht hingewiesen, wohl
aber wurde im beigefügten Exposé ausge-
wiesen, dass „der Käufer (...) imErfolgsfall
an den Makler eine anteilige Käuferpro-
vision in Höhe von 3,57 % einschl. 19 %
Mehrwertsteuer“ zu zahlen habe. Einen
Hinweis auf einWiderrufsrecht enthielten
die E-Mail und das Exposé nicht.
Daraufhin fand die Besichtigung des
Objektes in Anwesenheit des Kunden, des
Verkäufers und des Maklers statt. Wäh-
rend des Besichtigungstermins erhielten
die Kunden das im Vorfeld bereits per E-
Mail übermittelte Exposé ein weiteresMal
als Hardcopy ausgehändigt.
Nach Abschluss des Hauptvertrages
stellte das Maklerunternehmen dem
Kunden die Provision in Rechnung, die
er jedoch nicht bezahlte. Erst im Verlaufe
des daraufhin vom Makler eingeleiteten
Klageverfahrens erklärte der Kunde hilfs-
weise den Widerruf des Maklervertrages.
Entscheidungsgründe:
Das Oberlan-
desgericht lässt den Widerruf des Mak-
lerkunden durchgreifen! DerMakler kann
keine Provision verlangen. Ein Angebot
auf Abschluss eines Maklervertrages liegt
konkludent in der Übersendung des Ex-
posésmit einer an denKunden gerichteten
E-Mail. Indem der Kunde in einer E-Mail
umdie Vereinbarung eines Besichtigungs-
gabe des Exposés vor Beginn des Besich-
tigungstermins sei es – erneut – zum Ab-
schluss einesMaklervertrages gekommen.
Das Widerrufsrecht des Kunden war
zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung
gemäß BGB noch nicht erloschen. Denn
auch wenn das Maklerunternehmen die
ihm obliegende Leistung aus dem Mak-
lervertrag vollständig erbracht hat, so fehlt
es doch an einer vollständigen Vertragser-
füllung seitens des Kunden. Auch hat er
das Maklerunternehmen nicht in Kennt-
nis seines Widerrufsrechts ausdrücklich
darum gebeten, den Vertrag zu erfüllen.
Fazit:
Makler sollten dem Widerrufs-
recht besondere Aufmerksamkeit schen-
ken und bei Kontakt mit ihren Kunden
über Telekommunikationsmittel explizit
und nachweisbar hierauf hinweisen. Auch
der Hinweis vor der Abgabe seiner Ver-
tragserklärung auf diese Rechtsfolge und
die ausdrückliche Zustimmung, dass der
Makler vor Ende der Widerrufsfrist mit
der Ausführung der Dienstleistung be­
ginnt, ist von signifikanter Bedeutung.
Vor diesem Hintergrund bedürfen
Maklerverträge und das Vorgehen des
Maklers bei deren Abschluss einer voll-
ständigen Überarbeitung, denn sonst
kann dies zu signifikanten Problemen
und wie hier, trotz vollständiger Vertrags-
erfüllung des Maklers, zum vollständigen
Verlust der Maklerprovision führen.
E-Mail-Vorkontakt: Trotz Übergabe
eines Exposés kann ein Maklerver-
trag zum Widerruf berechtigen.
«
Widerruf des Maklervertrages nach vollständiger Vertragserfüllung des Maklers
Auch wenn ein Maklerunternehmen Kunden regelmäßig zu den Besichtigungsterminen begleitet, sodass sich seine
Tätigkeit nicht darin erschöpft, seinen Auftraggebern Objekte nachzuweisen, steht dies der Einordnung eines Vertrages
als Fernabsatzgeschäft nicht entgegen, wenn das Geschäft per Telefon und Mail angebahnt wurde.
Oberlandesgericht Jena, Urteil vom 04.03.2015 – Az. 2 U 205/14
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