Immobilienwirtschaft 6/2015 - page 29

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Aufenthaltsqualität und Wohlfühlatmo-
sphäre sind immer häufiger auch city-
typische Sortimente von klassischen 1a-
Lagen-Mietern wie C&A und Ernsting’s
Family in Fachmarktzentren zu finden.
Auch Anbieter, die vor noch nicht allzu
langer Zeit überwiegend in Innenstadtla-
gen und großen Shopping Centern ange-
siedelt waren, verstärken ihre Standort-
präsenz in Fachmarktlagen, beispielsweise
der Wohnaccessoires-Anbieter Depot.
Wandel der Flächenformate
Auch der
Flächenbedarf ändert sich. Entgegen dem
allgemeinen Trend zu größeren Verkaufs-
flächen ist bei einigen Einzelhandelskon-
zepten eine entgegengesetzte Entwicklung
zu beobachten – zumTeil zu deutlich klei-
neren Flächen. Denn bei manchen groß-
flächigen Konzepten hat die Verlagerung
des stationären Geschäfts in das Internet
zu einem geringeren Flächenbedarf ge-
führt. Der Trend zur Flächenreduktion
und der damit einhergehenden höheren
Flächenleistung ist beispielsweise bei dem
Textilanbieter Ernsting’s Family, aber auch
bei einigen namhaften Filialisten aus der
Textil- und Schuhbranche zu beobachten.
Gleichzeitig spiegelt sich innerhalb
dieser Branchen die allgemeine Verkaufs-
flächenentwicklung zugunsten großflä-
chiger Konzepte, den sogenannten Mega-
Stores, wider. Viele Textil-, Schuh- und
Sportanbieter, die in der Vergangenheit
hauptsächlich Standorte in den Innen-
städten belegten, suchen zunehmend Flä-
chen in einer Größenordnung von 3.000
bis 5.000 Quadratmeter und benutzen die
Größe alsMarketinginstrument. Der Kun-
de soll hier die gesamte Produktpalette
vorfinden. So tritt beispielsweise die süd-
deutsche Firma Schuh Mücke mit einem
umfangreichen Angebot dem Online-
Handel entgegen.
Die Entwicklung großflächiger Fach-
marktformate außerhalb innerstädtischer
Kerngebiete ist jedoch seit Jahren stark
reglementiert und daher nur in dafür aus-
gewiesenen Sondergebietenmöglich (§ 11
BauNVO). Angesichts der Innenstadtrele-
vanz zahlreicher Sortimente scheitert die
Ausweisung häufig an den Vorgaben der
Landesentwicklungsprogramme, weshalb
Fachmärkte oftmals nur an Standortenmit
bereits bestehendem Baurecht, zum Bei-
spiel in ehemaligen SB-Warenhäusern,
realisiert werden können. Aufgrund die-
ser Genehmigungsthematik bleiben viele
Konzepte unterhalb der Grenze von 1.200
Quadratmeter Geschossfläche, um nicht
als Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne
des § 11 Abs. 3 BauNVO zu gelten.
Trotz der rechtlichen Restriktionen
wird die Expansion der Fachmärkte wei-
tergehen, wenngleich sich die Entwick-
lungen hinsichtlich der Modifizierung
der Flächenanforderungen differenzie-
ren. Dieser Trend zeigt sich einerseits in
der Reduzierung der Angebotsflächen,
um eine höhere Flächenproduktivität zu
erzielen, zum anderen in einer Flächen-
expansion, um durch die Flächendimen-
sionierung sowie die Angebotsvielfalt ein
Alleinstellungsmerkmal zu entfalten.
die Grüne Wiese ist out
Grundsätzlich
ist aber in den vergangenen Jahren eine
sinkende Nachfrage nach den einst präfe-
rierten Standorten auf der „grünenWiese“
zu beobachten. Aufgrund genehmigungs-
rechtlicher Beschränkungen von zentren-
relevanten Sortimenten wird die Expan-
sion in diesen Lagen zusätzlich limitiert.
Vielmehr findenNeuentwicklungen nahe-
zu überwiegend in integrierten Lagen, vor
allem in Stadtteilzentren der Großstädte
sowie in Mittelzentren und kleinen Ober-
zentren, statt. Aber auch innenstadtnahe
Standorte sind von einer steigenden Ten-
denz in der Nachfrage geprägt.
Neben den Standortfaktoren wirkt
sich der vorhandene oder angestrebte
Branchen- undMietermix in einemFach-
marktzentrum ebenfalls beachtlich auf
die nachhaltigen Erfolgschancen eines
Handelsunternehmens aus. Daher legen
viele Betreiber bei ihrer Standortwahl
großen Wert auf einen ausgewogenen
Branchenmix, der ein attraktives Kopp-
lungspotenzial und hohe Kundenfrequenz
verspricht. Handelsunternehmen, die ei-
nen wertvollen Beitrag zu einemgelungen
Branchenmix leisten, sind vorrangig Le-
bensmittelgeschäfte, Drogerie- und Tex-
tilfachmärkte. Aber auch für Kunden stei-
gert das Angebot diverser Branchen und
namhafter Magnetbetriebe die Gesamt-
attraktivität des Fachmarktzentrums.
summary
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Der Erlebniseinkauf
spielt bei vielen Verbrauchern eine immer größere Rolle. Dieser Trend erreicht auch die Fachmarktzentren.
Sie werden Shopping Centern zusehends ähnlicher.
»
Auch das Sortiment ändert sich.
Es gibt in Fachmarktzentren zunehmend Angebote von
klassischen 1a-Lagen-Mietern. Außerdem ist ein Trend zu kleineren Ladeneinheiten zu beobachten – oder zu Mega-Stores mit großem Angebot.
»
Standorte auf der „grünen Wiese“
haben ausgedient: Die Nachfrage lässt nach, die rechtlichen Hürden sind sehr hoch.
«
Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE
Handelsberatung und IPH Handelsimmobilien
Foto: Ernsting‘s family GmbH
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